Teil 4: Ascheberg in den Jahren 1933 - 1954
-Tagebuch des Pfarrers Jodokus Fechtrup-



Pfarrer Jodokus Fechtrup in sein kirchliches Amt eingeführt
Ascheberg, 10. August 1933

Für Ascheberg ist der 10. August ein Festtag, denn heute wurde der neue Pfarrer Jodokus Fechtrup in sein kirchliches Amt eingeführt. Der neue Pfarrer, geboren am 11.05.1883 zu Münster, wurde am 09.06.1906 zum Priester geweiht. Seit dem 24.09.1926 wirkte er als Vikar an der Pfarrer St. Marien in Ahlen; vorher war er von 1911 bis 1926 Kaplan an der Herz-Jesu-Pfarre in Münster tätig.


Pfarrer Jodokus Fechtrup


Im Zeichen tiefer Gläubigkeit und echter Verbundenheit der katholischen Bevölkerung mit ihrem Klerus hatte der Ort an den Tagen der Einholung und Einführung Festschmuck angelegt. Am gestrigen Mittwoch wurde Pfarrer Jodokus Fechtrup von der Gemeindegrenze bei Fälker abgeholt und in feierlichem Zuge ins Dorf geleitet, wo ihm die gesamte Bevölkerung einen herzlichen Empfang bereitete. An der Gemeindegrenze hießen Pfarrvikar Noje, Ehrenbürgermeister Schlingermann und der Vorsitzende der Kirchengemeindevertretung den neuen Pfarrer herzlich willkommen. Die Einholung wurde beschlossen durch eine Festandacht, in der Pfarrer Fechtrup in feierlichen Worten gelobte, seiner neuen Pfarrer ein treuer Hirte zu sein.

Heute morgen wurde Pfarrer Fechtrup von der Wohnung in feierlichem Zuge in die Kirche geleitet und durch Dechant Konermann (Walstedde) in sein hohes Amt eingeführt. Von der kirchlichen Behörde war Prälat Beelert (Münster) erschienen, sowie zahlreiche Confratres.

Im Anschloss an die Übergabe des Schlüssels zog der neue Pfarrer in feierlicher Prozession in die Kirche. Nach den Altargebet bestieg der Pfarrverwalter, Kaplan Noje, die Kanzel und verlas die Bestellungsurkunde. Dann folgten die kirchlichen Zeremonien der Einführung. Hieran schloss sich ein feierliches Levitenamt, das von dem neuen Pfarrer zelebriert wurde. Nach dem Evangelium hielt Dechant Konermann die Festpredigt, der er den Vorspruch aus den Messgebeten. "Betet Brüder, dass mein und euer Opfer angenehm sei vor Gott, dem allmächtigen Vater" zugrunde legte. Die Gemeinde habe, so führte er aus, neun Monate um ihren alten Pfarrer getrauert. Wir geistlichen Mitbrüder können es Euch verbürgen, dass der neue Pfarrer, den er heute in sein Amt einführen durfte, das ist, was er in Eurer Mitte sein soll: Ein treuer Mitarbeiter und wahrer Hirt der Gemeinde. Anknüpfend an die gestrige Ansprache des neuen Pfarrers möchte er die Gemeinde bitten, für den neuen Pfarrer zu beten.

Heute hielt ich meinen Einzug in meine neue Gemeinde Ascheberg.
09. August 1933

Mein Vorgänger, der selige Prälat Degener, gehörte zur Päpstlichen Familie. (Pfarrer Josef Degener war Päpstlicher Hausprälat, Päpstlicher Geheimkämmerer) Er war von 1899 bis 1932 Pfarrer zu Ascheberg. Darum hat der Papst sich die Ernennung des Nachfolgers vorbehalten. Wie ich nachher erfahren habe, hat unser Bischof Johannes (Bischof Johannes Poggenberg mit dem persönlichen Titel eines Erzbischofs von Nicopsis) mich an seinem Namenstag, dem 13. Dezember 1932, als Nachfolger vorgeschlagen. Die Sache ist irgendwo auf dem Instanzenweg liegen geblieben, so dass erst nach Anmahnung seitens der bischöflichen Behörde, Anfang 1933, die Ernennung in meine Hände kam. Ich war nicht wenig erstaunt, als ich die fremden Schriftzüge las. Nach zweimaliger Besichtigungsfahrt - bei der zweiten Fahrt gab es übrigens eine Panne mit unserem Auto - ein gutes Vorzeichen! - und Besprechung mit dem Pfarrverwalter Kaplan Noje, wurde der Einführungstag auf den 10. August festgesetzt, am Tage vorher sollte die Einholung sein. Um 5 Uhr (5 Uhr = 17 Uhr) wurde ich mit dem Kutschwagen von Hugo Beuckmann von der Kaplanei in Drensteinfurt abgeholt. Der Pfarrer von Drensteinfurt war verreist. Dechant Konermann (Dechant Konermann war Pfarrer von Walstedde) stieg mit mir in den Wagen, und bei wunderschönem Wetter fuhren wir los.


Einzug von Pfarrer Jodokus Fechtrup am 09. August 1933 hier: Dieningstraße


An der Spitze fuhren zwei Landjäger (Landjäger = Polizeibeamter, bis 1933 übliche Bezeichnung) mit einem Fahrrad, die beordnet waren, uns heil überzubringen. Bei Fälker an der Grenze hielt ein großer Zug von Reitern und Radfahrern. Der Bürgermeister (Fritz Schlingermann) begrüßte mich herzlichst, dann ging die Fahrt weiter zur Osterbauerschule. (bis 1967 einklassige Schule an der B 54 bei der Gaststätte "Zur Mühle") Hier hatten sich die Kinder mit den Lehrpersonen aufgestellt, um mich zu begrüßen. Nach kurzem Aufenthalt ging dann die Fahrt weiter bis zum Eingang des Dorfes. Dort empfing mich die Geistlichkeit (Priester aus den Nachbarorten). Unter dem Geläut der schönen Glocken von Ascheberg hielt ich meinen Einzug in die Kirche.

Es kam einem merkwürdig an, so gefeiert zu werden. Nachdem ich meine erste Ansprache an meine neuen Pfarrkinder gehalten hatte und nach kurzer Andacht und sakramentalem Segen zogen wir dann in Prozession zur Pastorat. Des Abends um 1/2 9 Uhr, es war ein schöner warmer Sommerabend, brachten mir die vereinigten Sänger und die Musikkapelle der Jünglingssodalität ein Ständchen. Der Senior aller, Schuhmachermeister Bernhard Mühlenbeck, hieß mich in herzlichster Weise willkommen, worauf ich ebenso freundlich mit einigen witzigen Bemerkungen antwortete. Dann saßen die mitgekommenen Geistlichen mit mir noch eine Zeitlang zusammen und besprachen den wundervollen Einzug.

Heute ist Laurentius, der Märtyrer: passt das nicht gut zur Pfarreinführung?
10. August 1933

Denn zum Opferbringen und auch zur Bereitschaft, manches Missliche zu tragen, ist der Pfarrer ja auch gekommen. Um 1/2 10 Uhr wurde ich von dem Pastorat abgeholt und zur Kirche geleitet. Dann vollzogen sich die Einführungszeremonien in der gewohnten Weise. Der Dechant Konermann von Walstedde hielt mir eine schöne Einführungspredigt und empfahl mich meiner neuen Gemeinde.


Pfarrer Jodokus Fechtrup auf der Treppe des Pfarrhauses


Dann konnte ich mein Messopfer für meine Pfarrkinder unter ihnen darbringen. Nach der hl. Messe ging es dann wieder in Prozession zum Pastorat zurück. Des Mittags war ein Festessen imVereinshaus. Meiner Einladung waren gegen 100 gefolgt. Der Landrat, Bürgermeister, die Lehrpersonen und eine ganze Anzahl Geistlicher, darunter meine früheren Pfarrer von Rheine und Ahlen, Farby und Mehring, und der Pfarrer meiner Heimat, Dechant und Ehrendomkapitular Beelert von St. Ludgeri in Münster. Viele Reden wurden gewechselt.

Allmählich verzog sich dann der Schwarm und man blieb allein mit einigen als neuer Pfarrer von Ascheberg. Gebe mir Gott eine gesegnete Wirksamkeit unter den mir anvertrauten Seelen in dieser ernsten Zeit. Am anderen Morgen habe ich dann ein Seelenamt für meinen verstorbenen Vorgänger gefeiert (Prälat Josef Degener) und bin dann angefangen, mich in der Gemeinde umzusehen. Man nimmt mich mit offenen Armen auf. Es sind wirklich gute Leute, die ich zu betreuen habe. Allmählich gewöhnt man sich auch an das Wort "Pastor", womit die Leute einen anreden.

22. August 1933

Es ist Wallfahrtszeit nach Trier zum hl. Rock, so sind wohl an die 100 hingepilgert, d.h. mit der Bahn hingefahren, einen Tag hin, den anderen zurück. Heute fuhr ein Extrazug über Ascheberg nach Trier, an dem sich 40 beteiligten.

Wir haben einen neuen Bischof!
05. September 1933

Der Pfarrer von St. Lamberti in Münster ist gewählt (Clemens August Graf von Galen), nachdem sein Freund und Studiengenosse, Domkapitular in Berlin, Heufers, nach seiner Wahl abgelehnt hatte. Freuen wir uns, einen so tatkräftigen und volkstümlichen Mann an der Spitze unserer Diözese zu haben!

24. September 1933

Heute haben wir von der Kanzel eifrige Teilnahme am Winterhilfswerk empfohlen. Hoffentlich ist die Partei auch dafür dankbar. (Winterhilfswerk (WHW) = nationalsozialistische Geldsammlung für bedürftige Volksgenossen)

Heute ist Erntedankfest!
01. Oktober 1933

Zum Hochamt war die SA. in Uniform in der Kirche aufmarschiert. Ich habe vom Erntedank gegen Gott gepredigt. Ob es der SA in der Kirche sehr gefallen hat, glaube ich nicht. Es war dort die verkehrte Umgebung. Des Nachmittags wurde ein Umzug durch das Dorf gehalten, natürlich unsere Musikkapelle vorauf, aber diesmal in SA-Uniform.

25. Oktober 1933

Heute haben wir im Kirchenvorstand beschlossen, mit der politischen Gemeinde in Unterhaltung zu treten, zwecks Austausch der Grundstücke an der Kirche. Vor 25 Jahren (1908) waren schon Verhandlungen gewesen, doch sind sie gescheitert, weil der Pastor zu viel Geld heraus haben wollte. Wir haben uns bereit erklärt, ohne gegenseitige Bezahlung die Grundstücke auszutauschen. Es handelt sich und eine Reihe Absplisse am Chor der Kirche und am Burgwall. Wenn die Sache gelingt, dann haben wir Platz für eine spätere Erweiterung der Kirche am Chor, wozu die Pläne von meinem Vorgänger (Degener) her schon fertig liegen. Doch wird es noch einige Mühe machen, alle Parzellen zusammenzubekommen, da nicht alle Grundbuchamtlich eingetragen sind.

28. Oktober 1933

Heute ist die Weihe unseres Bischofs im Dom zu Münster, nachdem die Bestätigung von der Regierung und Papst eingetroffen sind. Ob sich die Preußen an ihm, wie früher so oft bei Bischofswahlen, "verkuckt" haben?

10. November 1933

Heute erhielten wir die Genehmigung zur Abhaltung der jährlichen Kollekte für unser Krankenhaus. Der Oberpräsident hatte sie besonders genehmigt, und diese Genehmigung wurde uns durch den Krankenhausverband zugeschickt. (Oberpräsident = Verwaltung der Provinz Westfalen in Münster) Was also bisher selbstverständlich war, muss nun eigens genehmigt werden.

19. November 1933

Heute hielten wir einen gemütlichen Kaffee für die Jungfrauen imVereinshaus. (Vereinshaus = Pfarrheim, Jungfrauen = kirchliche Gemeinschaft der unverheirateten Frauen) Der Saal war brechend voll. Das war etwas Neues, bei gemeinschaftlichen Liedern und Theateraufführungen so schön Kaffee zu trinken.

Heute ist Gedächtnistag für die im Weltkrieg gefallenen Soldaten
22. November 1933

Als neuer Pfarrer bin ich auch neben dem Bürgermeister (Schlingermann) zum Kriegerdenkmal gezogen. Als dort das Deutschlandlied gesungen wurde, habe ich jedoch meine Rechte nicht erhoben. Ich hielt in der Hand meinen Zylinder. Das wurde vom SA-Führer bemerkt, der sofort beim Landrat eine Anzeige erstattete. Bei meiner Einführung war er der erste Kellner, der den Ehrentisch bediente. Doch wusste ich damals noch nicht, wes Geistes Kind er war. Der Landrat war so vernünftig, aus der Sache nichts zu machen.


Aufstellung am Gedächtnistag für die im Weltkrieg gefallenen Soldaten auf dem Kirchplatz


26. November 1933

Heute hielten wir einen gemütlichen Kaffee für die Mütter. In hellen Scharen waren sie gekommen, denn das hatten sie noch nicht mitgemacht, dass sie im Mütterverein sich auch einmal so versammelten. Die Jungfrauen bedienten und spielten Theater und die Mütter tranken viel, viel Kaffee. Über 400 hatten sich beteiligt.

1934



01. Januar 1934

Am Neujahrstag hielt ich der Gemeinde eine Neujahrspredigt und gab dabei eine Übersicht über den Stand der Gemeinde. Im Jahre 1933 gab es 63 Taufen - für unsere Gemeinde viel zu wenig. Es starben 39 und 27 Paare wurden getauft. Die Zahl der Kommunionen belief sich auf 65.000. Am 1. Januar betrug die Seelenzahl für Ascheberg 3.228, für Davensberg 475. (Die Pfarrei Davensberg war damals noch nicht selbständig, sondern ein Teil der Pfarrei St. Lambertus.) In Ascheberg waren 34 Protestanten und in Davensberg 17.

04. März 1934

Heute veranstalteten wir für den scheidenden Kaplan Noje eine Abschiedsfeier im Vereinshaus, wozu der Kirchenvorstand und die Vereine, die er selbst geleitet hatte, besonders eingeladen waren. Er wird Pfarrer in Flaesheim an der Lippe. Durch sein leutseliges Wesen hatte er viele Freunde in Ascheberg, und wir haben ihn ungern scheiden gesehen. Allerdings ist er ein kranker Mann, der mit Zucker lasst hat und erst vor kurzem von einem großen Karbunkel (Geschwür) geheilt war.

08. März 1934

Als Nachfolger des scheidenden Kaplans wurde Kaplan Franz Tipkemper, gehbürtig aus Freckenhorst und bisher Kaplan in Hüls bei Marl ernannt.

25. März 1934

Es erhebt sich die Frage: Wie sollen wir dem verstorbenen Pfarrer Degener, der sich so viel Verdienste um Ascheberg erworben hat, ein Denkmal setzen. Da die Denkmäler der früheren Pastöre nicht mehr gerade in bester Ordnung waren, erhebt sich die Frage, ob man nicht für alle ein gemeinsames Denkmal errichten sollte. Dieses letztere wurde im Kirchenvorstand beschlossen und die Kirchenvorsteher haben zu diesem Zwecke unter den Leuten eine Sammlung veranstaltet, die die Summe von 556,55 RM aufgebracht hat. Dafür hat der Bildhauer Plässer ein Denkmal angefertigt, die Bronzeplatten stammen aus der Glockengießerei von Edelbrock in Gescher.

29. März 1934

Am heutigen Gründonnerstag hatten wir eine erhebende Feier in der Kirche. Es ist der Gedächtnistag, an dem vor 1900 Jahren Christus uns das Altarssakrament geschenkt hat. Der Bischof gab die Anregung, an diesem Tag besonders eifrig die hl. Kommunion zum Danke für das große Gnadengeschenk zu empfangen. In einer Predigt hatten wir die Leute dazu noch besonders aufgefordert, und so hatten wir die Freude, an diesem Tage über 1200 Kommunionen auszuteilen zu können. Auch wurde an diesem Tage vor dem im Grabe ausgesetzten Sakrament viel gebetet. (Grab = das Grab Jesu, ein hölzerner Überbau über dem Tisch eines Seitenaltars, in dem vom Gründonnerstag bis Karsamstag die Eucharistie zur Anbetung ausgestellt wurde.

13. April 1934

Das Internat für die Landwirtschaftsschule im Katharinenstift (St. Georg) wird schon seit längerer Zeit nicht mehr so benutzt wie früher, da die Schüler jetzt meist aus der Nachbarschaft kommen. Wir planten daher, die Schlafsäle im oberen Stock der Schule in Fremdenzimmer umzubauen, um so das Stift lebensfähig zu erhalten. Wir hatten schon mit dem Bauen begonnen, da meldete sich eine Kommission aus Lüdinghausen an, bestehend aus dem Landrat und seinem ersten Sekretär, dem Landwirtschaftsschuldirektor und dem Ortsbauernführer (Ortsbauernführer = nationalsozial. Führer der Landwirte.) und dem Kreisbaumeister, die das ganze Gebäude mieten wollen und im oberen Stock eine Werkschule für Jungbäuerinnen errichten wollen. Nach einigen Verhandlungen haben wir zugestimmt und das ganze Haus der Schule an den Kreis für 10 Jahre vermietet. Wir haben es nicht gern getan. Denn was man aus der Schule machen wird, ist doch sehr unsicher.


Das St. Katharinenstift und die Landwirtschaftsschule (heute: St. Georg)


15. April 1934

Heute ist eine große Glaubenskundgebung der Männer und Arbeiter in Billerbeck. Der Bischof hält die Predigt. Auch von hier haben eine ganze Reihe Männer daran teilgenommen. In diesen Zeiten, da ungläubige Menschen offen von ihrem Unglauben reden und alles Christliche angreifen, tut es not, dass unsere Männer es lernen, auch öffentlich und frei ihren Glauben zu bekennen.

Heute ist Maifeiertag, Tag der Arbeit
01. Mai 1934

Alle Arbeit, auch die Landarbeit und wenn sie auch noch so dringend ist, muss ruhen. Es wird viel "Tamtam" gemacht. Heute Nachmittag ist ein großer Festzug durch das Dorf. Alle Arbeiter und Handwerker, selbst viele Bauern sind mitgezogen! Wir ändert sich die Welt! Wir haben am Morgen ein Hochamt mit Litanei und Segen für das Wohlergehen des Vaterlandes gehalten.

06. Mai 1934

Die Sammlungen werden bedeutend eingeschränkt zu Gunsten der NS. Volkswohlfahrt. Dennoch durften wir eine Sammlung für die Caritas auf der Straße und in den Häusern halten. Allerdings nur diese eine für das ganze Jahr. Wie lange noch?

03. Juni 1934

Heute feierte der Vikar von Davensberg, Josef Dirkes, sein silbernes Priesterjubiläum. Es war zugleich 13stündiges Gebet. (13 Stunden eucharistische Anbetung vor der Monstranz.) Der Jubilar hielt das feierliche Hochamt.

Heute kam ganz Ascheberg in Aufregung
20. Juni 1934

Die Mütter machten mit dem Auto eine Wallfahrt nach Haltern zum Annaberg und besuchten dabei den früheren Kaplan und jetzigen Pfarrer in Flaesheim. In 8 großen Personenautos ging die Fahrt vonstatten. Viele Mütter waren noch nie Auto gefahren, es war für sie etwas absolut Neues. Im Auto fuhr der Rektor (Rektor = Volksschulrektor Anton Otte) mit, damit er die später ankommenden in Dülmen dirigieren konnte. Sobald ein Auto besetzt war, fuhr es ab, damit es unterwegs keine Stockung gab. In Dülmen mussten nämlich alle das Haus der Katharina Emmerich besuchen und ihr Grab. Es gelang gut, sie alle ohne große Verzögerung durchzubringen. Als ich mit dem letzten Auto in Dülmen ankam, waren die 7 anderen schon weiter gefahren. In Haltern an der Kirche versammelten wir uns. Dort hatten wir eine Panne. Ein Auto hatte Achsenbruch. Die Insassen wurden auf die anderen Autos verteilt, und so ging es dann zum Annaberg. Dort hielten wir eine Andacht und gingen den schönen Kreuzweg den Berg hinan. Dann fuhren wir nach Flaesheim, wo in zwei Wirtschaften - es waren weit über 300 Personen, die befriedigt werden mussten - der Kaffee bereitstand. Wir besuchten unseren ehemaligen Kaplan in seinem Pastorat, leider lag er wieder an einem Karbunkel (Geschwür) krank im Bett. Dann ging es über Datteln, Olfen, Lüdinghausen zurück nach Ascheberg. Groß war die Freude, als wir wieder zusammen ankamen. Die Männer und Kinder holten ihre Mütter wieder ab. Nach lange haben sie davon gesprochen, im nächsten Jahr wieder loszufahren.

24. Juni 1934

Heute begannen wir mit einer religiösen Woche für die Jungmänner. Sie wurde gehalten von dem Herz-Jesu-Priester Pater Dörenkemper aus Düsseldorf. Die Beteiligung war gut. Die Jungens waren aber auch jeder besonders dazu eingeladen. Die Schlussfeier am 1. Juli - morgens Generalkommunion (Generalkommunion = Eucharistieempfang für alle Teilnehmer der religiösen Woche) und des nachmittags Schlusspredigt und Segen - hat sicher einen guten Eindruck hinterlassen.

27. Juni 1934

Während die Jungmänner die Woche hindurch den Predigten zuhörten, machten die Jungfrauen am Mittwoch eine Wallfahrt nach Neviges - Hardenberg. Des Morgens um 1/4 nach 5 war die hl. Messe und Kommunion. Dann fuhren wir zeitig los, um den Tag recht gut auszunutzen. Wir hielten zuerst am Hebewerk in Henrichenburg (Schiffshebewerk), fuhren dann weiter bis zur Ruine Blankenstein an der Ruhr und von da nach Neviges. Dort haben wir in der Kirche gebetet, sind die Marienburg hinaufgestiegen und den Kreuzweg gegangen. Danach fuhren wir nach Werden zum Grab des hl. Ludgerus und fuhren dann zur "Gruga", zur Gartenausstellung nach Essen. Gegen Abend ging es dann wieder heimwärts. Es nahmen an die 200 teil in 5 Autos. Es war eine schöne Fahrt, sehr vom Wetter begünstigt.

04. Juli 1934

Vor einiger Zeit kamen der Bürgermeister und der Ortsgruppenleiter und der Beigeordnete zu mir, um zu verhandeln wegen der Erweiterung eines Platzes zum Neubau einer Schule. Sie wollten die Pastoratsweide, hinter dem Pastorsgarten am Burgwall dafür kaufen. Ich erklärte ihnen, dass ich dazu so unvorbereitet keine Stellung nehmen könnte. Ich sagte ihnen weiter, dass diese Weide die einzige Möglichkeit für meine Nachfolger sei, Vieh zu halten, und dass im Falle eines Verkaufes ich Geld nicht haben wolle, sie müssten schon anderes Land dafür zur Verfügung stellen. Ich habe die Sache im Kirchenvorstand vorgetragen.

Er war der Meinung, die Weide nicht zu verkaufen. Es wurde eine Kommission ernannt, die weiter verhandeln soll. Man bot uns Land auf dem Altenfeld im Verhältnis 2:3 an, was natürlich kein Austauschobjekt sein konnte. Dann wollte man die halbe Weide mit einem Zugang durch den Garten, und das Pastorat sollte einen Zugang zur Weide erhalten. Dafür wollte man das von Galen oder Schlingermann Land, Ackerland wiedergeben.

Doch das war auch keine Lösung, da der Abzuggraben und ein Weg dazwischen liegen. Eine gemeinsame Besichtigung von Amt- und Kirchenvorstandskommission war ein einstimmig der Ansicht, dass es das beste wäre, in Verbindung mit der Mädchenschule (die Mädchenschule stand an der Himmelstraße, wo heute die Volksbank ist) zu bauen. Es müsse dazu ein Garten von Schulze Frenking gekauft werden, der zu haben sei. Am anderen Tag erfuhr der Ortsgruppenleiter davon - und der Plan fiel ins Wasser. Dafür kaufte das Amt von Galen 10 Morgen Land, das sehr niedrig gelegen ist und von dem man ihnen voraussagte, dass sie dort sehr viel Schwierigkeiten mit dem Wasser - Grundwasser und Vorflut vom Emmerbach - haben würden. (10 Morgen Land = heutige Grundschule an der Albert-Koch-Straße) Aber der Wille und das Selbstbewusstsein des Ortsgruppenleiters entschied.

19. Juli 1934

Heute erhielt ich ein Schreiben des Bürgermeisters, wonach alle Teilnehmer von Exerzitien unverzüglich der Polizei gemeldet werden müssen. Im Katharinenstift (St-Georg) sind mal früher Exerzitien gehalten worden. Darum die Mitteilung. Es scheint also etwas recht staatsgefährliches zu sein, wenn man Exerzitien hält.

25. September 1934

Der Caritasverband teilt uns mit, dass die Herbstsammlung für das Krankenhaus bis zum 07. Oktober beendet sein müsse, damit die Sammlungen für das Winterhilfswerk nicht beeinträchtigt werden. So müssen wir also in der kurzen Zeit sehen, dass wir alle Sammlungen durch die Bauerschaft bewerkstelligen. Wie lange werden wir wohl überhaupt noch sammeln dürfen?

01. November 1934

Heute Nachmittag hielten wir zum ersten Male unsere Prozession zu den Gräbern unserer verstorbenen Angehörigen. Um 1/2 4 Uhr (15:30 Uhr) war Andacht zum Gedächtnis der armen Seelen mit Predigt. Dann zogen wir in Prozession zum Friedhof, und segneten die Gräber der Verstorbenen. Diesmal kam noch etwas Besonderes hinzu. Das Denkmal für die früheren Pastöre wurde eingeweiht. Die Feier hat viel Anklang gefunden. Sehr viele Leute beteiligten sich an der Prozession.


Das alte Friedhofskreuz mit den Priestergräbern
vor der Erweiterung und Umgestaltung des Friedhofs im Jahre 1960
- Plässer fecit -


In diesem Jahr können wir den Jubiläumsablass gewinnen
18. November 1934

Da wir dafür 4 mal die Kirche besuchen müssen, ist uns erlaubt, durch Teilnahme an der Prozession diese Besuche zu ersetzten. Wir haben diese Prozession des Sonntags Nachmittag 4 mal gehalten, damit alle Gelegenheit erhielten, auf diese Weise den Ablass zu gewinnen. Die Beteiligung war wider Erwarten sehr groß. Wir gingen in Reihen zu Vieren um die Kirche und um Baumhöver (Altenbegegnunsstätte) bei Forsthoff (Schulte-Strathaus) vorbei; und doch waren die Ersten schon wieder am Eingang der Kirche, als die Letzten gerade die Prozession begonnen hatten.

30. Dezember 1934

Heute war Kirchenvorstandswahl. Es war, wie gewöhnlich, nur eine sehr geringe Beteiligung. Der Wahlvorstand hatte seine Hauptarbeit beim Doppelkopp- oder Skatspiel.

1935



Zum neuen Jahr konnte ich feststellen, dass das alte Jahr im Allgemeinen ruhig verlaufen ist
01. Januar 1935

Im religiösen Leben ist ein Fortschritt zu verzeichnen. Die Zahlen, auf die es besonders ankommt, sind gestiegen. Wir hatten 73 Taufen zu verzeichnen, 39 sind gestorben und 24 Paare traten zum Altar, um den Bund fürs Leben zu schließen. Die Zahl der Kommunionen ist um 7.000 auf 72.000 gestiegen. Das Kirchenblatt wurde von 240 Familien gehalten, allerdings noch lange nicht in einem befriedigendem Maße. Die kirchlichen Vereine haben auch mehr Leben gezeigt. Hoffentlich hält mit der Gnade Gottes der Fortschritt an. Die Jungfrauen halten alle 14 Tage Gemeinschaftsmesse, ebenso alle 14 Tage einen Ausspracheabend. Das selbe tun auch die Jungmänner, doch nicht in dem selben Umfang. Arbeiterverein (KAB - St. Josef) und besonders der Gesellenverein (Kolping) zeigen reges Leben unter ihrem Präses, Kaplan Tipkemper.

03. März 1935

In diesen Tagen hielten wir unser 40stündiges Gebet (40stündiges Gebet = eucharistische Anbetung am Karnevalssonntag, Rosenmontag und Dienstag 2 mal 13 Std. und 1 mal 14 Std.) in gewohnter Weise. Es ist wohl der Mittelpunkt des religiösen Lebens im ganzen Jahr. Ein Pater hielt des Morgens und Abends Predigt. Die Kinder haben Montag und Dienstag nach altem Brauch Schulfrei, allerdings müssen die Tage bei den großen Ferien nachgeholt werden. Es ist eine Freude, am letzten Abend durch die Kirche Segensprozession zu halten, durch eine Gemeinde, die in diesen Tagen fast vollzählig zu den Sakramenten gewesen ist.

01. Mai 1935

Der heutige Maifeiertag wurde nicht mehr mit so großer Begeisterung begangen wie früher. Das Schmücken der Häuser hat nachgelassen, das Grün dazu wurde den Leuten gebracht. Wohl hat das Flaggen mit Hakenkreuzfahnen zugenommen. Die Beteiligung am Festzug war nicht mehr so groß. Wir hielten um 7 1/4 ein Segen fürs Vaterland. Auch dazu fanden sich nicht übermäßig viele ein.

02. Mai 1935

Der hochwürdige Herr Bischof hat angeregt, am Donnerstag Abend vor dem Herz-Jesu-Freitag eine "heilige Stunde" des leidenden Erlösers zu halten. Wir haben es heute zum ersten Mal getan. Die Beteiligung war ja auch etwas neues. Wir hielten sie in der Weise, das wir das Sakrament aussetzten, dann von Zeit zur Zeit einige Punkte Betrachtungsstoff den Leuten vorlegten, schließlich beteten wir eine Litanei und gaben den Segen. Ob die Beteiligung so anhält? Es ist doch recht schwer, fast eine Stunde lang still zu beten. Eine gewöhnliche Gebetsandacht wollten wir auch nicht daraus machen.

19. Mai 1935

Heut ist Caritassammlung. Sie ist noch gnädig gewährt worden. Der Ertrag belief sich auf 667 RM.

26. Mai 1935

Heute begann eine religiöse Woche für die Jungfrauen. Pater Dörenkämper, der im vorigen Jahr die religiöse Woche für die Jungmänner gehalten hat, tut es nun auch für die Jungfrauen. Durch diese Woche haben wir auch die Gemeinschaftsmesse für die Jungfrauen, die wir seit einiger Zeit eingeführt haben, etwas in Schwung gebracht.

04. Juni 1935

Mit unseren Ausspracheabenden für die Bauernsöhne ziehen wir jetzt aufs Land. Heute ist bei Bauer Schwienhorst in der Küche ein solcher Abend. Ebenso halten wir einen bei dem Bauer Höckesfeld in der Osterbauerschaft.

26. Juni 1935

Heute machten die Jungfrauen eine Wallfahrt nach Werl. In 4 Autobussen, die aber nicht so gut waren wie im vergangenen Jahr, fuhren wir in der Frühe los. In Werl habe ich vor dem Gnadenbild eine hl. Messe gelesen, die Jungfrauen konnten kommunizieren. Bald darauf fuhren wir zum Möhnesee, den ganzen See entlang bis Niederbergheim, wo wir gemütlich Kaffee tranken. Dann ging es, teils mit dem Auto, teils zu Fuß, bis hinter Hirschberg, von da begann eine schöne Wanderung durch die Wälder bis Öventrup. Bei den Schwestern wurden wir gut aufgenommen. Wir fuhren weiter nach Arnsberg, besichtigten die Burg und fuhren dann froh wieder nach Hause, allerdings nicht ohne unterwegs durch eine Panne aufgehalten zu sein.

01. Juli 1935

Heute hielten die Mütter eine Wallfahrt nach Neviges, und zwar in ähnlicher Weise, wie im vergangenen Jahr die Jungfrauen. Es waren jedoch, Gott sei Dank, nicht so viele mit, wie im vorigem Jahr nach Haltern. Pater Elpidius, der bekannte Wasserapostel, (kämpfte gegen Alkoholgenuss und für alkoholfreie Getränke = Wasser) hielt uns auf dem Marienberg eine seiner berühmten Sturmandachten.

14. Juli 1935

Wir konnten diesmal das Kirchenblatt nicht mehr allein zustellen, da es inzwischen von der Geheimen Staatspolizei beschlagnahmt war. Der Grund war ein Artikel, in dem die Ansprache des Bischofs wiedergegeben wurde, die er nach der großen Prozession in Münster auf dem Domplatz der zahlreichen Menge gehalten hatte. Als er aus dem Dom zog,, stand die Menge Spalier und ließ dem Bischof hochleben. Der Bischof antwortete mit einer Ansprache vom Palais aus, worauf die Menge als Glaubensbekenntnis das "Fest soll mein Taufbund immer stehen" anstimmte und dann auseinander ging. Aber das offene Bekenntnis des Glaubens fällt machen auf die Nerven.

26. Juli 1935

Wir bekamen die Nachricht, das die alt hergebrachte Sammlung im Herbst für das Krankenhaus nicht mehr stattfinden dürfe, wahrscheinlich wohl, weil das der Sammlung für die Winterhilfe Eintracht tun könnte. Dafür sollen wir einen Antrag stellen, dann soll uns aus den Erträgnissen der Winterhilfssammlung das, was wir früher bekommen haben, zu gestellt werden. So hört jetzt die Sammlung auf, und nach einigen Jahren hören die Zuweisung auch auf, wenn wir überhaupt das Bisherige bekommen.

29. Juli 1935

Für den heutigen Sonntag war eine große Wallfahrt der kath. Frontsoldaten nach Neviges geplant. Eine Reihe von Extrazügen waren bestellt und in letzter Stunde wurde die Wallfahrt verboten. Auch von hier hatten sich viele zur Teilnahme gemeldet, was nicht alles staatsgefährlich ist!

05. August 1935

Heute prangten an den verschiedensten Stellen im Dorf Plakate, auf denen ausgeführt wurde, wie übel die früheren Zentrumsleute und die Mitglieder der kath. Vereine seien und wie sie sich gegen die neue Regierung stellten. Und zum Beweis wurden Fälle aus Werne, Borken und Bocholt angeführt. SA-Führer heftete sogar unter Protest des Kaplans eins an die Tür unseres Vereinshauses. Andererseits sind die Plakate abgerissen oder doch entfernt worden. Die Täter sind zum Teil mit Gefängnis bestraft worden. Ich fand das Plakat am morgen des 05. Aug. an einem Baum vor unserem Hotel in Griesbach im Renchtal im Schwarzwald. Mein Reisegenosse und ich konnten bald den anwesenden Geistlichen den wahren Sachverhalt über die angeführten Fälle mitteilen. In Werne hatten Mitglieder des Gesellenvereins Lieder, die die Hitlerjugend in Münster vor dem bischöflichen Palais dem Bischof zum Spott gesungen hatten, verbreitet. In Borken war die Kirche verdreckt worden. Zwei Gymnasiasten hatten zwei Männer der österreichischen SA zu der Zeit aus der Kirche kommen sehen. Doch wurde einem Wirtssohn aufgrund eines in der Kirche gefundenen Hutes, der aber in Wirklichkeit ihm heimlich entwendet worden war, verdächtigt, und kam ins Gefängnis. In Bocholt war einer Heiligenfigur der Kopf abgeschlagen. Das wurde einem angeblich früheren Zentrumsmann, der aber in Wirklichkeit Kommunist war, zu geschoben. Überall sind diese Plakate verbreitet worden, selbst in einer armseligen Wirtschaft oben im Schwarzwald fanden wir es. So wurde Propaganda gemacht. Als Folge davon wurde im Kreis Lüdinghausen der Gesellenverein aufgelöst. Fast zur gleichen Zeit wurde auch für den Regierungsbezirk Münster der Arbeiterverein aufgelöst, weil man einen verdächtigen Brief, den der Diözesanpräses Konermann geschrieben hatte, bei einem Arbeitersekretär in Bocholt gefunden hatte. So sind wir in Ascheberg jetzt ohne Arbeiter- und Gesellenverein. Wir müssen uns jetzt dann weiterhelfen. An Vermögen hat die Polizei nicht viel bekommen. Nur die Fahnen haben sie abgeholt. Wir wollten sie dem Landjäger nicht aushändigen. Er möge sie sich selber holten. Doch sagte er, er würde sie nie aus der Kirche holen, es käme dann eben ein anderer, der es täte, und er hätte dann die größten Schwierigkeiten. Weil er ein guter Kerl ist, habe wir die Fahnen dann in die Kaplanei geholt, von wo er sie dann in der Dunkelheit abgeholt hat.

Heute war ein wichtiger Tag
30. August 1935

Wir haben im Kirchenvorstand beschlossen, für 60.000 RM das Krankenhaus umzubauen. Das St.-Lambertus-Hospital war in seinem bisherigen Zustand durchaus unzureichend. Darum überlegten wir, ob es nicht möglich sei, zu bauen. Wir zählten unsere Gelder, die wir selbst in den kirchlichen Fonds zur Verfügung hatten, ließen uns vom Generalvikariat die Versicherung geben, dass wir diese verbauen könnten, zogen den Architekten Nellissen aus Münster, der im Krankenhausbau die größte Erfahrung hatte zu Rat. Nach dem so alles vorbereitet war, wurde der Bau nach einigen Bedenken der vorsichtigen Leute einstimmig beschlossen. Die Genehmigung seitens der Behörden ging sehr glatt von statten, und so konnten wir auf Lambertus mit dem Abbruch des alten Hauses beginnen.


St. Lambertus - Hospital um 1900


15. September 1935

Wir hatten beschlossen, jeden Monat in der Kirche eine Kollekte für das Krankenhaus zu halten. Heute war die erste Kollekte, die die Geistlichen selber hielten. Sie erbrachte ca. 600,-- RM.

04. Oktober 1935

Der Abbruch des alten Teils des Krankenhauses ist zum größten Teil beendet, so dass wir heute, am Tages des hl. Franziskus mit dem Bau des neuen Hauses beginnen können. Nach den Berechnungen und Abmachungen soll der Neubau bis Weihnachten unter Dach sein.

13. Oktober 1935

Nachdem in Vorjahren die Jungfrauen und Jünglinge ihrer religiöse Woche gehalten haben, beginnen wir heute eine religiöse Woche für die Frauen und Mütter. Sie wird gehalten von Pater Wesselink aus dem Herz-Jesu-Kloster in Hiltrup.

20. Oktober 1935

An die Woche für die Frauen schließt sich nunmehr die der Männer. Die Beteiligung ist gut.

Heute ist Christ-König-Fest
27. Oktober 1935

An diesem Tag beschließen wir die beiden religiösen Familienwochen mit einer gemeinschaftlichen Kommunion für alle Männer und Frauen. Es war sehr schön, dass alle Väter und Mütter zusammen zur hl. Kommunion gingen und des Nachmittags zur Schlussandacht kamen. Die Kirche war sehr voll. Möge davon reicher Segen über die Familien kommen und Christus der König unserer Familien sein.

08. November 1935

Heute wurde uns bekannt gemacht, dass wir an den staatlichen Feiertagen auch mit der Hakenkreuzflagge zu flaggen hätten, und zwar an der Kirche und den kirchlichen Gebäuden. Darum haben wir uns 2 Fahnen angeschafft, die eine für die Kirche, die andere für das Pastorat. Damit war man zufrieden.

23. Dezember 1935

Heute verlangte man von uns eine Bestätigung, dass wir aus der Winterhilfssammlung unseren uns zustehenden Anteil für das Krankenhaus bekommen hätten. Doch fehlt uns noch vieles von dem uns zugebilligten, vor allem Korn, das wir sonst in reichen Mengen bekommen hatten. Der Kreisleiter (NSDAP- Führer der Kreispartei) hatte vom örtlichen Leiter der Winterhilfe verlangt, das Korn abzuliefern, das Krankenhaus käme später an die Reihe. So konnten wir nur antworten, dass wir einen sehr großen Teil noch nicht bekommen hätten und darum die gewünschte Bestätigung nicht geben könnten.

1936



01. Januar 1936

Im Jahresbericht für das verflossene Jahr konnte ich mitteilen, dass die Zahl der Geburten erfreulicherweise wieder gestiegen ist, sie betrug mit Davensberg, das übrigens sehr geburtenreich ist, 78. Die Zahl der Toten ist leider auch gestiegen. Sie beträgt 59. Geheiratet haben 27 Paare, davon 6 auswärts. In den meisten Fällen ist man nicht deshalb böse, denn diese Paare haben meistens einen Grund, warum sie nicht hier heiraten. Die Zahl der Kommunionen betrug 73.000, etwas mehr wie im Vorjahr. Unser Kirchenblatt wird mit Davensberg von 380 Abonnenten gehalten.

10. Januar 1936

Der Regierungspräsident hat uns ein Schreiben zugestellt, wonach, außer den planmäßigen Religionsstunden, keine anderen Schulstunden für den Entlassungsunterricht, d.h. für die sogenannten Exerzitien, die wir zum Schluss der Schulzeit für die Entlassenen halten, frei gegeben werden dürfen. Wenn Schullokale benutzt werden, bedarf es der Erlaubnis der Schulaufsichtsbehörde.

Ich bin als Pfarrer in den Schulbeirat berufen worden
20. Januar 1936

Das hat nicht viel zu bedeuten, da der Schulbeirat höchstens beraten darf, tatsächlich tritt er nur zusammen, wenn Ferientermine festzulegen sind. Dazu braucht es nicht der Mitwirkung des Pfarrers. Der Bürgermeister kam eigens zu mir, um mir den Beamteneid abzunehmen.

01. März 1936

Am heutigen Sonntag haben wir auf Anordnung des Bischofs von der Kanzel verkündet, dass nach Meldungen der Tageszeitungen vom 21. Februar die Geheime Staatspolizei in Rheinland und Westfalen eine Aktion unternommen habe, die Zusammenarbeit zwischen einem kath. Jungmännerverband und der illegalen kommunistischen Organisation aufzudecken. Es seien bereits 7 kommunistische Führer, 10 Geistliche und 45 Laienführer festgenommen. Dagegen wehrt sich der Erzbischof von Köln, in dessen Diözese der Jungmännerverband seinen Sitz hat, ganz entschieden. - Es muss wieder was gefunden werden, um die kath. Zentralen aufheben zu können. Denn die sind ihnen ja sehr im Weg. Zu bedauern sind nur die armen Leute, denen der Prozess gemacht wird. Wenn auch nichts vorliegt, das Verdammungsurteil folgt doch.

08. März 1936

Unser Krankenhaus, der planmäßig zu Weihnachten unter Dach war, es konnte durchgearbeitet werden, ohne dass Frost uns störte, findet bei der Bevölkerung immer mehr Anklang. Selbst der Theaterverein stellte sich in den Dienst der guten Sache und spielte an mehreren Sonntagen zu Gunsten des Krankenhauses "Elmar". (Theaterstück über die Christianisierung der Germanen.)

28. März 1936

Heute müssen wir am Abend vor der Wahl auf Bischöflichen Anordnung hin 1/4 Stunde läuten. (Reichstagswahl am 29. März 1936)

01. April 1936

Heute halten wir unser "Ewiges Gebet". Diesmal hat es eine besondere Feier, weil ein Sohn der Gemeinde, Gerhard Landwehr, dabei auch sein silbernes Priesterjubiläum feiert. Er wollte an diesem Tag in seiner Gemeinde in Marl-Bassert nicht bleiben, darum kam er zu seiner Heimat. Hier hat er das Festhochamt gehalten.

01. Mai 1936

Man kümmert sich nicht mehr sehr viel darum. Wir haben heute Herz-Jesu-Freitag. Da haben wir, wie sonst, das Herz-Jesu-Hochamt um 7 Uhr gehalten.

Heute ist großer Festtag in der Gemeinde
14. Mai 1936

Der Weihbischof (Johannes Scheifes) kommt, um das Sakrament der Firmung zu spenden. Es ist eine seiner ersten Firmungsreisen, und wir sind die ersten im Dekanat Werne. Schulze-Pellengahr holte ihn in seinem Auto von Münster ab. Reiter und Radfahrer begleiteten ihn von der Grenze an, und am Platz (Platz= Ecke Dieningstraße - Steinfurter Straße - Bultenstraße) standen wir Geistlichen um 1/2 8 Uhr des Morgens, um ihn in Empfang zu nehmen. Von da zogen wir in Prozession zur Kirche, wo der Bischof selbst um 8 Uhr die Firmungsmesse las.


Einzug des Weihbischofs in unsere Pfarrkirche St. Lambertus


Daran schloss sich die Firmung und die Predigt in der gewohnten Weise an. Zur Predigt hätten eigentlich wohl mehr Leute in der Kirche sein können. Danach zogen wir in Prozession zum Pastorat. Die Leute hatten hier und auch auf dem Weg Aufstellung genommen, um den Bischöflichen Segen zu empfangen. Nach einem kurzen Frühstück gingen wir in das Vereinshaus (Pfarrheim), wo die Schulen versammelt waren. Der Bischof begrüßte die Lehrer und die Kinder, hielt eine Katechese und nachdem er die Kinder entlassen hatte, hielt er an die Lehrpersonen eine besondere Ansprache. Dann fuhren wir zum Krankenhaus, wo die Schwestern trotz der bedrängten Verhältnisse wegen des Neubaus alles recht schön geschmückt hatten. Der Bischof besuchte die Klausur (Klausur = Wohnteil der Schwestern), begrüßte einige Kranke. Dann fuhren wir zum Katharinenstift (St. Georg). Die Hausbewohner waren an der Tür zum Empfang aufgestellt. Der Bischof unterhielt sich in der Klausur mit den Schwestern, und dann ging es zurück zum Pastorat zum Mittagessen, zusammen mit allen anwesenden Geistlichen. Um 1/2 3 Uhr (14.30h) fuhren wir dann nach Davensberg, wo der Bischof den dortigen Kindern die hl. Firmung spendete. Die Reiter und Radfahrer waren wieder zur Stelle und begleiteten uns nach Davensberg. Nachdem in Davensberg alles vorbei war, ging der Zug zurück nach Ascheberg und 1/2 6 Uhr (17.30h) waren wir bei Fälker in der Osterbauerschaft, wo Drensteinfurt auf uns wartete, um den Bischof abzuholen. Der Bischof stieg in den Wagen von Drensteinfurt, nachdem er sich zuvor recht herzlich von den Aschebergern verabschiedet hatte. Wir konnten in aller Ruhe wieder nach Hause fahren. Der große Tag, der nur alle 5 Jahre für eine Gemeinde kommt, war vorbei.

Vikar Dirkes von Davensberg ist zum Pfarrer von Havixbeck ernannt
03. Juni 1936

Wir müssen einen neuen Vikar wiederhaben. Zunächst war Paul Gasseling von Neuenkrichen ernannt. Er war hier zur Besichtigung, doch gefiel es ihm so recht nicht, besonders weil er seine Möbel nicht recht lassen konnte. Seine Ernennung wurde zurückgenommen und für ihn wurde Vikar Joseph Köddewig von Bösensell ernannt.

Heute ist die Einweihung der neuen Schule
05. Juni 1936

Sie ging nicht ohne Schwierigkeiten vor sich, obschon diese gar nicht nötig gewesen wären. Das Programm war vorher mit dem Schulrektor (Anton Otte) überlegt und festgestellt worden und auch vom Bürgermeister (Schlingermann) und Gemeindevertretung angenommen worden. Danach war zunächst hl. Messe in der Kirche, woran die Schule geschlossen teilnahm. Dann zogen alle in Prozession zur Schule, die Geistlichen im Ornat (kirchliche Gewänder) am Schluss der Prozession.


Einweihung der neuen Schule (Grundschule)


Dort nahmen alle auf dem Schulplatz Aufstellung. Zunächst sollte die Fahnenweihe erfolgen, danach ein Gedicht, das eins der Kinder aufsagte, dann wollte der Schulrektor die Versammlung begrüßen. Dann sollte der Pastor von der Schultreppe ein Gebet sprechen, worin er seine Wünsche zur Einweihung zusammenfassen konnte und im Anschloss daran die Weihe des Hauses. Wir standen auf dem Platz aufgestellt und warteten, es fehlte der Vertreter vom Landrat noch. Der saß, wie wir nachher erfuhren, bei Bultmann und wartete auf die Änderung des Programms.


Der Bürgermeister Schlingermann (vorne) Schulrektor Anton Otte (rechts) die Herren von der Gemeindevertretung und der Partei vor dem Eingang der neuen Schule


Der Bürgermeister kam zu den Geistlichen und sagte, es sei eine kleine Änderung des Programms auf Wunsch des Vertreters vom Landrat eingetreten. Ich bedeutete ihm, dass ich mich darauf nicht einlassen könne. Das Programm sei festgelegt, und man müsse sich daran halten. Ich könne nicht zugeben, dass die kirchliche Weihe am Schluss, wenn alle weggingen, als etwas Nebensächliches gehalten würde. Wenn er auf die Änderung bestände, müsse ich leider mit den Geistlichen sofort nach Hause gehen. Der Bürgermeister war in großer Verlegenheit. Der Schulrektor schlug vor, jetzt vor der Feier die Weihe vorzunehmen. Ich war damit einverstanden. So begaben sich die Geistlichen in das Gebäude und gaben ihm die kirchliche Weihe. Dann legten wir unsere Paramente ab und gingen durch eine Seitentür zur Kirche zurück. Als die Leute das sahen - es waren übrigens nicht sehr viele zur Weihe erschienen - merkten sie, dass etwas vorgefallen war, und gingen mit nach Hause. Als wir zurückgingen, kam uns ein Auto entgegengefahren, worin der Vertreter des Landrates, Herr Regierungsassessor Finsterwalder, saß und zur Feier zur Schule fuhr. Nachher hat er bei den Lehrpersonen bei einer Nachfeier bei Bultmann tüchtig geschimpft, dass alles so gekommen war.


Auch das Lehrerwohnhaus wurde offiziell übergeben


01. Juni 1936

Heute hielten wir in der althergebrachten Form unsere Fronleichnamsprozession.

14. Juni 1936

Heute war die Sammlung für die Caritas. Am gestrigen Samstag und am heutigen Sonntag durften wir auf den Straßen und in den Häusern sammeln. Das Ergebnis betrug 500 RM.

25. Juni 1936

Heute machten die Mütter eine Wallfahrt nach Werl. Um 1/4 vor 7 Uhr früh fuhren wir von hier los. Um 1/2 9 Uhr hielt der Pastor eine hl. Messe in der Wallfahrtskirche. Dann besichtigten wir die Sehenswürdigkeiten, beteten noch zusammen zur Mutter Gottes für alle unsere Anliegen, dann fuhren wir weiter zum Möhnesee. Dort machten wir Mittag, fuhren auf dem See, d.h. nicht alle Mütter, viele hatten doch Schreck vor dem Wasser. Dann nach Öventrup, wo die Schwestern uns gastlich zum Kaffee aufnahmen. Gegen Abend waren wir in Arnsberg auf der alten Burg, dann ging es wieder heimwärts, allerdings vielen Müttern merkwürdigerweise viel zu früh!!

Heute ist die Einweihung des neuen Krankenhauses
17. September 1936

Heute, am Fest des hl. Lambertus, hatten wir die große Freude, unser neues Krankenhaus einweihen zu können. Es ist noch gerade geglückt, alles, was zum Bau und seiner Einrichtung nötig war, in guter Qualität zu bekommen. So konnten wir denn heute den Neubau beziehen.

Um 9 Uhr hielten wir ein Hochamt in der Pfarrkirche mit Festpredigt. Dann zogen wir in Prozession zum Krankenhaus. Schulkinder waren nicht zu haben, denn die mussten zur Schule. Dafür haben wir denn die Kleinen aus dem Kindergarten an der Spitze der Prozession ziehen lassen. Das ging sehr gut, wenn auch mal hier und da ein Kind aus der Reihe kam. Die Schwestern gingen mit und brachten bald wieder Ordnung in den Zug.


St. Lambertus-Hospital (1936)


  siehe weitere Bilder unter Ascheberg

Dann kamen die Geistlichen mit dem Kirchenvorstand, und dann schloss sich viel Volk an. Im Krankenhaus wurde nach einem Gedichtvortrag die Weihe vorgenommen, während die Teilnehmer, die auf der Treppe und den Fluren standen, die Litanei von allen Heiligen beteten. Mit einem Gebet zu Gott, um seinen Schutz und Segen für dieses Haus und seine Bewohner und besonders für die Kranken schloss die Weihe. Dann wurde das Haus für die Besichtigung freigegeben und man machte davon ausgiebig Gebrauch. Am folgenden Sonntag konnte noch einmal alles besichtigt werden. Hoffen wir, dass auch die Schulden, die wir für den Bau gemacht haben, bald getilgt sind.


Die Kapelle des St. Lambertus-Hospital


14. November 1936

Mit unserem Anteil an der Sammlung für das Winterhilfswerk wird es schon weniger. Das Korn ist uns zum größten Teil gestrichen. Wir haben deswegen zweimal eine Eingabe nach Berlin gemacht, aber keine Antwort darauf bekommen. Schließlich sind wir doch noch, dank der örtlichen Leitung, zu unserem Teil gekommen.

08. Dezember 1936

Heute hielten wir, wie in der ganzen Diözese, eine feierliche Weihe der Jugend an die Gottesmutter. Die Beteiligung an der hl. Kommunion am Morgen und an der Andacht am Nachmittag war sehr gut.

1937



24. Januar 1937

Heute hielten wir einen gemütlichen Kaffeenachmittag für die Jungfrauen mit Theaterspiel. Am nächsten Sonntag ist dasselbe für die Mütter. Man meint, es würde wohl bald mit diesen Veranstaltungen aufhören.

30. Januar 1937

Der Rektor im Stift, Engelbert Kötter, (Rektor im Stift = Hausgeistlicher im St. Katharinenstift (St. Georg) und nebenbei Kaplan in Ascheberg) hat uns verlassen. Er wollte gern einen eigenen Haushalt anfangen und sich darum bei der Behörde beworben. Er ist nach Rheinhausen gekommen, es war ihm gerade nicht sehr angenehm. Für ihn ist der Seminarpriester Heinrich Westendorf aus Lohne in Oldenburg gekommen. (Seminarpriester = Neupriester in seiner ersten Stelle)

In Münster hat man was Tolles geleistet
23. Februar 1937

Die Kinder in der Schule haben, nachdem sie im Sinne der Gemeinschaftsschule von den eigenen Lehrern bearbeitet waren, abstimmen müssen, ob sie die Gemeinschaftsschule wollten! In den Kirchen wurde am folgenden Sonntag ein kräftiger Protest dagegen verlesen. Bei uns können sie nicht gut eine Gemeinschaftsschule machen, da kein andersgläubiges Kind in der Schule ist.

07. März 1937

Das heutige Kirchenblatt ist nicht erschienen, da es von der Geheimen Staatspolizei beschlagnahmt ist. Grund unbekannt.

16. April 1937

Heute hielten wir ein Seelenamt für den früheren Kaplan und jetzigen Pfarrer von Flaesheim Joseph Noje. Er hat als Priester nicht viel fungieren können. Man hat ihm wegen Zuckerkrankheit ein Bein abgenommen. Er konnte schließlich wieder Messe lesen. Er predigte sitzend vom Chor aus, die Kommunikanten mussten zum Altar kommen. So ging es noch einige Zeit, und dann war es vorbei.

Mit dem Kirchenblatt ist es aus
25. April 1937

Statt dessen verteilen wir 2 Sonntagsblätter, eins vom Caritasverband und eins vom Christ-Königbund in Leutersdorf. Dazu vervielfältigen wir selbst die Gottesdienstordnung und die Pfarrnachrichten und legen diese bei.

19. Juni 1937

Heute erschien die Polizei und beschlagnahmte Schreibmaschine und Vervielfältigungsapparat beim Herrn Kaplan, der den Vertrieb des Kirchenblattes hatte. Es war bisher nichts davon bekannt, dass unsere Methode, einen Ersatz für das Kirchenblatt zu schaffen, verboten sei. Die Blätter sind polizeilich erlaubt, Ihr Vertrieb ist gestattet; dazu legen wir unsere angefertigten Pfarrnachrichten bei. Und das ist anscheinend der Stein des Anstoßes gewesen. Darum hat man Schreibmaschine und Vervielfältigungsapparat weggenommen. Die beiden Sonntagsblätter dürfen weiter erscheinen. Wie gefährlich sind doch unsere Pfarrnachrichten!

18. Juli 1937

Heute ist Caritassammlung, jedoch nur in der Kirche. Alles andere ist verboten. So wird es von Jahr zu Jahr weniger, bis schließlich alles verboten wird.

22. Juli 1937

Heute war es uns möglich, in einem Sonderzug in einem Tag die Heiligtumsfahrt nach Aachen zu machen. Rektor Westendorf begleitete die Teilnehmer. Es waren gegen 70 Teilnehmer.

31. August 1937

Es kam ein Schreiben des Bischofs an, wonach wir außerhalb der Schule Ergänzungsunterricht zum Religionsunterricht geben sollen, da die Zahl der Religionsunterrichtsstunden in den Schulen herabgesetzt worden ist. Man spricht schon davon, dass wir, wie anderswo bereits, ganz aus den Schulen verdrängt werden.

03. September 1937

Was bereits erwartet wurde, ist eingetroffen. Die Geistlichen haben ein gedrucktes Formular vom Regierungspräsidenten erhalten, wonach ihre Tätigkeit in der Schule nicht mehr notwendig sei, da genügend Lehrkräfte für den Religionsunterricht zur Verfügung ständen! Dann wird der Dank für die geleistete Arbeit ausgesprochen. Auf was für dumme Gedanken man doch verfallen kann, wenn man nach einem Grund suchen muss, und so recht keinen finden kann. Logischerweise muss man doch aus der Begründung schließen, dass bisher nicht genügend Lehrkräfte zur Verfügung gestanden haben. Dieser Zustand hat danach hunderte von Jahren gedauert, denn in all der Zeit haben die Geistlichen Unterricht in der Volksschule gegeben. Nun ist die Zeit vorbei, es sind genügend Lehrkräfte vorhanden und dabei ist es bekannt, dass Lehrermangel besteht, der immer größer wird!

Wallfahrten
19. September 1937

Wir können nicht mehr unsere schönen Wallfahrten mit Autobussen machen, da haben wir uns entschlossen, mit der Prozession von Münster nach Kevelaer zu ziehen. Zahlreiche Mütter und auch einige Männer gingen mit. Mit dem Anschloss in Münster klappte es gut. Wir hatten einen eigenen Eisenbahnwagen für uns. Es hat allen recht gut gefallen.


Jährliche Wallfahrten nach Kevelaer oder Telgte waren für die Ascheberger selbstverständlich



Pfarrer Jodokus Fechtrup am 19. September 1937 in Kevelaer


10. Oktober 1937

Heute waren Kirchenvorstandswahlen. Es ging alles wie sonst. Die meiste Arbeit hatten die Beisitzer, die die ganze Zeit hindurch Karten gespielt haben.

31. Oktober 1937

Wir haben heute in der Kirche bekannt gegeben, dass ein außerschulplanmäßiger Religionsunterricht für die Kinder erteilt wird, und haben die Eltern gebeten, ihre Kinder pünktlich zum Unterricht zu schicken. In einer Besprechung mit den Lehrpersonen ist es gelungen, nach der Schulzeit in der Schule den Unterricht zu erteilen. Der Schulrektor als Hausherr hat die Erlaubnis erteilt. Somit sind wir einigermaßen mit unserem Unterricht geborgen.

03. November 1937

Es wird uns von der Polizei mitgeteilt, dass der Jungmännerverband in Düsseldorf am 27. Oktober aufgelöst sei. Da unsere Sodalität sich bisher um den Jungmännerverband nicht gekümmert hat, ist sie nicht mit aufgehoben. Wir können uns noch weiterhin kirchlich betätigen.

24. November 1937

In der bäuerlichen Werkschule (Landwirtschaftsschule) wurde bisher Religionsunterricht erteilt. Bei der Übernahme durch die Landwirtschaftskammer wurde der Religionsunterricht als etwas Selbstverständliches zugesichert. Der Rektor des Katharinenstiftes erteilte ihn regelmäßig in den Wintermonaten. Im Jahre 1936 wurde das Honorar für diese Stunden gestrichen. Doch wurde der Unterricht weiter erteilt. Nunmehr wurde die Erlaubnis zum Unterricht in der Religion vom Direktor gänzlich entzogen. Er hatte Sorge, dass ihm daraus Schwierigkeiten entstehen würden, obschon anderswo noch Religionsunterricht erteilt wird.

30. November 1937

Mit unserem Religionsunterricht in den Volksschulen wird uns Schwierigkeiten gemacht. Der Schulrektor kam zu mir und teilte mir mit, dass er die gegebene Erlaubnis zurücknehmen müsse. Daraufhin bin ich zum Bürgermeister gegangen, um Klarheit zu bekommen - Er war bereit, selbst persönlich in Münster bei der Regierung anzufragen. Darauf bekam ich zunächst mündlich, und dann auf meine Bitte auch schriftlich den Bescheid, dass die Schule für den Beicht- und Kommunionunterricht auch weiterhin benutzt werden dürfe, allerdings außerhalb der planmäßigen Stunden. Somit haben wir für diese Klassen, vor allem in der Bauerschaft, noch Unterrichtsräume.

01. Dezember 1937

Mit dem heutigen Tag scheidet unser bisheriger Schulrektor, Anton Otte, wegen Erreichung der Altersgrenze aus den Schuldienst aus.


Schulrektor Anton Otte


Seit mehr als 30 Jahren hat er diesen Posten zum Wohle der Kinder mit großem Erfolg bekleidet. Mit seinem Amt war seit altersher die Organistenstelle verbunden. Diese beiden Beschäftigungen wurden schon 1922 voneinander getrennt. Doch durfte er den Organistenposten beibehalten und wird ihn auch, nachdem er seine Schulstelle niedergelegt hat, weiter beibehalten zum Besten der Kirche und vor allem des Kirchenchores, den er leitet. - An seine Stelle tritt Herr Lehrer Meer aus Senden, er ist nicht so eingestellt wie sein Vorgänger. Von Senden hört man, dass sie froh sind, ihn loszuwerden. Während er früher eifrig für das Zentrum gearbeitet hat, ist er nun 100prozentiger Nationalsozialist.

1938



01. Januar 1938

In der heutigen Neujahrspredigt hielt ich einem Überblick über das vergangene Jahr. Es waren 79 Taufen zu verzeichnen, - es musste aber Davensberg tüchtig dabei helfen, das allein 14 Taufen stellt - dabei war es noch eine Taufe weniger als im vergangenen Jahr. Kirchenaustritte sind nicht gemeldet, 2 Fälle von hier und von 2 gehbürtigen Aschebergern wurde mir von auswärts der Austritt aus der Kirche gemeldet. Gestorben sind 38, geheiratet haben 38 Paare. Die Zahl der Kommunionen hat erfreulicherweise zugenommen, sie betrug 82.000. Der Borromäusverein (Pfarrbücherei) entlieh bei 120 Mitgliedern 3.357 Bücher. Alles in allem doch ein recht günstiges Bild.

Davensberg wird selbständiger
12. Februar 1938

Nachdem seit Jahren schon dort biniert (der Vikar darf Sonntags zwei Messen lesen) und die Kinder zur ersten hl. Kommunion angenommen werden, nachdem der Vikar dort die Erlaubnis zur Taufe und auch zur Firmung erhalten hat, kommt jetzt eine Verfügung der bischöflichen Behörde, dass auch ein eigener Etat und eine eigene Jahresrechnung für Davensberg geführt werden muss.

27. Februar 1938

In diesen Tagen feierten wir unser 40stündiges Gebet, - der Höhepunkt des religiösen Lebens in der Pfarre. Bisher hatten die Schulkinder am Montag und Dienstag schulfrei, die ausfallenden Tage wurden am Anfang oder Schluss der Herbstferien nachgeholt. Jedes Jahr wurde beim Schulrat die Erlaubnis eingeholt und auch gewährt. Wir haben nun einen neuen Schulrat, Grimmelt, ein früherer Lehrer und Schulrektor aus Münster, gesinnungstüchtig nach Bedarf, wie der Wind weht. Er hat zum erstem Mal es verweigert, den Kindern an den beiden Tagen schulfrei zu geben, die Schulordnung musste natürlich dafür herhalten.

01. März 1938

Ab heute ist der Pflichtbezug von Zeitschriften verboten. Für ihren Mitgliedsbeitrag erhalten die Vereinsmitglieder eine Zeitschrift, so die Männersodalität, der Mütterverein, der Gesellenverein (Kolping). Das darf jetzt nicht mehr sein. Nur noch wer will, kann diese Zeitschriften halten. Das wird wohl der erste Schritt zum Abbau sein.

13. März 1938

Heute feierten wir in der Kirche das 25jährige Priesterjubiläum unseres Kaplans Tipkemper. Der Jubilar hielt ein feierliches Levitenamt (Levitenamt = mit drei Geistlichen) und der Pfarrer hielt ihm die Festpredigt.

27. März 1938

Heute hielten wir die letzte Kollekte in der Kirche für unser Krankenhaus. (Abbruch März 1992) Sie erbrachte 450,--RM. In den knapp 4 Jahren sind dafür 10.000 RM in monatlichen Kollekten gesammelt worden. Ein Zeichen, dass der Bau des Hauses den Leuten sehr sympathisch war. Die restlichen Schulden muss das Krankenhaus aus seinen eigenen Einnahmen tilgen.

10. April 1938

Heute ist Palmsonntag und Wahltag. (Wahltag = Volksabstimmung über den Anschluss Österreichs ans Reich und Wahl eines neuen Großdeutschen - Reichstags) Wir hielten unsere althergebrachte Palmprozession um die Kirche. Wie wir wieder am Kreuz des Kirchplatzes angekommen waren, kam ein Wagen, besetzt mit Hitlerjugend, und schrie in Sprechchören in den Gesang der Gläubigen hinein. Das sollte eine Aufforderung zur Wahl sein, doch merkte man aus dem ganzen Benehmen, dass eine Störung der Prozession beabsichtigt war. Der Anführer, ein Schmiedelehrling, war schon an der alten Schule (alte Schule = heute Sparkasse-Coesfeld) vom Kutscher des Wagens auf die Prozession aufmerksam gemacht worden, doch ließ er einfach hineinfahren und durch sie, von Bultmann (Textilgeschäft neben Walter Bose) bis Metzger Höhne (heute Hillmann) hindurch und feuerte die Jungen an, immer noch lauter zu schreien. Das erweckte große Empörung unter den Leuten, die Männer schimpften mächtig, aber keiner hatte den Mut, dazwischenzufahren. Ein paar Väter holten ihre Jungens vom Wagen herunter und geben ihnen was auf Fell für ihr Benehmen. Ich habe am folgenden Tag mich sofort beschwert bei der Polizei. Es wäre sicherlich wohl das erste Mal in Ascheberg gewesen, dass eine kirchliche Prozession gestört sei und bat, die Übeltäter festzustellen und zu bestrafen. Ob es was hilft, steht auf einem anderen Blatt.

23. - 25. Mai 1938

An diesen drei Tagen hielten wir je einen Einkehrtag (religiöse Vorträge und Gebete) für Frauen und Mütter. Daran schloss sich am folgenden Tage, am Feste Christi-Himmelfahrt, eine Generalkommunion der Frauen und Mütter und Jungfrauen. So haben an diesen 3 Tagen ca. 260 Frauen und Jungfrauen einen Einkehrtag gehalten, der ihnen sicherlich gut getan hat, der besonders den 150 Familien, aus denen Mütter daran teilgenommen haben, zum Segen gereichen wird.

29. Mai 1938

Am heutigen Tage ist Schluss des eucharistischen Kongresses in Budapest. Den Deutschen war es verweigert, an dieser großen Glaubensveranstaltung teilzunehmen, zu der der Papst (Papst = Pius XI) selbst durch das Radio eine Ansprache gehalten hat. Dafür haben wir auf Bischöfliche Anordnung ein 13stündiges Gebet gehalten und dazu eine Generalkommunion der ganzen Gemeinde. Die Beteiligung war sehr groß.

Heute ist Fronleichnamsfest
16. Juni 1938

Wir halten unsere Prozession in gewohnter Weise. Doch ist etwas Neues in diesem Jahr hinzugekommen. Die Lehrpersonen dürfen die Schulkinder bei der Prozession nicht mehr beaufsichtigen.


Fronleichnam an der Dieningstraße bei Bohnenkamp


Welch eine Inkonsequenz! Ist die Teilnahme an der Prozession eine Veranstaltung der kath. Volksschule, dann haben die Lehrpersonen doch dabei zu sein. Ist sie es nicht, ist sei eine private Angelegenheit, dann dürfen die Lehrpersonen sich doch privat als katholische Menschen betätigen und zwischen den Kindern gehen. Wir haben doch im neuen Staate Freiheit der Religionsausübung, oder nicht?

Wir haben uns geholfen dadurch, dass Männer und Frauen die Aufsicht bei den Kindern führten. Sie haben es ganz gut gemacht. Die Lehrpersonen ließen es sich nicht nehmen, als erste hinter den Kindern in der Prozession zu gehen. Dafür haben sie auch das Vergnügen gehabt, vom Ortsgruppenleiter von Davensberg fotografiert zu werden.. Dieser stand vor dem Amtshaus, den Hut auf dem Kopf, und fotografierte. Die Leute nehmen natürlich großen Anstoß daran. - Ferner kam noch etwas Neues auf. Es war in diesem Jahr Privatleuten verboten, mit Kirchenfahnen zu flaggen. So blieb nichts anderes übrig, als die Straßen mit Grün und mit Papierkränzen zu schmücken. Auch das gelang, zum Teil hatten es die Leute sogar sehr schön gemacht.

26. Juni 1938

Heute ist die sogenannte kleine Prozession. (kleine Prozession = am 10. Tag nach Fronleichnam, also am übernächsten Sonntag. Der Weg: Kirche - Sandstraße - 1. Segensstation bei Schulze Frenking, 2. Segensstation am Krankenhaus, Eingang an der Biete - Biete - Dorfheide - 3. Segenstation an der Kapelle Ecke Dorfheide / Mühlenflut - Mühlenflut - Steinfurterstraße - 4. Segenstation Kapelle Ecke Steinfur-terstraße / Altefeldstrasse - über die Dieningstraße zur Kirche zurück.) Sie vollzog sich im allgemeinen, wie am Fronleichnamstag, doch kam wieder etwas Neues hinzu. Während am Fronleichnamstag die Kirche und auch das Pastorat eine Kirchenfahne zeigen durfte, musste heute die Hakenkreuzfahne gezeigt werden, denn heute ist auch zufällig Gauparteitag. Kirchenfahnen sind darum verboten. (Gauparteitag: Das Reich war in 41 NS-Parteigaue eingeteilt. Ascheberg gehörte zum Gau Westfalen-Nord.)

03. Juli 1938

Von heute an beziehen wir als Pfarrblatt das St. Paulusblatt von Recklinghausen, nicht so sehr des Blattes wegen, als um eine Möglichkeit zu haben, unsere Pfarrnachrichten in die Gemeinde zu bringen.

23. Juli 1938

Da ich wegen Störung der Palmprozession bisher keine Antwort erhalten hatte, wandte ich mich erneut an die hiesige Polizeiverwaltung. Diese teilte mir mit, dass sie die Sache sofort an den Landrat weitergegeben hätten. Darauf wandte ich mich am 18. Juli an diesen und bat um Nachricht, was bisher in der Sache geschehen sei. Unter dem heutigen Datum erhielt ich als Antwort, dass er die Sache zum Gegenstand einer eingehenden Nachprüfung gemacht habe, und dass nach den politischen Ermittlungen eine Störung der Prozession nicht vorliege. Und wenn ein strafrechtliches Vergehen vorliege, so falle das unter die Amnestie! Eine solche Entscheidung war wohl vorauszusehen.

11. September 1938

Heute ist Caritassammlung. Doch durfte diese nur in der Kirche gehalten werden.

Heute ist Erntedankfest
02. Oktober 1938

Wir gedachten des Festes am Morgen und hielten auch am Nachmittag eine Dankandacht. Danach sollte auch ein Festzug stattfinden, wie in den früheren Jahren. Doch bestand er nur aus einem Bauernwagen mit etwas Heu darauf, in dem sich Jungens herumbalgten. Die Bauern haben mächtig geschimpft. Es wird wohl der letzte Festzug zum Erntedankfest gewesen sein.

15. Oktober 1938

In diesen Tagen ist Pastor i.R. Börger von Henrichenburg, gebürtig von Davensberg, in Ascheberg eingezogen, um hier seine Ruhetage zu verbringen. So sind wir jetzt mit Geistlichen gut versehen. Er liest jeden Morgen seine Messe im Krankenhaus, der Rektor liest im Stift, und zwei hl. Messen in der Pfarrkirche.

4. - 5. November 1938

An diesen beiden Tagen hielten wir je einen Einkehrtag für Jungmänner. Wie die Frauen und Jungfrauen im Frühjahr, so sollen die Männer und Jünglinge auch etwas haben. über 100 Jungmänner haben sich beteiligt. Für die ;Männer hielt ein Pater ein Triduum. (Triduum = dreitägige Veranstaltung) Des Morgens und des Abends war die Predigt in der Kirche. Am 8. Dezember war dann Generalkommunion für Männer und Jungmänner. Die Beteiligung, besonders der Männer, war recht gut. Wenn nur all das Gute in dieser schnellebigen Zeit besser haften blieb.

1939



01. Januar 1939

Heute gab ich der Gemeinde meinen Jahresbericht. Im allgemeinen halten sich die Angaben im Rahmen der Vorjahre. An Taufen waren zu verzeichnen 78, davon 19 in Davensberg. Kirchenaustritte waren 4. Gestorben sind 49. Die Heiraten haben sehr abgenommen, es waren nur 27. Die Zahl der Kommunionen stieg auf 84.000, eine recht erfreuliche Zahl.

06. Februar 1939

Meine Neujahrspredigt hat mir ein unangenehmes Nachspiel eingebracht. Jemand, - ich vermute einen mit ziemlicher Sicherheit - hat mich bei der Kreisleitung in Lüdinghausen angezeigt. Von da ging die Meldung zur Geheimen Staatspolizei in Münster. So erschienen heute der Landjäger und der Polizeiwachtmeister, um mich im Auftrag der geheimen Staatspolizei zu Protokoll zu vernehmen. Sie lasen mir die Anklageschrift vor, und ich konnte mich dazu äußern. Es war wirklich nichts Nennenswertes, was man mir vorwarf. Der Hauptanklagepunkt war, dass ich gesagt haben soll, die aus der Kirche Ausgetretenen könnten nicht mehr zu Gott beten, während ich in Wirklichkeit gesagt hatte, dass solche, die den Glauben ihrer Kindheit verloren hätten, doch nicht zur Ruhe kämen, bis dass sie doch einmal, wenn Gott ihnen die Gnade gebe, den Weg zu ihm zurückzufinden würden. Mit dem Protokoll war die Sache abgetan, ich habe nichts mehr davon gehört.

19. Februar 1939

Heute hatten wir die große Freude, einen Sohn der Gemeinde, Wilhelm Jansen, proklamieren zu dürfen, da er demnächst die Subdiakonats- und Diakonatsweihe empfangen wird.

Die Konfessionsschule ist in Gefahr
26. Februar 1939

Darum haben wir auf Bischöflichen Anordnung hin heute in der Kirche eine Abstimmung über die Konfessionsschule durchgeführt. Es wurde ein Schreiben des Bischofs über den Zweck der Abstimmung verlesen, und alle, die für die Konfessionsschule waren, mussten die Hand erheben. Einige verließen die Kirche. Alle anderen erhoben ihre Hand. Ob es viel helfen wird, ist eine andere Frage.

Wir haben einen neuen Papst
05. März 1939

Überaus schnell ist Pius XII. gewählt worden. Zum Dank gegen Gott hielten wir heute ein Hochamt.

04. April 1939

Zum Beginn des neuen Schuljahres gab der Bischof eine Anweisung über den Unterricht an Gemeinschaftsschulen heraus. Im allgemeinen wird der Religionsunterricht an diesen Schulen von Geistlichen von ihm abgelehnt, da die nötigen Kautelen doch nicht gegeben, oder gehalten werden. Von Beginn des Schuljahres an führen wir ein Tagebuch über jede Schulklasse im Religionsunterricht, worin der Lehrstoff, sowie die Prädikate und das Fehlen der Kinder eingetragen wird.

16. April 1939

Heute ist Erstkommunion der Kinder. Zum ersten mal dürfen die Kinder sich nicht in der Schule versammeln. Sie werden diesmal in Prozession vom Vereinshaus (Pfarrheim) abgeholt. Die Schwestern vom Kindergarten nehmen sie dort in Empfang, und wir Geistlichen geleiten sie zur Kirche.

10. Mai 1939

Heute ist ein Schreiben der geheimen Staatspolizei zugestellt wonach unsere Jünglingssodalität aufgehoben ist. Als Grund wurde angegeben, dass Heimabende stattgefunden hätten, die in weltlicher Form aufgezogen worden wären. Wir haben so etwas nicht gemacht und sind doch aufgelöst worden. Bei der großen Auflösung der Vereine, die mit dem Jugendhaus in Düsseldorf in Verbindung standen, sind wir damals verschont geblieben, nun hat uns das Schicksal der übrigen auch getroffen. So bleibt uns nur noch übrig, die Jungmänner zur gemeinschaftlichen Kommunion und zur Predigt alle vier Wochen zu versammeln.

Heute ist Fronleichnamsfest
08. Juni 1939

Zum ersten Mal ist heute an diesem Tag für die Schulkinder Unterricht, so dass sie an der Prozession nicht teilnehmen können. Dafür haben wir um 7 Uhr eine Generalkommunion aller Schulkinder gehalten und sie des Abends zur Fronleichnamsandacht eingeladen. Für die Prozession haben wir uns die Kleinen vom Kindergarten herangeholt. Sie haben als Engelchen das Sakrament aus der Kirche bis zum ersten Altar begleitet und auch vom letzten Altar wieder in die Kirche hineinbegleitet. Die Beteiligung an der Prozession war naturgemäß sehr groß, zumal die Polizei auch sehr darüber wachen musste, dass der Schmuck der Straßen nicht zu groß wurde.

30. Juni 1939

Heute wurde der Austausch der Grundstücke am Chor der Kirche endgültig vollzogen. Damit ist die Möglichkeit der Vergrößerung der Kirche am Chor gegeben. Mehr als 25 Jahre sind vergangen, seitdem die Verhandlungen aufgenommen waren.

06. Juli 1939

Für den heutigen Tag war unsere Wallfahrt nach Telgte festgesetzt. Doch konnte sie nicht stattfinden, wenigstens nicht in dem Umfang wie sonst, da uns die Reichsbahn keinen Extrazug zur Verfügung stellte. Wir haben uns damit geholfen, dass wir mit den planmäßigen Zügen fuhren. Durch das Entgegenkommen der Eisenbahn erhielten wir einige Sonderwagen zur Benutzung, so dass noch etwa eine Wallfahrt zustande kam.

Die Lage wird kritisch
27. August 1939

Eine große Zahl junger Leute wurde heute zu den Fahnen einberufen. Sie wurden zum Teil nachts telefonisch aus den Betten geholt, da sie sich am anderen Tag in Coesfeld stellen mussten. Wir haben von der Kanzel gebeten, dass doch alle, bevor sie zu den Fahnen einrückten, zu den Sakramenten gingen. Das haben auch wohl alle, auch die so plötzlich weg mussten, getan. Möge Christus ihr Geleiter sein!

29. August 1939

Trotzdem die Zeiten so kritisch sind, und die Einigkeit des ganzen Volkes erfordern, hat die geheime Staatspolizei doch noch das Priesterhilfswerk, das für den Staat doch so harmlos ist, aufgehoben.

Der Krieg ist da
03. September 1939
Am Morgen des Herz-Jesu-Freitags sind wir in Polen eingerückt

Wir haben heute auf Anordnung des Bischofs ein 13stündiges Gebet gehalten, um Gottes Schutz und Segen für unsere Soldaten zu erflehen und dass er dem Krieg einen guten Ausgang gebe. Ernst genug ist die Lage, da auch Frankreich und England in den Krieg eingetreten sind. Wir bekommen hier in Ascheberg auch etwas vom Krieg zu sehen. Ein Scheinwerfer und ein Horchapparat kommen angerückt und richten sich auf dem Altenfeld ein. Die Jugend vor allem ist mit dabei, um zu sehen, was es gibt.


So ein Horchapparat stand auf dem Altenfeld


07. September 1939

Vom Bürgermeister läuft ein Schreiben ein, wonach alles Läuten auf Anordnung des Luftgaukommandos untersagt ist, um die Beeinträchtigung der Zielauffassung der Flak zu vermeiden. Das scheint reichlich vorsichtig. - Auf dem Altenfeld steht auch ein Bohrturm, auf dem seit 1 1/2 Jahren nach Öl gebohrt wird. Sie sind bereits über 2.200 m tief. Nun müssen sie dort den Betrieb einstellen, da die Motoren mit ihrem ständigen Geräusch den Horchapparat stören.


Der Bohrturm auf dem Altenfeld


10. September 1939

Das Generalvikariat schreibt, dass der Kirchenminister mitteilt, dass jede Stellungnahme zur außenpolitischen Lage in der Kirche unerwünscht sei.

21. September 1939

Im Katharinenstift halten wir Vorträge für diejenigen, die zu den Fahnen einberufen werden.

In der ernsten Zeit haben wir heute doch einen Freudentag
24. September 1939

Wir durften die Primiz des Neupriesters Wilhelm Jansen von der Bultenstraße feiern. (Jansen auf der Bultenstraße: heute Friseur Nientidt) In Prozession wurde der Primiziant vom Elternhaus abgeholt. In der Kirche hielt er sein erstes feierliches Levitenamt. Der Pfarrer hielt die Festpredigt. Nach dem Hochamt ging es wieder in Prozession zum Elternhaus zurück. Die Gemeinde nahm großen Anteil an der Feier. Des Nachmittags hielt der Primiziant die Festandacht. Gebe ihm Gott in dieser ernsten Zeit viele Jahre gesegneten Priesterwirkens!


Das Elternhaus von Wilhelm Jansen - Abbruch 1972


30. September 1939

In Polen hat es schnell gegangen. Das Land ist zum größten Teil besetzt. Darum müssen wir auf Anordnung der Regierung 7 Tage des Mittags eine Stunde Sieg läuten. Dieses Läuten scheint die Flak nicht zu stören.

In Ascheberg wird es lebendig
Wir bekommen Einquartierung!

25. November 1939

Eine ganze Division wird, so heißt es, von der Westfront in den Kreis Lüdinghausen verlegt. Des Morgens steht ein Sonderzug am Bahnhof und ladet eine Bäckereiabteilung aus. In den nächsten Tagen kommen neue Züge und bringen uns ein Bataillon Infanterie, dazu noch eine Kompanie eines anderen Bataillons und noch Artillerie, so dass gut 1.000 Mann im Dorf und in den Bauerschaften einquartiert sind. Die Soldaten stammen meist vom Niederrhein und aus der Gegend von Hagen, Schwelm. Es sind ältere Leute, denen es nach den schlechten Quartieren an der Luxemburgischen Grenze hier sehr gut gefällt. Und in der Tat stellt sich bald zwischen Soldaten und Quartiersleuten ein sehr freundliches Verhältnis heraus. Die Soldaten geben ihren Angehörigen bald Nachricht, dass sie nun in Ascheberg seien, und schon bald kommen die Frauen angereist, um ihren Mann zu besuchen. Es ist großer Verkehr auf dem Bahnhof. Der Bataillonsadjutant kommt in das Pastorat. Hier wollen sie das Geschäftszimmer unterbringen, und er selbst will auch in dem Pastorat einquartiert sein. Doch für das Geschäftszimmer war kein geeigneter Raum zu finden. Und als er selbst hörte, dass in seinem Schlafzimmer nicht geheizt werden könne, hat er sich schleunigst ausquartiert. Vielleicht sagte ihm auch der Pastor nicht zu. Die Bäcker kamen auch, sie hatten was von Stallungen in dem Pastorat gehört und wollten dort ihre Pferde unterbringen. Doch sah der führende Offizier selbst ein, dass in den ehemaligen Stallungen nichts zu machen sei. Als Geschäftszimmer wurde in der früheren Rektoratschule ein Zimmer eingeräumt. (frühere Rektoratschule: Raum im Vereinshaus neben der Bücherei) Das gegenüberliegende Bibliothekszimmer erhielt Bataillonskommandeur für sich und seine Offiziersbesprechungen. Allerdings war er bereit, des Sonntagmorgens den Raum für die Bücherausgabe frei zu geben. Für den Offizier, der in dem Pastorat nicht wohnen wollte, erhielt ich dann einen Feldweben, ein Lehrer vom Niederrhein, aus der Nähe von Kämpen, er war ein sehr angenehmer Gast. Bald darauf kam ein Unterarzt, die dann des Abends mit uns zusammen im Zimmer saßen und auch mit uns spielten und sich an dem Segen der Obsternte gütlich taten.

November 1939

Der Ertrag unserer Kollekte im Herbst für das Krankenhaus ist nun wohl endgültig erledigt. Während in den letzten Jahren noch vom Winterhilfswerk eine Quote gegeben wurde, muss jetzt ein eigener Antrag eingereicht werden, aus dem hervorgeht, dass wir ohne diesen Zuschuss nicht auskommen können. Der Caritasverband in Münster schreibt, das träfe wohl bei unseren Häusern im Münsterland nicht zu. Damit ist diese Einnahmequelle, die uns immerhin den Wert von ca. 2.000,-- RM einbrachte, verschmolzen.

11. November 1939

Der Bischof fordert uns zum Kriegsbeitrag auf. Den Diözesen sei eine gewisse Summe auferlegt, die wieder durch Umlage aufgebracht werden müsse. So sollen wir 1% vom Umsatz und 10% von den Einnahmen von Kapitalien nach Münster abführen.

29. November 1939

In Lübeck ist Theodor Knappmöller als Soldat im Lazarett gestorben. Die Verwandten sind hingefahren und haben noch erreicht, dass er versehen wurde. Wir haben ihn heute hier begraben. Das Militär stellte Musik und eine Abordnung Soldaten.

30. November 1939

Vom Bischof ist eine Verfügung gekommen, wonach in der Frage des Läutens der Glocken eine Milderung gekommen ist. Des Sonntags vor dem Hochamt und am Tage vor Sonn- und Feiertagen darf 3 Minuten geläutet werden. Das ist zwar wenig genug, aber doch wenigstens etwas.

10. Dezember 1939

Um den religiösen Geist in diesen Kriegszeiten lebendig zu halten, hielten wir eine eucharistische Familienwoche. Ein Franziskanerpater hielt die Predigten. Auch manche Soldaten nahmen daran teil. Unser Rektor Heinrich Westendorf hat sich zur Seelsorge im Sudetengebiet bereit erklärt. Um ihn nicht mit leeren Händen dort ankommen zu lassen, hielten wir heute eine Kollekte für seine neue Gemeinde, die den Betrag von 759 RM erbrachte.

28. Dezember 1939

Die Soldaten, die seit Oktober hier in Quartier lagen, zogen ab. Es hatte sich ein ganz vorzügliches Verhältnis zu den Bewohnern herausgebildet, so dass manche sie nur ungern scheiden sahen. Die Soldaten selbst waren auch hier sehr gern. Sie konnten von hier aus bald, vor allem des Sonntags, in die Heimat in Urlaub fahren. Sie haben hier gut gelebt, viel Bier getrunken, die Läden so ziemlich zu Weihnachten leer gekauft, so dass sie gern die Stellung Ascheberg gehalten hätten. Des Abends musste alles marschbereit fertig stehen. Doch erst in der Nacht sind sie abgezogen, bei kaltem Wetter und glattem Boden. Sie kamen näher an die holländische Grenze in den Kreis Ahaus. Unterwegs hatten sie manche Verluste an Pferden, die auf den glatten Straßen stürzten und die Beine zerbrachen. Man sprach nachher von 45 Pferden, die sie auf dem Marsch verloren hätten. Schon ganz bald kamen aus dem neuen Quartier Soldaten wieder hierhin zu Besuch, um das liebgewonnen Ascheberg wieder zu besuchen. In den folgenden Tagen kamen noch mehrmals Truppen durch Ascheberg. Sie mussten immer, anscheinend wegen Fliegergefahr, des Nachts marschieren. Sie machten bei der Kälte und der Glätte stets einen müden Eindruck. Einmal kamen des Morgens um 6 Uhr drei Ärzte zu mir ins Quartier. Sie waren die Nacht hindurch von Warendorf bis hier marschiert. Nachdem sie Kaffee getrunken hatten, war das wichtigste für sie - schlafen. Des Abends zogen sie wieder weiter.

1940



Ein neues Jahr beginnt im Krieg
Wie wird der Ausgang des neuen Jahres sein?

01. Januar 1940

Die Soldaten, die hier in Quartier lagen, sind noch näher an die holländische Grenze, in den Kreis Ahaus, gezogen. Das Frühjahr wird es zeigen, wo der Krieg weiter geht.

Am Neujahrstag habe ich meine Neujahrspredigt wieder so gehalten, wie im Vorjahr, trotz der vorjährigen Anzeige bei der geheimen Staatspolizei. An Taufen waren es im vergangenen Jahr 101, das sind 27 auf Tausend. Gestorben sind 33, davon einer in Polen gefallen. Kirchenaustritte gab es 3 von hier, 1 wurde von auswärts gemeldet. Die Zahl der Heiraten betrug 28. Davon haben 11 aus irgendeinem Grund - meistens war ich sehr damit einverstanden, anderswo geheiratet. Drei gemischte Ehen waren dabei! Auch ein Zeichen der Zeit. Die Zahl der Kommunionen ist recht beträchtlich, nämlich 79.000.

04. Januar 1940

Heute haben wir zum letzten Mal unsere hl. Stunde gehalten. (hl. Stunde: Meditationsstunde bei vorgelesenen Texten) Sie wurde zuletzt so wenig besucht, so dass wir es aufgegeben haben. Als Betrachtungsstunde war es zu schwer für die Leute, und als Andacht war es keine hl. Stunde mehr.

15. Januar 1940

Der Neupriester Bernhard Fischer aus Münster wurde zum Kaplan an der Pfarrkirche St. Lambertus ernannt an Stelle des zu den Sudetendeutschen gegangenen Heinrich Westendorf.

Große Aufregung im Dorf
Wir bekommen wieder Einquartierung

28. Januar 1940

Diesmal sind es nicht so angenehme Soldaten wie die vorigen. Eine Kompanie motorisierter SS zieht ein. Die Pastoratsscheune steht voll von Motorrädern. Doch werden die Soldaten nicht in Bürgerquartieren untergebracht, sondern in den Sälen. Offiziere und Unteroffiziere kommen in Privatquartiere. Im Vereinshaus (Pfarrheim) wird zunächst der kleine Saal mit dem anstoßenden Zimmer beschlagnahmt.


Pastoratsscheune - Abbruch 1968


Ein Unteroffizier sollte in dem Pastorat wohnen, doch da zur Zeit alles krank war, zog der Quartiermacher wieder ab. Gott sei Dank! Das Verhältnis zu den Leuten ist nie ein sehr herzliches geworden. Der Kindergarten, der gerade wieder in sein altes Heim eingezogen war, musste wieder heraus. Er kam in die beiden Räume der alten Rektoratschule. (alten Rektoratschule: Raum neben der Bücherei) Der Borromäusverein zog um zum Stift. (Stift: St. Georg) Das heißt, zunächst wurde er geschlossen und am 11. Februar konnte er im Stift wieder anfangen. Von den jungen Mädchen wurden die Soldaten sehr begrüßt und merkwürdig gerade von den jüngsten, eben aus der Schule entwachsenen.


Katholisches Vereinshaus (Pfarrheim) - Erbaut 1923/24


Man konnte sie des Abends auf den Straßen, des Sonntags draußen auf den Wegen und in den Büschen treffen. Die SS beanspruchte auch bald den Saal, hielt dort nicht nur ihre Appelle ab, sondern allmählich ihre Festlichkeiten, wozu dann auch ihr Anhang mit Freunden erschien. Es ging sogar soweit, dass eines Abends, am Mittwoch in der Karwoche, ein Möbelwagen vor dem Vereinshaus (Pfarrheim) hielt, Kulissen ablud, des Abends wurde Minna von Barnhelm gespielt, ohne dass uns auch nur ein Wort davon gesagt wurde.

Weißer Sonntag!
31. März 1940

Früher holten wir die Kommunionkinder in Prozession von der Schule ab. Das wurde nicht mehr gestattet. Dann holten wir sie vom Vereinshaus (Pfarrheim) ab. Nun liegen dort SS-Soldaten. Darum müssen wir sie von der alten Rektoratschule abholen. Lehrer und Lehrerinnen ziehen nicht mehr mit, in der Kirche nehmen sie noch ihren Platz ein hinter den Kommunionkindern, sie gehen auch nach den Kindern als erste zur hl. Kommunion, doch nicht mehr alle. Beim althergebrachten Kaffee im Stift (St. Georg) für die Kinder und Lehrpersonen und Geistlichen fehlen auch welche. Der Schulleiter Rektor Meer selbst kommt weder zur Kommunionfeier noch zum Kaffee.

06. April 1940

Heute hatten wir das erste deutschgläubige Begräbnis in Ascheberg. (deutschgläubig: aus den Kirchen Ausgetretene, eine NS-Bezeichnung) Eine ehemals evangelische Frau Mette, aus dem Kotten von Schulze-Heiling, war im Krankenhaus gestorben. Die Angehörigen gingen des Nachmittags Arm in Arm hinter dem Leichenwagen zum Friedhof. Einige Neugierige schauten zu. Was man wohl einen Geistlichen nennen könnte, hatten sie nicht. Sie redeten selbst was am Grabe und dann war es bald vorbei. Feldsteine und Grünzeug bedeckten später das Grab. Und dann kam das Unkraut - und die Vergessenheit!

20. April 1940

Heute, an Hitlers Geburtstag, sitzen die Unteroffiziere, natürlich ohne zu fragen, in Pastors Garten, haben Tische und Bänke aus demVereinshaus (Pfarrheim) herausgeholt und ein Fass Bier aufgelegt und feiern Geburtstag. Was würden die alten würdigen Pastöre dazu sagen, wenn sie das erlebt hätten, dass ihr Garten zu solchen Zwecken benutzt wird.

01. Mai 1940

Von Maifeier war nicht viel zu spüren, es wird von Jahr zu Jahr, zumal jetzt in den Kriegszeiten, immer weniger.

Heute ist eine gottgläubige, (gottgläubige: aus den Kirchen Ausgetretene, eine NS-Bezeichnung) ehemals evangelische, Junglehrerin Marianne Nolting, erschienen, um in der Schule Unterricht zu geben. Sie hat den ersten Jahrgang erhalten. Die Kinder haben sie gern, sie lässt sich auch von ihnen einfach mit Marianne anreden. Aber was erhalten sie an religiösen Kenntnissen. Eine andere Lehrerin gibt die wenigen Religionsstunden.

Die SS zieht ab
Gott sei Dank

09. Mai 1940

Des Abends um 7 Uhr mussten sie mit ihren Motorwagen und Rädern abmarschfertig stehen. Wie man sich erzählt, soll es näher auf Holland zu gehen. Was im vorigen Herbst nicht zustande gekommen ist, wird nun wohl losgehen. Des Nachts um 1/2 3 Uhr sind sie endlich abgezogen.

10. Mai 1940

Seit heute früh kommen Transportflugzeuge in Ketten von 30 - 50 Flugzeugen über Ascheberg nach Westen geflogen. Sie hatten Fallschirmtruppen geladen. Fachleute erkannten das sofort an den Bau der Maschine. Wir wussten, der Krieg gegen Holland hat begonnen. Die Division, die im Spätherbst in unserm Kreis lag, war noch immer an der holländischen Grenze, und die SS, die auch in der ganzen Gegend einquartiert war, war nun gegen Holland gezogen. Nun haben wir den Krieg im Westen. Gegen 10 Uhr kamen die ersten Flugzeuge schon zurück, sie hatten ihre Last abgeladen. Über 200 Flugzeuge sind über Ascheberg nach Holland geflogen. Es sind aber bei weitem nicht so viele zurückgekommen.

20. Mai 1940

Heute hielt die gesamte Jugend ihren Bekenntnissonntag. Es haben ungefähr 800 daran teilgenommen, des Morgens sowohl an der gemeinschaftlichen hl. Kommunion als auch des Nachmittags an der Bekenntnisstunde. Der Ernst des nun ausgebrochenen Krieges in unserer Nähe hat auch seinen Teil dazu beigetragen, dass sich so viele beteiligten. In dieser Woche haben wir auch damit begonnen, für die Schulentlassenen Seelsorgestunden zu halten. Die Jungmänner kommen an einem Abend, der letzte und vorletzte Jahrgang für sich, zumVereinshaus (Pfarrheim) die Mädchen zusammen des Sonntagnachmittags nach der Andacht.

Eine erfreuliche Nachricht
22. Mai 1940

Wir dürfen wieder läuten in der Zeit von 8 - 18 Uhr! Und zwar so viel, wie wir wollen. Ob eine entsprechende Verfügung besteht weiß ich nicht. In Drensteinfurt haben sie angefangen zu läuten. Ich habe dem Polizeimeister gesagt, was die könnten, könnten wir auch. Und er sagte, es bestehe eine entsprechende Verfügung für die Zeit von 8 - 18 Uhr. Anderswo, wie z.B. in Herbern, blieb es immer noch verboten. Wir läuteten seitdem unsere schönen Glocken wie in Friedenszeiten.

Fronleichnam
25. Mai 1940

Es wird immer schwieriger gemacht. Nicht nur, dass die Kinder wie im Vorjahr zur Schule müssen, in diesem Jahr geht es wieder einen Schritt weiter. Die Prozession wird wegen der Fliegergefahr verboten! Dabei ist noch nie etwas passiert, weder bei Nacht, geschweige denn am Tag. Aber die armen Leute müssen unbedingt geschützt werden. Dafür ist den kommenden Sonntag ein Umzug mit Sakrament um die Kirche erlaubt. Wir haben am Fronleichnamstag ein feierliches Levitenamt (Levitenamt: Hochamt mit drei Priestern) gehalten und am Sonntag darauf Prozession um die Kirche vor dem Hochamt. Die Schulkinder begleiteten Frauen aus dem Mütterverein und die Engelchen die Schwestern vom Kindergarten. Es ging auch so. Die Hauptsache ist, dass die Leute bestärkt werden in der Liebe zu Christus im Sakrament.

15. Juni 1940

Heute hielten wir das Seelenamt für den im Krieg gefallenen Franz Neuhaus, Sohn des Amtsinspektors Neuhaus von der Dieningstraße. Er fiel beim Durchbruch durch die Befestigungen bei Sedan. Die Eltern, Bohrmeister Wirth, Dieningstraße erhielten die Nachricht, dass ihr Sohn Joseph, Feldwebel und Offiziersaspirant, von einem Feindflug von Drontheim nach England nicht zurückgekehrt sei.

17. Juni 1940

In der Nacht von heute auf morgen haben wir den Krieg in besonderer Weise zu spüren bekommen. Es wurden von den Engländern 10 Bomben abgeworfen, von denen 9 explodierten, dazu noch einige Brandbomben.

Bisher war wohl schon des Nachts ein feindlicher Flieger zu hören gewesen, aber nie wurden Bomben abgeworfen, höchstens mal ein schlechtes Flugblatt. Ahnungslos schlief alles ruhig in den Betten. Fliegeralarm wird nicht gegeben, trotzdem eine Sirene vorhanden ist. So kam dieser Segen von oben sehr überraschend. Die Bomben fielen von der neuen Schule an der Lohstraße (Lohstraße: heute Albert-Koch-Straße, die damals als Fortsetzung der Lohstraße bezeichnet wurde) quer durch die Weiden bis zur Dieningstraße, die letzten unmittelbar vor der Straße auf der Weide von Weber-Stenkamp. An der Lohstraße fiel die erste explodierte Bombe vor das Haus von Klaverkamp, riss die halbe Front weg und zerstörte Fenster und Türen. Auf der Dieningstraße waren natürlich alle Fensterscheiben entzwei.


Haus Theodor Klaverkamp - Albert-Koch-Straße


Die Straße selbst war besät mit zerbrochenen Dachziegeln und Fensterscheiben. So sah es ziemlich wüst aus. Die Bombenkrater waren an 2m tief. Doch hat kein Menschenleben Schaden gelitten, und der Schaden war auch nicht übermäßig groß. Alles in allem, es war viel Glück dabei. Die erste Bombe, die nicht explodierte, hat man später erst gefunden und ausgegraben. Es war eine 2 Zentner Bombe. Die Leute waren nun bange geworden. Wenn wieder Flieger zu hören waren, oder noch mehr wenn geschlossen wurde und Leuchtkugeln am Leuchtkugeln am Himmel standen, gingen sie in die Keller, bis der Spuk vorbei war. Einige gingen sogar in die Kirche, um im Turm Schutz zu suchen. Allmählich gewöhnlich gewöhnte man sich auch an das Schießen, die Leute bleiben wieder in ihren Betten.


Die toten Kühe auf der Weide von Schulze-Heiling


Einige Wochen später (August 1940) fiel noch eine vereinzelte Sprengbombe auf der Weide von Schulze-Heiling in der Westerbauerschaft und verletzte schwer oder tötete mehr als 20 Kühe und 3 Pferde. Sonst blieb es hier ruhig.


Der Bombenkrater, (2m tief) bei Weber-Stenkamp auf der Dieningstraße


Man konnte wohl, wenn man aufstand, besonders an der Südfront, eine Menge Scheinwerfer sehen, man sah Leuchtspurmunition in die Luft steigen, man sah auch Granaten in der Luft krepieren, doch der Erfolg war auf beiden Seiten meist gering. Die Engländer trafen mit ihren Bomben meist nicht viel, und die Deutschen trafen mit ihrem Schießen auch nicht. In der Bauernschaft Nordick hinter Herbern hatte man mit vielen Kosten einen Scheinbahnhof angelegt. Darauf sind die Engländer oft hereingefallen, aber die Nachbarn haben es in den Bombennächten nicht gut gehabt. Bewahre Gott unser friedliches Ascheberg vor größerem Unheil!


Die Bergungsmannschaft mit dem Blindgänger.


21. Juni 1940

Heute erhielten wir die Nachricht vom Bischof, dass unser Kaplan Tipkemper zum Pfarrer von Neubeckum ernannt ist. Gebe Gott ihm einen guten Eingang in sein neues Amt und eine gesegnete Wirksamkeit!

14. Juli 1940

Heute erhielten wir die Verfügung, dass die Polen, die als Zivilisten hier arbeiten, Jungmänner und auch Mädchen, in Zukunft nicht mehr in der Kirche zwischen den anderen Leuten am Gottesdienst teilnehmen dürfen. Sie bekommen einen Platz auf der Seitenbühne der Orgel, doch dürften Deutsche sich dort nicht aufhalten.

22. Juli 1940

Heute feierten wir die goldene Hochzeit des Ehepaares Pankok-Sendermann aus dem Hagen in der Osterbauerschaft mit einem feierlichen Hochamt. Beide Eheleute sind noch sehr rüstig, und haben den Tag tüchtig mitgefeiert. Der Bischof schenkte ihnen sein Bild mit Unterschrift, worüber das Ehepaar sehr erfreut war.

29. Juli 1940

Heute erhielten wir die Nachricht, dass Vikar Franz Westmattelmann aus Oer zum Kaplan an unserer Kirche ernannt ist. Er ist aus Münster gebürtig, somit sind alle drei Geistlichen an unserer Kirche aus Münster gebürtig.

19. August 1940

Heute erhielten wir ein Schreiben des Bürgermeisters, wonach grundsätzlich Schulräume zur Erteilung des Religionsunterrichtes nicht mehr freigegeben werden. Danach müsse er seine Erlaubnis vom Dezember 1937 zurückziehen. - Wir hatten lange das Glück, vor allem in den Bauerschaften, noch in den Schulen Unterricht erteilen zu können aufgrund der Erlaubnis, die uns der Bürgermeister nach einer Rücksprache mit der Regierung erteilt hatte. Es handelte sich um Beicht- und Kommunionunterricht. Darunter fiel auch der erweiterte Kommunionunterricht, nicht aber der Entlassunterricht. Den erteilten wir für den 8. Jahrgang aus der ganzen Gemeinde, seitdem uns die Schule verschlossen war, im Stift (St. Georg). In den meisten Gemeinden rund herum wird seit 1937 in den Schulen überhaupt kein Religionsunterricht mehr erteilt. Wir wurden um unseren Vorzug sehr beneidet.


links Kaplan Franz Westmattelmann im Pfarrgarten


22. September 1940

Heute hatten wir Bonifatiussonntag. Ein Pfarrer aus der Diaspora hat es gut gemacht, doch hat die heutige Lage vor allem mit dazu beigetragen, dass 1.000 RM dabei herauskamen.

07. Oktober 1940

Seit heute beginnt der Unterricht in der Schule um 8 Uhr. Bis jetzt war von 10-1 Uhr (10-13 Uhr) Unterricht, weil die Kinder wegen der nächtlichen Fliegerbesuche des Morgens schlafen sollten. Was sie aber nicht taten. Darum hielten wir die Schulmesse um 8 Uhr und geben um 1/2 9 Uhr Religionsunterricht.

01. November 1940

Allerheiligen, das ja kein gesetzlicher Feiertag ist, und an dem jetzt im Krieg besonders gearbeitet werden sollte, hielten wir in der gewohnten Weise. Die Kinder hatten natürlich Schulunterricht. Gearbeitet wurde draußen nicht, nur die, welche nach Münster zur Arbeit fuhren, mussten arbeiten.

Heute konnten wir wieder goldene Hochzeit feiern
05. November 1940

Es war das Ehepaar Stenkamp-Möller aus der Osterbauerschaft (Stenkamp-Möller: Stenkamp-Weber, Nähe Emmerbach) die dieses seltene Fest feiern konnten und zwar in seltener Rüstigkeit, trotzdem der Mann seit Jahren nur noch ein Bein hat. "Tons" Stenkamp ist wegen seines Fleißes und seiner witzigen Bemerkungen, die er oft machen kann, bei allen recht beliebt. Wir hielten ein feierliches Hochamt. Der Bischof schenkte ein Bild mit Unterschrift.

14. November 1940

In der vergangenen Nacht raste ein mächtiger Sturm über Ascheberg und setzte sich noch in den Morgenstunden fort. Viele Dächer wurden beschädigt, z.B. bei Bollermann in der Osterbauerschaft wurde das ganze Dach vollständig abgedeckt. Es sah von weitem aus, als wenn es gebrannt hätte. In den Wäldern hat der Sturm furchtbar gehaust. In den Pastorsbüschen, in denen nur verhältnismäßig junge Eichen stehen, sind nur etwa ein Dutzend Bäume umgeweht. Doch wo Tannen und Kiefern stehen, sind die Bäume, auch alte Bestände, teils abgedreht, teils mit der Wurzel ausgehoben. Schulze Pellengahr schätzt seinen Verlust allein auf 2-3.000 Festmeter. Ich bin dort gewesen. Überall waren Bäume gefallen. Ein älterer Bestand an Kiefern lag vollständig am Boden. Es stand kein Baum mehr. Obschon dieser Sturm von Belgien und Holland durch ganz Westdeutschland bis nach Berlin hin getobt hat, und riesigen Schaden angerichtet hat, mehr als bisher die Engländer getan haben, so stand doch davon nichts in der Zeitung. Das war zu gefährlich, dass die Leute was davon gewahr wurden, und doch wussten es alle.

29. November 1940

Heute hielten wir auf päpstliche Anordnung hin einen Gebetstag für einen gerechten und dauerhaften Frieden. Wir hielten 13stündiges Gebet. Die Beteiligung, auch der Sakramentenempfang, war recht gut. Alle haben ja ihre Sorgen und Anliegen und ihre Angehörigen draußen. Es sind von Ascheberg bereits an die 500 eingezogen.

07. Dezember 1940

Es ist ein Schreiben vom Kirchenminister gekommen, wonach an Tagen nach Fliegeralarm, d.h. wenn nach 12 Uhr nachts noch Fliegeralarm ist, die hl. Messen erst um 10 Uhr beginnen sollen. Der Bischof schreibt dazu, dass das Schreiben nicht sehr klar ist und verfügt, dass an den Sonntagen nach Fliegeralarm das Hochamt erst um 10 Uhr beginnen soll. Es ist auch eine merkwürdige Verfügung, die von der Regierung gekommen ist. Schulkinder, Arbeiter, Beamte müssen alle zur rechten Zeit auf ihren Posten sein. Nur die Kirche darf vor 10 Uhr nicht beginnen. Es könnte jemand Schlaf zu wenig bekommen!

15. Dezember 1940

Nachdem verschiedene andere kirchliche Verein aufgelöst sind, kommt jetzt auch der Borromäusverein an die Reihe! Nicht dass er aufgelöst wird. Er wird auf sein ureigenstes Gebiet beschränkt. Er darf nur noch rein kath. Bücher ausleihen! Alles andere ist verboten. Die nicht kath. Bücher müssen ausgesondert werden, in Kisten verpackt dem Dechanten zugesandt werden. Der soll sie lagern. Es ist natürlich ein Ding der Unmöglichkeit, beim Dechanten ca. 7-8.000 Bücher zu lagern. Die Diözesanenstelle des Borromäusverein schickte ein Schreiben rund, doch ja alle Anordnungen auf das genaueste auszuführen, damit die Bibliotheken erhalten blieben, es sei ihnen versichert worden, die ausgesonderten Bücher würden nicht beschlagnahmt usw. O sancta simpicitas! (O heilige Einfalt!) Wir haben in Voraussicht der kommenden Dinge schon vor längerer Zeit einen Teil der Bücher dem Kathari-nenstift und dem Krankenhaus als Hausbibliothek überwiesen. Die wir nun noch ausscheiden mussten, haben wir in einem Schrank auf dem Boden des Pastorates untergebracht. Was aus ihnen wird, weiß man nicht, wahrscheinlich werden sie gelegentlich abgeholt und in die zu gründende Gemeindebibliothek gesteckt. So werden immer mehr kath. Einrichtungen zerschlagen.

1941



Wieder Jahresanfang mit Krieg
01. Januar 1941

Hitler hat in seiner Neujahrsbotschaft verkündet, dass das neue Jahr uns den End-sieg bringen wird. Wird es eintreffen? Die Not wächst, vor allem in den Städten. Viele Dinge, selbst die allergewöhnlichsten, sind nicht mehr zu haben. Es sind aus der Gemeinde bald an die 600 eingezogen. Es fehlt überall an Arbeitskräften.

Gebe Gott den Frieden unter den Völkern in Freiheit und Gerechtigkeit!

05. Januar 1941

Heute konnte der Borromäusverein wieder eröffnen, allerdings nur mit einer beschränkten Anzahl von Büchern, da nur noch katholische Bücher von uns ausgeliehen werden dürfen. Ein Teil der Bücher, die wir bisher ausgeliehen hatten, wurde in einem Schrank auf dem Boden des Pastorates verpackt. Da erscheint eines Tages der Polizeimeister und fragt nach den Büchern, die ausgeschieden waren. Er fand alles in Ordnung - und versiegelte den Schrank, so dass wir nicht mehr daran kommen können. Was wird nun wohl daraus werden?

19. Januar 1941

Heute hielten wir einen Einkehrtag für die Rekruten, die demnächst eingezogen werden. Es nahmen 42 daran teil. Mögen sie vieles von dem, was sie hören mitnehmen in ihre Soldatenzeit!

11. Februar 1941

Heute begruben wir den Soldaten Robert Mühlenbeck von der Dorfheide. Er war in Urlaub aus Belgien hier und saß des Abends vergnügt mit den Seinigen zusammen und erzählte von seinen Erlebnissen, bis ihn plötzlich eine Beklemmung überkam. er legte sich aufs Sofa und war tot. Ein Herzschlag hatte ihn getroffen. Er wurde mit allen militärischen Ehren begraben. Ein Zug Soldaten mit Militärmusik war von Münster gekommen, um am Begräbnis teilzunehmen.

01. März 1941

Das Paulusblatt, unser Kirchenblatt, teilt uns mit, dass wir Geistliche das Kirchenblatt nicht mehr vertreiben dürften, es müssten Laien dafür genommen werden. Also wir Geistliche, die jede Woche die Pfarrnachrichten für das Kirchenblatt schreiben, dürfen es selbst nicht mehr unter den Leuten verteilen! Daraufhin haben wir es zum 1. April aufbestellt.

06. April 1941

Der Hochwürdige Herr Bischof hat in einem Rundschreiben allen Gemeinden emp-fohlen, im Anschloss an den Herz-Jesu-Freitag in dieser ernsten Zeit die ganze Gemeinde an das heiligste Herz-Jesu zu empfehlen. Wir haben vorher ein Triduum zur Vorbereitung gehalten. Ein Kapuzinerpater hat des Abends gepredigt. Am Sonntag haben wir Generalkommunion für die ganze Gemeinde gehalten. Sehr viele haben sich daran beteiligt, klein und groß. Und am Abend haben wir dann in einer feierli-chen Andacht die Weihe vorgenommen. Möge das göttliche Herz nun seine ihm geweihte Gemeinde und alle seine Bewohner in diesen ernsten Kriegszeiten beschützen vor allen Gefahren des Leibes und der Seele!

16. April 1941

Heute trugen wir den verstorbenen Sanitätsrat Dr. Albert Koch zu Grabe. Bald 50 Jahre hat er in der Gemeinde gewirkt, vielen geholfen, viele umsonst behandelt. In den letzten Jahren wurde seine Praxis immer kleiner, da er nicht mehr recht sehen und hören konnte. Eine Augenoparation, der er sich in seinem hohen Alter noch unterzog, hatte ihm nicht viel geholfen.


Sanitätsrat Dr. Albert Koch


06. Mai 1941

Heute erhielt ich ein Schreiben vom Bürgermeister, wonach meine Tätigkeit im Schulbeirat beendet sei. Mit Dank für meine bisherige Tätigkeit wurde ich entlassen. Damit ist der letzte Posten, den ich als Pfarrer in der politischen Gemeinde noch hatte, erledigt. Von meinem Posten als Mitglied des Wohlfahrtsamtes bin ich schon früher enthoben, ohne dass mir Mitteilung gemacht wurde.

10. Mai 1941

Heute erhielten wir die Mitteilung, dass das Paulusblatt zum 1. Juni sein Erscheinen, angeblich wegen Papierknappheit, einstellen müssen. Alle regierungsfreundlichen Artikel haben nichts genützt. Es hat doch aufhören müssen.

11. Mai 1941

Heute hielten wir zum ersten mal Gottesdienst für die hier arbeitenden Zivilpolen. Bisher konnten sie am Gottesdienst in der Kirche teilnehmen, mussten aber einen Platz für sich auf der Orgelempore einnehmen. Die Polizei revidierte die Einhaltung dieses Gebotes. Einige haben doch an der Messe teilgenommen und mussten dafür 5 RM Strafe zahlen. Für die anwesenden Kriegsgefangenen Franzosen dürfen wir nicht Gottesdienst halten, sie sollen ihre eigenen Geistlichen kommen lassen.

16. Mai 1941

Heute liegt ein Schreiben vom Generalvikariat ein, wonach der Schriftenstand in der Kirche aufhören müsse. Auch dieses Mittel, dem Volk religiöses Gut zukommen zu lassen, ist erledigt. Religiöse Zeitschriften sind alle verboten, selbst die früher kath. Zeitungen haben wegen "Papiermangel" aufhören müssen. Nun können die Leute auch diese Kleinschriften, von denen es im Laufe der Zeit eine ganze Anzahl gab, nicht mehr kaufen.

22. Mai 1941

Durch eine Verfügung des Reichskirchenministers ist wegen der Kriegszeit verboten worden, Christi Himmelfahrt und Fronleichnam als Festtag zu begehen. Es darf an diesen Tagen nicht mehr Gottesdienst gehalten werden als an Werktagen. Der Bischof hat im Hinblick darauf alle von der Sonntagsmesse und von knechtlichen Arbeiten dispensiert. Wir haben drei hl. Messen gehalten. Das Hochamt fiel aus. Gearbeitet haben an diesem Tag die Leute nicht.

25. Mai 1941

Heute hielten wir das Seelenamt für den in Brüssel verstorbenen Soldaten Hubert Surmann aus der Osterbauerschaft. Er hatte sich freiwillig zu den Soldaten gemeldet, war zur Flak nach Frankreich gekommen, hatte dort wahrscheinlich die Schwindsucht bekommen und ist dann nach Brüssel ins Lazarett gekommen. Die Eltern haben ihn noch besuchen können.

08. Juni 1941

Heute hielten wir in gewohnter Weise unseren Bekenntnissonntag für die Jugend. Den Verhältnissen nach war die Beteiligung gut. Man merkte aber doch, dass viele junge Leute eingezogen waren.

12. Juni 1941

Zu unserem Leidwesen konnten wir Fronleichnam nur in einfacher Form feiern. Des Morgens waren drei hl. Messen und des Abends feierten wir feierliche Andacht.

22. Juni 1941

Heute, an demselben Tage, an dem auch Napoleon seinen Feldzug 1812 gegen Russland eröffnete, begann der Krieg gegen Russland. Etwa vor 14 Tagen noch hatte der Kreisschulrat in der Parteiversammlung hier vor Ort mit gehobener Stimme erklärt: Wer davon spricht, dass wir einen Krieg mit Russland bekommen, den bringe ich ins Konzentrationslager. Dabei war es überall bekannt, dass an der russischen Grenze überall Truppen in großen Mengen aufgestellt waren. An demselben Tage hielten wir einen Einkehrtag für die kommenden Arbeitsdienstmänner und Rekruten. Der Einkehrtag wurde gehalten von Pater Benninghaus S.J.. Der Tag wurde ihm zum Verhängnis. Er ist angezeigt worden, von wem weiß ich nicht. Es haben auch einige aus Ottmarsbocholt daran teilgenommen und haben während des ganzen Tages bereits Schwierigkeiten gemacht, und haben vor dem Schlussvortrag das Stift (St. Georg) verlassen. Jedenfalls wurde einige Tage später hier angefragt von der geheimen Staatspolizei, wer den Einkehrtag gehalten hätte. Im Stift war vorher nach dem Namen gefragt, angeblich von einem Manne, dessen Neffe den Tag mitgemacht hatte, und sehr davon befriedigt wäre. Er bitte um die Adresse des Paters, damit er mit ihm in Korrespondenz treten könne. An demselben Tage wurde der Pater noch zur geheimen Staatspolizei bestellt und ist nicht wieder gekommen.

01. Juli 1941

Heute begruben wir das 13jährige Schulkind Erika Pelster von der Steinfurterstraße. Es war am zweiten Sonntag vorher mit zwei Freundinnen zum Steinersee nach Hiltrup gegangen, um dort zu Baden. Nur zögernd hatte es sich bereit finden lassen, mitzugehen, weil seine Eltern es nicht erlaubten. Es hat dann des Nachmittags gefragt, ob es mit seinen Freundinnen mit dem Rad spazieren fahren dürfte, und ist schon ganz bald im See ertrunken. Eine von den zwei Begleiterinnen, die auch untergegangen war, wurde gerettet. Es war ein braves Mädchen und hatte noch am Morgen kommuniziert.

06. Juli 1941

In der vergangenen Nacht gab es einen Großangriff mit Flugzeugen auf Münster. Viel Schaden, vor allem in der Nähe des Bahnhofes, wurde angerichtet. Als in der nächtlichen Nacht sich der Angriff verstärkt wiederholte, da packte die Leute die Angst. In den Abendstunden begann eine wahre Völkerwanderung aus Münster, zu Fuß, mit dem Wagen und Auto, mit der Eisenbahn. Den Autos wurde der Brennstoff freigegeben, mit der Bahn konnte man umsonst fahren. Was nur wegkommen konnte, fuhr oder ging des Abends in die Nachbarschaft. Man sagte, dass in einer Nacht noch vielleicht 25.000 Menschen in Münster geblieben wären, alles andere war verängstigt auswandert. Der Schaden war auch groß, an die 50 Tote hatte es gegeben. Wir Ascheberger hatten jede Nacht gegen 400 Flüchtlinge. Man konnte den Feuerschein der Brände von Münster sehen, hörte auch die Flieger und das Explodieren der Bomben, aber Gott sei Dank gab es hier keinen Schaden.

09. Juli 1941

Am 9. Juli sollte auf Haus Steinhorst (Hof Schulze Pellengahr) in der Kapelle Trau-ung der Tochter sein. Ich wurde mit dem Wagen abgeholt und empfangen mit den Worten: Gott Dank, nun haben wir das Brautpaar und den Pastor zusammen, die Gäste und selbst die Köchin, die aus Münster kommen sollte, fehlen. Zwei Wagen , die zur Bahn geschickt waren, um die Gäste zu holen, kamen mit bedeutender Verspätung wieder auf dem Hof gefahren und - es entstieg ein Hochzeitsgast! Doch ist die Trauung weiterhin ohne Schwierigkeiten verlaufen, es gab doch noch ein ganz gutes Mittagessen.

13. Juli 1941

Heute hielt unser Bischof die erste von den drei berühmt gewordenen Predigten in der Lambertuskirche. Anlass war die Aufhebung der Klöster Hiltrup, Sentmaring und Wilkinghege. Diese und vor allem die dritte Predigt über die Ermordung der Irrsinnigen schlugen wie eine Bombe ein. Ich war zur Zeit in Tirol. Bei meiner Ankunft, als man erfuhr, dass ich aus Münster sei, fragte man mich schon nach den Predigten, von denen ich selbst noch nichts wusste. Die Predigten wurden in vielen Tausenden von Exemplaren verbreitet und gingen überall hin an die Front. Selbst aus Norwegen wurden sie wieder nach hierher geschickt. Nach einiger Zeit wurden hier von den Engländern Flugblätter abgeworfen, worin auch die Predigten abgedruckt waren.

17. Juli 1941

Heute hielten wir das Seelenamt für den in Russland gefallenen Joseph Westhues aus der Osterbauerschaft.

18. Juli 1941

Heute war das Seelenamt für den in Russland gefallenen Georg Hövelhans aus der Osterbauerschaft.

19. Juli 1941

Heute war das Seelenamt für den Soldaten der Landesschützen Theodor Surhoff aus der Lütkebauerschaft. Er war als Bahnschutz bei Namur und ist dort zwischen den Gleisen von einem vorbeifahrenden Zug gestreift und getötet worden.

25. Juli 1941

Heute erhielten wir ein Schreiben, wonach es strenge Vorschrift sei, dass, wenn nach 12 Uhr Mitternacht noch Fliegeralarm ist, die hl. Messe erst nach 10 Uhr stattfinden dürften. Merkwürdig! Die Kinder müssen vorher zur Schule, die Beamten zu ihren Büros, die Arbeiter in den Fabriken müssen sogar während Fliegeralarm zum Teil Weiterarbeiten, doch Gottesdienst darf nicht vorher stattfinden. Die Sorge für die Kirchenbesucher geht doch weit! Für uns hat es vorläufig keine praktische Bedeutung, da bei uns kein Fliegeralarm gegeben wird. In Herbern standen eines Sonntagmorgens die Kirchenbesucher vor der geschlossenen Kirchentür und mussten bis 10 Uhr warten.

09. August 1941

Heute liegt ein Schreiben des Kreisleiters der Volkswohlfahrt aus Lüdinghausen ein, wonach zum 1. September die Kindergärten von der NS-Volkswohlfahrt übernommen würden. Er bäte um Verständnis für diese Maßnahme und bitte dann mich, ich möchte ihn einen Termin angeben, für die Übergabeverhandlungen. Ich habe ihm geantwortet, dass mir von einer Übergabe amtlich nichts bekannt sei, darum erübrige es sich, einen Termin festzusetzen. Tatsächlich ist auch aus der Übernahme nichts geworden. Es fehlte ihnen an geschulten Kräften und die Stimmung der Leute erträgt eine solche Maßnahme jetzt im Krieg nicht.

13. August 1941

Heute hielten wir das Seelenamt für den in Russland gefallenen Heinrich Stroh-bücker aus der Osterbauerschaft.

18. August 1941

Heute war das Seelenamt für den in Russland gefallenen Gottfried Schöpper. Sein Vater war im vorigen Krieg gefallen.

09. September 1941

Heute hielten wir das Seelenamt für den in Russland gefallenen Hubert Wobbe aus der Osterbauerschaft.

10. September 1941

Heute war Seelenamt für den in Russland gefallenen Krieger Paul Middendorf von der Dorfheide.

22. September 1941

Heute war Seelenamt für den in Russland gefallenen Bernhard Schepers aus der Osterbauerschaft.

Mit Beginn der Schule nach den Herbstferien schied die gottgläubige Lehrerin Frl. Nolting wieder aus. Gott Dank! Dafür kam Frl. Höhne aus Herbern, die schon früher hier tätig war.

07. Oktober 1941

Heute war Seelenamt für den in Russland gefallenen Karl Falke von der Weststraße (heute: Lüdinghauser-Strasse).

20. Oktober 1941

Heute war das Seelenamt für den in Russland gefallenen Heinrich Westhues, aus der Osterbauerschaft. Es ist der zweite Sohn aus der Familie, der in Russland gefallen ist.

Heute kam der Hochwürdigste Herr Bischof Clemens August zu uns, um hier das Sakrament der Firmung zu spenden.
Es war etwas so herzerquickendes, dass es sich lohnt, die Feier ausführlich zu beschreiben.
22. Oktober 1941

Nachdem in der Nacht noch ein beträchtlicher Sturm getobt hatte mit Regen, der manche Kränze und Girlanden, die natürlich zum größten Teil aus Papier waren, vernichtet hatte, klärte sich das Wetter auf. Pünktlich um 9 Uhr kam das Auto, das ihn aus Werne brachte an der Kirche an. Die Bewohner hatten sich alle Mühe gegeben, die Straßen zu schmücken. Selbst die Anwohner der Herberner Chaussee hatten es sich nicht nehmen lassen, Triumphbögen zu errichten. Natürlich konnte sich der Schmuck nur in den Grenzen halten, die von den Vorschriften gezogen waren. Tannengrün und Papierkränze, aber nur nicht in der Zusammenstellung von weiß und rot oder weiß und gelb! Das sind kirchliche Farben und darum verboten! Der Landjäger und Polizeiwachtmeister waren vorsichtshalber einige Tage vorher bei mir, um alles zu besprechen, damit nichts Vorschriftswidriges passiere. Am Abend vor dem Firmungstag sind sie durch das Dorf rund gefahren mit dem Rad. Ich traf sie an der Kirche. Sie haben festgestellt, dass nichts Gefährliches an Schmuck gemacht sei. Unter den Geleit unserer schönen Glocken zog der Bischof in die reich geschmückte Kirche ein. Der Pfarrer zelebriert die hl. Messe, daran schloss sich die Firmung und Predigt. Viele Erwachsene waren anwesend. Um 1/2 11 Uhr, pünktlich wie vorgesehen, zog der Bischof, voran die Messdiener und die Geistlichen, hinterher der Kirchenvorstand in feierlicher Prozession aus der Kirche zum Pastorat. Die Erwachsenen bildeten auf dem Weg Spalier. Einzelne riefen dem Bischof, nachdem sie sich niedergekniet hatten, um seinen Segen zu empfangen, ein herzliches Heil zu. In dem Pastorat begrüßte sodann der Bischof den Kirchenvorstand. Daran schloss sich ein Frühstück mit den Geistlichen. Um 11 Uhr stand ein Kutschwagen, geführt von Hugo Beuckmann, hinter dem Wagen zwei stattliche Reiter auf feinen Rassepferden, Hubert Freisfeld - Bollermann und Heinrich Silkenbömer, vor dem Pastorat zur Fahrt zu den Schulen, zum Stift und zum Krankenhaus bereit. Das wurde in Wahrheit eine Triumphfahrt! Inzwischen hatte sich - von uns unbemerkt - ein Zwischenfall auf der Straße ereignet. Der Schulrat Grimmelt von Lüdinghausen war gekommen, wahrscheinlich eingeladen vom Schulrektor Meer, der sich allein anscheinend nicht sicher fühlte.

Als er ins Dorf hineinfuhr und den Schmuck sah, behagte ihm das offenbar nicht. Er versuchte, vor dem Pastorat vorbei zur Schule zu fahren, trotzdem alles voll Men-schen stand. Er tutete mit seiner Hupe, hielt seinen Wagen schon ein Stück vorher vorschriftswidrig auf der linken Straßenseite an, sprang heraus und fuhr ganz un-vermittelt den Polizeiwachtmeister an, was das für eine Verkehrsstörung sei. Das Pferd des einen Reiters hatte sich, durch das Signal unruhig geworden, etwas quer gestellt. Er brüllte, so kann man wohl sagen, den armen Polizeimann an: Wacht-meister hierher, schreiben sie sofort die Reiter auf. Er hätte gut vorbeifahren kön-nen, genauso wie vorher ein Lastauto mit Anhänger vorbei gefahren war. Das Volk wurde unruhig. Es fielen schon bissige Bemerkungen gegen den Schulrat. Dann fuhr er ab zur Knabenschule (Knabenschule: Schule an der Albert-Koch-Straße). Ohne von dem Vorfall etwas bemerk zu haben, trat der Bischof mit dem Pfarrer aus der Tür des Pastorates und stiegen in den Wagen. Da rief der Bauer Heinrich Holt-schulte: Unser Bekennerbischof Clemens August - Sieg Heil! Und die ganze ver-sammelte Menge stimmte begeistert ein. Von nun an hatte das Rufen kein Ende. Wir fuhren ab. Bei Forsthoff (Schulte-Strathaus) hatte sich der Kirchenvorstand aufgestellt. Die Mitglieder jubelten dem Bischof zu und schwangen die Zylinder. Die Fahrt ging über den festlich geschmückten Burgwall zur Knabenschule.


Der Hochwürdige Herr Bischof Clemens August Graf von Galen auf der Treppe des Pfarrhauses


Wir hielten auf der Straße. Auch hier hatten sich eine große Anzahl Leute eingefunden, die zunächst still den Segen des Bischofs empfingen. Vom Wagen aus sahen wir schon das Auto des Schulrates vor der Tür der Schule stehen und wussten nun erst, dass er da war. Wir schritten über den Platz, gingen die Treppe hinauf. Da kamen hinter der Tür her der Schulrat und Schulrektor mit einem wütenden Gesicht, aus dem ich schon entnahm, dass etwas nicht in Ordnung war. Der Schulrektor begrüßte als Hausherr in einem Satz den Bischof, beide hoben den Arm zum Gruß. Dann führte der Schulrat den Bischof in die Klasse. Die Tür war noch nicht zugemacht, da hörten wir schon vom Flur her die Stimme des Schulrates: Herunter vom Platz, machen Sie, dass Sie fortkommen. Damit meinte er den Wagen, der auf dem Platz gefahren war und die versammelten Leute. Die Leute wurden erbost. Bemerkungen fielen: Was fällt dem Kerl ein? Ihr Bauern habt den Platz in vielen Fuhren voll Erde gefahren, nun sollt ihr nicht einmal drauf fahren dürfen? Der Schulrat packte sich ein paar Jungens und fragte sie, weshalb sie nicht in der Schule seien. "Wir sind gefirmt, wir haben heute frei", war die Antwort. Es waren Jungens aus der Bauerschaft. Es wurde dem Schulrat ungemütlich. Er rannte in die Schule zurück, klopfte eben an kam herein und rief, während der Bischof bereits unterrichtete, mit erregter lauter Stimme, er wolle einen Jungen haben, der sofort zur Polizei laufen solle, es seien Ruhestörungen vorgekommen. Der Bischof lächelte, kümmerte sich aber nicht und fuhr fort, zu unterrichten. Die Jungens waren wider Erwarten fein auf Draht. Inzwischen war der Schulrat in sein Auto gestiegen und zum Bürgermeisteramt gefahren, wo er durch alle Räume lief, in seiner Erregung unverständliche Worte sprach, so dass man ihn fragen musste, was er denn eigentlich wolle. Er rief wieder nach der Polizei, es sei etwas Unerhörtes, lief davon, setzte sich in sein Auto und fuhr zur Mädchenschule (Mädchenschule: Schule an der Himmelstraße).


Die Mädchenschule an der Himmelstraße - Abbruch 1974 - hier: heute Volksbank Ascheberg


Sein Zorn hatte sich aufs äußerste gesteigert. Unterwegs hielt er wieder an, da er Schulmädchen vorbeilaufen sah. Diese hatten den Bischof zunächst bei der Abfahrt zur Knabenschule begrüßt und eilten nun zur Schule. Er packte sich einige und fragte, weshalb sie an ihm vorbei liefen. Doch die antworteten prompt, sie seien nicht an ihm vorbeigelaufen, sie gingen 1/4 nach 11 Uhr zur Schule, wie sie bestellt seien. Der Schulrat ging in die Schule, sah dort Stühle und einen Sessel stehen und erboste sich mächtig vor den Kindern. "Was soll das? Was sollen die Stühle hier? Trotzdem ihm von der Lehrerin gesagt wurde, das habe die Schulleitung angeordnet, trotzdem bei den Knaben ebenfalls Stühle bereit standen, befahl er, sofort die Stühle hinauszutragen. Dann tobte er noch wegen des Vorbeilaufens der Mädchen und ging hinaus. Bischof und Pfarrer stiegen an der Knabenschule in den Wagen, der nun auf dem Platz vor der Schule hielt. Unter dem Hurra der Leute war der Wagen auf den Platz gefahren, hinter ihm die beiden Reiter. Nun nahm das Heilrufen kein Ende. Es setzte sich auf dem ganzen Weg fort, den wir noch zu fahren hatten. An der Mädchenschule (Himmelstraße) sorgte der Landjäger für Ordnung. Wir fuhren hier ungehindert auf den Schulplatz vor die Schultür. Als wir eintrafen, kam der Schulrat aus dem Hintergrund des Flures. Der Bischof bemerkte sofort: Sind Sie schon wieder da? Und als Begrüßung antwortete der Schulrat: Es ist Opposition vorgekommen, junge Burschen haben mich ausgelacht und verhöhnt, das lasse ich mir nicht gefallen, ich werde einen Bericht machen. Viel konnte man von seinen erregten Worten nicht verstehen. Wir ließen den Schulrat stehen und gingen in das Klassenzimmer. Der Schulrat folgte nicht. Dort empfingen uns die Mädchen mit zweimaligem Heil unserm Bischof! Ohne Wissen der Lehrerin hatten sie untereinander ausgemacht, so den Bischof zu begrüßen. Der Bischof begann seine Katechese. Inzwischen kommt der Schulrat und nach ihm auch der Schulrektor herein. Der Schulrat reißt das Fenster auf, er hatte einige Kinder in einiger Entfernung auf dem Schulplatz stehen sehen, die zuschauten. Er jagte sie mit erregten Worten vom Platz. Dann stellte er sich, den Rücken zum Bischof zugewendet, zum Schulrat ans Fenster und unterhält sich mit ihm ziemlich laut. Die Tatsache, dass er dem Bischof den Rücken zuwandte, ist auch von den Reitern, die draußen hielten, bemerkt worden. Und sein lautes Sprechen während der Katechese, des Bischofs, ist von mir und auch von den Kindern beobachtet worden. Wie unhöflich und unpädagogisch sich der Schulrat benommen hat, geht aus einer Bemerkung hervor, die ein 11jähriges Schulmädchen nachher gemacht hat. Wenn wir zu Hause Besuch bekommen, dann bieten wir ihm einen Stuhl an, und wenn der Bischof zu uns in die Klasse kommt, lässt der Schulrat die Stühle wegbringen. Und wie hat er sich benommen während des Unterrichts des Bischofs! Wie hat er da gestört durch sein lautes Sprechen! Der Schulrat kann von uns noch was lernen und nicht wir von ihm! Wir fuhren dann zum Stift (St. Georg), begleitet von der Jugend und dem beständigen Heilrufen der Kleinen und Großen. Der Polizeiwachtmeister versuchte vergebens, die Jugend zu bändigen. Im Stift, das schön geschmückt war, begrüßten ihn die Schwestern und Hausbewohner. Der Bischof besuchte dann die Kapelle und die Klausur der Schwestern. Auf der Weiterfahrt fuhr dann auch der Bischöfliche Kaplan und Kaplan Westmattelmann mit zum Krankenhaus (Altenheim St. Lambertus, Abbruch 1992). Die Menschen, groß und klein, vor allem auch der 8. Jahrgang der Schule, empfingen immer von neuem Bischöflichen Segen und jubelten ihm zu. Im Krankenhaus begrüßten ihn 2 Mädchen mit einem Gedicht. Dann firmte der Hochwürdige Herr drei kranke Kinder und ging dann zu den Schwestern in die Klausur. Nach einiger Zeit fuhren wir dann über die Biete, die Dieningstraße, die alle tüchtig geschmückt hatten, zurück zum Pastorat. Die Bultenstraße berührte der Bischof nicht. Sie war damit nicht ganz zufrieden. Sie hatte am Ausgang zur Biete ein Schild gemacht: Die Bultenstraße abgelegen, bittet auch um Bischöflichen Segen. Je näher wir zum Pastorat kamen, desto zahlreicher wurde die Menge. An dem Pastorat stand vor allem die Schuljugend. Um die Wette riefen sie dem Bischof ihr Heil zu, bis die Tür des Pastorates hinter dem Bischof geschlossen war. Nach dem Mittagessen mit den Geistlichen und einer kurzen Ruhepause fuhren wir dann um 3 Uhr (15 Uhr) nach Davensberg. Die Jugend war wieder da. Sie stimmte wieder ihr "Heil unserm Bischof" an, und begleitete den Wagen über die Sandstraße zur Chaussee (Davensberger Straße) nach Davensberg. Ob wir im Schritt oder Trab fuhren, sie blieb beim Wagen. Eine Dankandacht für die Firmlinge schloss diesen Tag. Alles in allem - es war ein Tag, der das Glaubensleben mächtig gestärkt hat. Nicht zuletzt durch das empörende Verhalten des Schulrates, kam die helle Begeisterung für den Bischof bei Groß und Klein zum Durchbruch. Und wenn wir auch drei Tage nachsitzen müssen, sagte ein Junge im 4. Schuljahr, es schadet nichts, wir bleiben dabei und rufen immer nur Heil! Der Schulrat hat viel nationalsozialistisches Porzellan in Ascheberg kaputt geschlagen. Gebe Gott, dass die Glaubensbegeisterung bei allen Pfarrangehörigen anhält und sie auch weiterhin mutig ihren Glauben bekennen.

24. Oktober 1941

Wir erhielten heute die Nachricht, dass der Kriegsbeitrag, der uns zu Beginn des Krieges auferlegt worden war und den wir monatlich zahlen mussten, zurückgezahlt werden soll. Anscheinend sollen die Kirchen sich nach dem Krieg nicht rühmen können, dass auch sie ihren Beitrag zum Krieg geleistet hätten.

30. Oktober 1941

Heute hielten wir das Seelenamt für den in Russland gefallenen Aloys Rüller vom alten Feld. Er ist der erste Familienvater aus Ascheberg.

02. November 1941

Heute ist Allerseelen. Wir hielten ein Seelenamt für den in Russland gefallenen Aloys Evelt von der Bultenstraße.

Eine große Überraschung
16. November 1941

Unser Rektor, der vor einem Jahr freigestellt war, erhielt ganz gegen alle Erwartung seine Einberufung zum Militär. Er musste sich in Coesfeld stellen und kam von da nach Essen-Kupferdreh und von da schon ganz bald nach Arras in Frankreich. Er ist Lungenkrank. Hat schon eine Pneumothorax gehabt und ist deswegen nur garnisonsdienstfähig und ist dort auf der Schreibstube beschäftigt.

24. November 1941

Heute hielten wir das Seelenamt für den in Russland gefallenen Hubert Reckel von der Dorfheide

02. Dezember 1941

Heute war Seelenamt für den in Russland gefallenen Josef Schneider aus der Westerbauerschaft. Er ist der erste aus der Bauerschaft. Bisher hat fast nur die Osterbauerschaft zu leiden gehabt.

04. Dezember 1941

Heute war Seelenamt für den in Russland gefallenen Krieger Robert Klaverkamp von der Steinfurter Straße.

06. Dezember 1941

Heute begruben wir den Soldaten Theodor Strohbücker. Er ist der zweite aus der Familie. Er war schwer erkrankt zum Venusberg nach Bonn gekommen und ist dort mit den Sakramenten versehen unter Schwesternpflege eines schönen Todes ge-storben. Das Militär war vertreten durch einen Zug Soldaten und Musik.

Wir feiern heute das Fest Mariens unbefleckte Empfängnis
08. Dezember 1941

Das heißt, wir dürfen es in der Kriegszeit nicht mehr feiern. Das Verbot kam schon für das Fest Allerheiligen heraus, doch kam es zu spät. Nun ist es von neuem streng verboten. Es darf an Gottesdienst nicht mehr gehalten werden wie an Werktagen. Allerdings ist gestattet, des Abends nach 7 Uhr größere Feierlichkeiten aufzu-wenden. Daraufhin hat der Bischof in einem besonderen Erlass erlaubt, an diesen verbotenen Festtagen des Abends noch, spätestens um 1/2 8 Uhr, eine hl. Messe zu lesen, worin auch die Gläubigen kommunizieren können. Während die umliegenden Gemeinden die Abendmesse gehalten haben, haben wir es nicht getan. Ich hatte eine Reihe vernünftiger Männer danach gefragt, was sie davon hielten. Sie waren nicht dafür. Deshalb haben wir eine Abendandacht mit Festpredigt gehalten, die ganz gut, aber nicht übermäßig stark besucht war.

17. Dezember 1941

Heute hielten wir das Seelenamt für den gefallenen Krieger Anton Haverkamp aus der Westerbauerschaft.

Heute, am Hochheiligen Weihnachtsfest, hatten wir sehr viel Arbeit.
25. Dezember 1941

Eine Aushilfe, wie in früheren Jahren, war nicht zu bekommen, und wir waren nur zu Zweien. Deshalb haben wir schon zwei Tage vorher Beichte gehört, des Morgens und des Nachmittags, und so konnte am Weihnachtsmorgen der eine die hl. Messe lesen und der andere während der ganzen Zeit Kommunion austeilen. Ein feierliches Levitenamt (mit drei Priestern) haben wir doch noch gelesen, da wir dazu Hilfe von einem Seminaristen Mühlen, der bis vor kurzem im Stift zur Erholung gewohnt hatte und nun Soldat in Münster war, bekommen hatten. Die Vesper musste ohne Leviten gehalten werden. Am zweiten Tag war noch eine Messe für die Polen im Stift, (Polen: Kriegsgefangene und Fremdarbeiter) in der diese Generalabsolution erhielten und die hl. Kommunion empfingen. Sie war gut besucht. Gott Dank erhielten wir Hilfe von Pastor Börger. So brauchte keiner zu trinieren (trinieren: drei hl. Messen an einem Tag lesen) und der eine konnte noch in der Messe um 1/2 9 Uhr die ganze Zeit Kommunion austeilen, was sonst unmöglich gewesen wäre.

1942



Wieder beginnt ein neues Jahr im Krieg
01. Januar 1942

Das vergangene Jahr ist nicht ein Jahr des Sieges geworden. Im Gegenteil, der Krieg scheint noch große Opfer von uns zu fordern. Die Zahl der Gefallenen wächst stark an. Mit Davensberg zusammen zähle ich 23 Tote und Gefallene im vergangenen Jahr. Die Zahl der Taufen ist auf 66 zurückgegangen, ebenso die Zahl der Hei-raten auf 18. Es sind im vergangenen Jahr auch wieder zwei aus der Kirche ausge-treten, doch sind beide hier fremd. Die Zahl der Kommunionen ist auch auf 71.000 zurückgegangen. Alles in allem, der Krieg wirkt sich allmählich nach der schlimmen Seite aus! Darum konnte ich auch in meinem Jahresbericht nicht viel Fortschritt im Guten bekannt geben.

06. Januar 1942

Heute feiern wir das Fest der Erscheinung des Herrn, d.h. wir dürfen es nicht in der gewohnten Weise feiern. Es soll wie an Werktagen gehalten werden. Es ist uns zwar erlaubt, des Abends nach 7 Uhr eine hl. Messe zu lesen, doch haben wir es vorgezogen, eine Andacht mit Predigt zu halten. Der Winter macht sich sehr bemerkbar. 25-27 Grad Kälte kommen vor. Darum ist es auch in der ungeheizten Kirche recht ungemütlich. Aber das ist alles noch nichts gegenüber der Kälte, die in Russland unsere armen Soldaten zu ertragen haben, die vielfach ohne Winterausrüstung bis zu 50 Grad ertragen müssen. Viele kommen darum auch mit erfrorenen Gliedern in die Heimat zurück.

08. Januar 1942

Heut hielten wir das Seelenamt für den gefallenen Heinrich Ernst vom Burgwall. Er ist in Russland gefallen.

13. Januar 1942

Heute haben wir unseren Küster Wilhelm Niemann zu Grabe getragen. Er folgte seinem Vater, der 1917 starb, in diesem Amt. Doch konnte er es erst antreten, als er aus dem vorigen Krieg heimkam.

20. Januar 1942

Heute begruben wir den Krieger Heinrich Börger aus Davensberg. Man hatte ihm in Posen ein Bein abgenommen, er ist darauf an Herzschwäche gestorben. Er war der Neffe des 8 Tage früher begrabenen Küsters.

02. Februar 1942

Heute hielten wir das Seelenamt für den gefallenen Krieger Alfons Tönies aus der Westerbauerschaft.

07. Februar 1942

Heute begruben wir den Krieger Heinrich Kemmerling vom alten Feld. Ihm war in Kaiserslautern ein Bein amputiert. Die Leiche wurde nach hier überführt.

21. Februar 1942

Heute musste unser Kaplan zur Musterung nach Lüdinghausen. Er ist vom Jahrgang 1897. Im vorigen Krieg war er schon vom Soldat werden verschont geblieben. Hoffentlich geht es jetzt auch wieder so.

22. Februar 1942

Am heutigen Tage erschienen die Leute, welche unsere schönen Glocken (siehe auch Teil 3) abnehmen wollen. Es waren 10 Mann. Der Führer der Kolonne brachte eine Bescheinigung vom Landrat mit, wonach wir alle Glocken, die im Turm hängen, abgeben müssten.


Die neuen Glocken mit Pfarrer Joseph Degener

Die kleine vom Krankenhaus sollten wir behalten, diese sollte im Turm aufgehangen werden. Ich war nicht wenig über diese Anordnung erstaunt. Denn bisher hieß es immer, dass die kleinste im Turm vorhandene Glocke erhalten blieb. Ich habe sofort den Landrat angerufen, der mich sofort mit seinem Dezernaten verband, und habe diesem klar gemacht, dass dies eine ganz unmögliche Lösung sei. Denn die Glocke vom Krankenhaus würde man, wenn sie im Turm aufgehängt wäre, unten kaum hören können, sie sei nicht läutefähig. Der Dezernat ging Gott Dank, darauf ein, und gestattete und die kleinste, die Hugo - Glocke, (Hugo-Glocke: Nach dem Stifter Hugo Schulze Hobbeling benannt.) zu behalten. Damit wird auch das Andenken des Stifters der nunmehr eingezogenen Glocken erhalten. Auch die Glocke in Davensberg muss verschwinden, da die neueste Bestimmung laute, dass in jeder Pfarrgemeinde nur eine Glocke verbleiben dürfe. Ob die Filialgemeinde fast selbständig ist und 4km entfernt liegt, darum kümmert man sich nicht. Wir haben am Sonntag vorher noch einmal tüchtig mit unseren Glocken geläutet und haben Abschied von unserem schönen Geläut genommen. Die Leute waren recht traurig gestimmt. Denn alle sind der Überzeugung, dass wir sie nie wieder bekommen werden. Man hat ein Fenster von den Schallöchern ganz ausgebrochen und durch diese Öffnung wurden die Glocken an einem Flaschenzug heruntergelassen. Es war noch ziemlich kaltes Wetter, und der Schnee lag noch in den Straßen. So standen die Glocken nach und nach im Schnee vor der Kirchentür. Auf einem Lastkraftwagen wurden sie dann nach Lünen gefahren, um dort bald eingeschmolzen zu werden. Es heißt zwar, dass die alten Glocken noch zunächst erhalten bleiben sollen, doch werden auch sie wie die anderen Glocken verschwinden. Am 28. Februar wurde die letzte, die größte Glocke heruntergelassen. Sie stand den Sonntag über vor der Kirchentür, so dass alle Leute sie noch einmal bewundern konnten. Alle waren traurig, dass unser schönes Geläut zu Ende ging. Die Kinder belustigten sich noch einmal damit, dass sie mit Stöcken und Steinen auf die Glocke zuschlugen, um sie noch einmal zum Tönen zu bringen. Es kam nur ein armer klagender Laut heraus! Am 3. März ist die Kolonne wieder abgezogen, ohne die angerichteten Schäden repariert zu haben! Es wurde uns versichert, nach dem Kriege sollten wir entsprechend entschädigt werden. Ob es aber dazu kommt?

23. Februar 1942

Heute haben wir unseren Kirchenschweizer, Heinrich Lepper vom alten Feld zu Grabe getragen. Er hat bald 30 Jahre diese Amt mit Gewissenhaftigkeit versehen und war auch nicht wenig stolz auf seinen Posten.

28. Februar 1942

Heute lief der Termin ab, an dem wir eine umfangreiche Vermögensstatistik sämtli-cher kirchlicher Besitzungen einreichen mussten, dazu eine Statistik über Einnahmen und Ausgaben. Das ist dann die Unterlage für eine demnächstige Vermögens-abgabe. Das ist zwar nicht gesagt, wird aber wohl so kommen.

06. März 1942

Die Kälte, die in diesem Jahr sehr angehalten hat, und sich auf allen Gebieten furchtbar ausgewirkt hat, hat nunmehr von neuem eingesetzt. Wir verzeichneten heute 10 Grad Kälte!

11. März 1942

In der Nacht vom 10. zum 11. März fiel eine einzelne Bombe bei Bernsmann, Nordbauerschaft, gut 50 m vom Haus in den Boden und hat glücklicherweise kaum Schaden angerichtet. Wohl wurde Schnee und Eis und Lehm in der Runde weit verstreut.

14. März 1942

Heute hielten wir das Seelenamt für den gefallenen Krieger Wilhelm Schöpper aus der Nordbauerschaft (Schöpper: an der Lüdinghauser-Strasse). Es ist dies der zweite Sohn, der in diesem Krieg gefallen ist.

16. März 1942

Heute hielten wir das Seelenamt für den gefallenen Krieger Heinrich Beuckmann aus der Osterbauerschaft. Zwei Brüder sind im vorigen Krieg gefallen, er ist der Dritte, den die Mutter im Krieg verliert!

26. März 1942

Wieder mussten wir für einen gefallenen Krieger aus der Osterbauerschaft ein See-lenamt halten. Es ist für Theodor Trahe.

Heute hielten wir die kirchliche Entlassfeier der Kinder
29. März 1942

Am 22. März waren sie bereits in einer Feier bei Klaverkamp aus der Schule entlas-sen. Sie hatten nun schulfrei. Doch sind alle zu den Vorträgen zur Vorbereitung der Schulentlassung gekommen. Auch am heutigen Morgen nahmen alle an der Feier und der gemeinschaftlichen hl. Kommunion teil.

Heute hielten wir die Feier der Erstkommunion der Kinder
12. April 1942

Vom Vereinshaus (Pfarrheim) holten wir sie ab. Diesmal ohne das Geläut der Glocken. Es war ein stiller Zug zur Kirche. Bei solchen Gelegenheiten empfindet man, was man an den Glocken verloren hat.

Heute ist etwas geschehen, was in Ascheberg noch nicht vorgekommen ist
28. April 1942

Eine alte Frau aus Münster, die im Krankenhaus gestorben ist, evangelisch und zwar recht gläubig und fromm, hat sich verbrennen lassen. Heute wurde ihre Leiche nach Dortmund zum Verbrennen abgeholt.

02. Mai 1942

Heute hielten wir das Seelenamt für den gefallenen Krieger Theodor Kreienkamp. Er Stammt aus Nordkirchen, hat sich hier verheiratet, hat aber nur wenige Wochen hier gewohnt.

04. Mai 1942

Heute war wieder Seelenamt für einen gefallenen Krieger, es war Heinrich Klaverkamp vom alten Feld.

10. Mai 1942

Heute ist Bekenntnissonntag für die gesamte Jugend. Der Dreifaltigkeitssonntag, der sonst dazu benutzt wurde, durfte in diesem Jahr nicht dazu genommen werden, weil für diesen Tag Reichssportkämpfe angesetzt waren! Wir haben in gewohnter Weise des Morgens Generalkommunion gehalten. Des Nachmittags war Bekenntnisstunde mit Predigt. Die Beteiligung lässt langsam nach, das Neue der Bekenntnisstunde ist vorbei, dazu sind natürlich viele Jungmänner Soldat!

Heute ist Fronleichnamsfest
04. Juni 1942

Es ist so still, keine Prozession und keine geschmückten Straßen, kein feierliches Glockengeläut. Es soll Werktag sein, und doch ist kein Arbeitstag. Die Arbeit ruht, am Morgen sind viele Menschen in der Kirche und gehen zur hl. Kommunion. Am Abend halten wir eine feierliche Fronleichnamsandacht mit Predigt über Christus im Sakrament. So haben wir den Heiland im Sakrament gedankt für die Liebe, mit der er unter uns weilt.

27. Juni 1942

Heute war Seelenamt für den gefallenen Krieger Richard Tönies aus der Westerbauerschaft.

29. Juni 1942

Am heutigen Fest der Apostelfürsten Petrus und Paulus ist uns wieder verboten, mehr zu tun als an Werktagen. Wir haben des Abends eine Festandacht mit Predigt gehalten.Am heutigen Fest der Apostelfürsten Petrus und Paulus ist uns wieder verboten, mehr zu tun als an Werktagen. Wir haben des Abends eine Festandacht mit Predigt gehalten.

06. Juli 1942

Heute war Seelenamt für den gefallenen Krieger Hubert Kampmann von der Dorf-heide. Er war der einzige Sohn seiner Eltern.

14. Juli 1942

Heute war Seelenamt für den gefallenen Krieger Bernhard Hölling von der Bulten-straße. Er ist in Afrika gefallen.

29. Juli 1942

Heute war Seelenamt für den Matrosen Paul Bücker von der Dorfheide. Er war auf einem Minenboot und ist dabei getötet und in Frankreich begraben.

06. August 1942

Heute hielten wir ein Seelenamt für Franz Rüller von der Lohstraße (heute: Albert-Koch-Straße). Die Mutter ist Witwe, und er war der älteste Sohn.

11. August 1942

Heute war Seelenamt für den gefallenen Krieger Bernhard Merten aus der Nordbauerschaft. Er war Vater von drei Kindern.

28. August 1942

In der Nacht vom 27. auf den 28. August sind mehrere Bomben in der Osterbauer-schaft gefallen ohne Schaden anzurichten. Es gab einige große Löcher und ein Blindgänger, der nachher gesprengt wurde. Allerdings hat es doch einigen Schaden gegeben. Der Soldat Schulte aus der Osterbauerschaft, der in Urlaub war, war mit seinem Vater draußen vor dem Haus, um sich das Schauspiel der Scheinwerfer und Leuchtkugeln anzusehen. Die Flak in Münster war mächtig am schießen. Er rief seinem Vater zu, in Deckung zu gehen, als er Sausen in der Luft hörte, aber dennoch wurde er von einem Granatsplitter in der Seite ziemlich heftig getroffen. Er kam ins Krankenhaus, wurde denn nach Münster ins Militärlazarett abgeholt.

07. September 1942

Heute war Seelenamt für den gefallenen Krieger Bernhard Hövelhans von der Steinfurter Straße. Er war der zweite im Krieg gefallene Sohn.

14. September 1942

Heute war Seelenamt für den gefallenen Krieger Walter Brox von der Mühlenflut.

19. September 1942

Heute war Seelenamt für den gefallenen Krieger Bernhard Hagemann aus der Westerbauerschaft.

15. Oktober 1942

Heute war Seelenamt für den gefallenen Krieger Kasper Rohlmann von der Weststraße (Weststraße = Lüdinghauser-Strasse). Der Ortsgruppenleiter der Partei, der die Nachricht aus dem Felde bekommt, wenn einer gefallen ist, hat die ihm nicht sehr angenehme Aufgabe, der Familie die Todesnachricht zu überbringen. Er ist diesmal bei dem Vater schlecht angekommen, denn er hat ihn in seiner Erregung vom Hof heruntergetrieben.

18. Oktober 1942

Heute ist Pfarrer i.R. Anton Börger aus Ascheberg weggezogen. Er konnte in Drensteinfurt eine schöne Wohnung vom verstorbenen Vikar bekommen und ist deshalb dorthin verzogen. Doch haben wir Aussicht, einen anderen im Ruhestand lebenden Geistlichen wieder zu bekommen.

19. Oktober 1942

Heute hielten wir einen Einkehrtag für die Rekruten und die, welche zum Arbeitsdienst eingezogen werden. Ein Franziskanerpater aus Münster hielt die Vorträge. Doch durfte der Einkehrtag nur bis 1 Uhr (13 Uhr) gehalten werden, weil sonst, so heißt es in der Verfügung der Gestapo, die Nervenkraft des Volkes zu sehr in Anspruch genommen wird.

21. - 23. Oktober 1942

An diesen drei Tagen waren Vorträge für die Jungfrauen. Sie wurden gehalten vom Bezirkspräses, Kaplan Teeke aus Werne.

23. Oktober 1942

Heute hielten wir Seelenamt für den gefallenen Krieger Anton Richter von der Dieningstraße.

29. Oktober 1942

Heute war Seelenamt für Hermann Diekmann aus der Osterbauerschaft. Er war in Russland gefallen.

01. November 1942

Am heutigen Allerheiligenfest haben wir Gottesdienst gehalten wie an Sonntagen. Denn dieser Tag war in dem Verbot nicht genannt worden. Des Nachmittags war Prozession zu den Gräbern unserer Angehörigen.

08. Dezember 1942

Heute ist das Fest der Immaculata. Da es vom Bischof befohlen war, hielten wir heute zum ersten Mal in Ascheberg eine Abendmesse und zwar ein feierliches Hochamt. Die Leute waren doch etwas erstaunt, dass sie des Abends eine Messe hören konnten. Von der Möglichkeit zu kommunizieren haben nur wenige Gebrauch gemacht.

10. Dezember 1942

Heute war Seelenamt für den gefallenen Krieger Aloys Klaverkamp aus der Westerbauerschaft.

16. Dezember 1942

Heute war Seelenamt für den gefallenen Krieger Theodor Thyring aus der Nordbauerschaft.

25. Dezember 1942

Diesmal sind wir zu Weihnachten nur zu Zweien und ohne Aushilfe. Wir haben in der Woche vorher jeden Morgen Beichte gehört, die Kinder wurden zum Beichten auf den Tag vorher bestellt, und so sind wir einigermaßen durchgekommen.

1943



01. Januar 1943

In meinem Jahresbericht konnte ich feststellen, dass die Taufen im vergangenen Jahr sich gehalten haben, nämlich 18 auf Tausend. Es waren 66 Taufen zu verzeichnen. Allerdings haben wir mehrere Kinder getauft, und zwar Kinder von Leuten, die in den Bomben bedrohten Gegenden wohnen. Kirchenaustritte gab es im verflossenen Jahr keine. Gestorben sind 32, dazu kommen 28 im Krieg gefallene. Geheiratet haben 23 Paare. Die Zahl der Kommunionen betrug 77.000. Sie hat sich gegenüber dem Vorjahr um 6.000 vermehrt. Gewiss ein gutes Zeichen, wo doch mindestens 600 aus der Gemeinde als Soldat draußen stehen. Es wird doch viel für sie gebetet.

06. Januar 1943

Heute am Dreikönigsfest hielten wir des Abends um 1/2 8 Uhr ein feierliches Hochamt.

07. Januar 1943

Heute war ein Seelenamt für den gefallenen Krieger Bernhard Angsmann von der Dorfheide.

11. Januar 1943

Heute trugen wir die beiden Geschwister Elisabeth und Anna Pennekamp zu Grabe. Elisabeth war lange erste Lehrerin an der Mädchenschule, (Mädchenschule = heute Volksbank) viele Mädchen aus der Gemeinde verdanken ihr die Ausbildung. Anna führte ihr den Haushalt. Sie haben treu zusammengehalten und sind kurz nacheinander gestorben, so dass wir sie beide zusammen auch begraben konnten.

13. Januar 1943

Heute war ein Seelenamt für den gefallenen Krieger Hubert Knappmöller aus der Lütkebauerschaft. Er ist der zweite Sohn, der aus der Familie gefallen ist.

16. Januar 1943

Heute war ein Seelenamt für den gefallenen Krieger Anton Frenking aus dem Breil. Er war verheiratet und Vater von zwei Kindern.

26. Januar 1943

Heute war ein Seelenamt für den gefallenen Krieger Karl Niesmann. Er war auch verheiratet und Vater von zwei Kindern.

03. Februar 1943

Heute war ein Seelenamt für den gefallenen Krieger Bernhard Platvoet von der Weststraße (Weststraße = Lüdinghauser-Strasse).

12. Februar 1943

Heute war ein Seelenamt für den gefallenen Krieger Anton Kleyboldt von der Steinfurterstraße. Ebenfalls Vater von zwei Kindern.

18. Februar 1943

Heute war ein Seelenamt für den gefallenen Krieger Heinrich Prior aus der Oster-bauerschaft. Er war mit einer Lüttecke verheiratet. Sein Schwager war der erste, der in diesem Krieg aus Ascheberg gefallen ist.

05. März 1943

Heute war ein Seelenamt für den gefallenen Krieger Hubert Klaverkamp vom alten Feld. Er ist der zweite Sohn aus der Familie, der gefallen ist. Er war verheiratet und Vater von zwei Kindern.

11. März 1943

Heute war ein Seelenamt für den gefallenen Krieger Heinrich Heubrock aus der Osterbauerschaft.

27. März 1943

Heute war ein Seelenamt für den gefallenen Krieger Wilhelm Schröer aus der Osterbauerschaft.

30. März 1943

Heute war ein Seelenamt für den gefallenen Krieger Bernhard Knappmöller aus der Lütkebauerschaft. Er ist der dritte Sohn aus der Familie. Die Zahl der gefallenen Krieger ist im ersten Vierteljahr täglich gewachsen.

16. April 1943

Heute war Seelenamt für den gefallenen Hans Meer von der Dieningstraße. Er war der Sohn unseres Schulrektors und Ortsgruppenleiter. Er war in Lötzen in Ostpreußen im Lazarett gestorben. Der Vater konnte die Leiche seines Sohnes herüberho-len lassen. Doch kam er dann in Schwierigkeiten wegen des kirchlichen Begräbnisses, wenn er am Grabe die Vertreter der Partei stehen lassen musste, um am Hoch-amt für seinen Sohn teilzunehmen. Darum blieb die Leiche drüben.

Heute ist Ostern
25. April 1943

Wir beginnen die Ucht wegen der vielen nächtlichen Fliegerbesuche nicht wie sonst um 4 Uhr, sondern erst um 1/2 6 Uhr.

28. April 1943

Heute war ein Seelenamt für den gefallenen Krieger Georg Silkenbömer aus der Osterbauerschaft. Der Bruder ist in Stalingrad geblieben. Ob er noch am Leben ist, wird wohl bis Ende des Krieges unbekannt bleiben.

Heute ist Erstkommunion
02. Mai 1943

Die Feier verlief ruhig. Die Kinder wurden vom Vereinshaus abgeholt und im Stift wurde noch gemeinsam Kaffee getrunken.

In der vergangenen Nacht war großer Fliegerangriff auf Dortmund
24. Mai 1943

Wir haben ihn vom Fenster aus beobachtet. Leider haben wir auch dabei von unse-ren Dorstfelder Häusern (Eigentum der Pfarre zu Ascheberg) zwei ganz und das dritte zum Teil verloren.

26. Mai 1943

In der vergangenen Nacht wurde in Ascheberg zum ersten Mal Fliegeralarm gemacht, und zwar zieht einer mit dem Horn der Feuerwehr durch die Straßen. Trotzdem ich das Fenster des Schlafzimmers weit geöffnet hatte, habe ich nichts davon gehört. Der Alarm ist auch meines Erachtens zwecklos. Denn die Leute kümmern sich doch nicht darum. Bombensichere Bunker haben wir nicht, und die meisten Keller, in die die Leute gehen können, sind schlecht und bieten keinen Schutz.

In dieser Nacht war Fliegeralarm
30. Mai 1943

Wir haben am Morgen doch zur gewohnten Zeit hl. Messe gelesen, da wir diese Me-thode mit dem Feuerwehrhorn nicht als Alarm ansprechen können, da die meisten Leute, zumal in der Bauerschaft, doch nichts davon hören. Heute war eine Kollekte für den Bonifatiusverein, nicht etwa ein eigener Bonifatiustag. Er brachte die Summe von 1.500 RM. Ein Beweis, nicht nur, dass die Leute für diesen Zweck gern geben, sondern auch dafür, wie lose das Geld in den Taschen sitzt, da man sich für das Geld doch nichts kaufen kann.

01. Juni 1943

Heute wurde Elisabeth Roberg von Davensberg begraben. Trotzdem das Mädchen im Krankenhaus von Werne mit den Sterbesakramenten versehen war, verweigerte der Vater das kirchliche Begräbnis. Dafür trat die Partei nicht nur aus Ascheberg und Davensberg, sondern sogar von der Zentrale in Lüdinghausen an. Der Schulrat Grimmelt hielt die Leichenrede. Der Vater ist danach aus der Kirche ausgetreten.

03. Juni 1943

Heute am Christi Himmelfahrt hielten wir am Abend ein feierliches Hochamt. Wie wir nachträglich erfahren haben, war es verboten. An den abgesetzten Feiertagen darf nicht mehr getan werden, wie an Werktagen.

20. Juni 1943

Heute ist Bekenntnissonntag für die gesamte Pfarrjugend. Die Beteiligung lässt nach. Der Bekenntnissonntag kommt jedes Jahr wieder, und ist darum schon etwas Gewöhnliches geworden, und es sind so viele als Soldat draußen.

Heute ist Fronleichnam
24. Juni 1943

Immer noch dürfen wir nicht Prozession halten! Und doch hätten wir das Beten nötig! Des Abends haben wir eine stille hl. Messe gehalten.

In der vergangenen Nacht war es etwas ungemütlich in Ascheberg
26. Juni 1943

Die Bewohner des Pastorates sind nach langer Zeit mal wieder einmal im Keller gewesen, es kreisten mehreren Fliege über Ascheberg und haben bei Willermann in der Westerbauerschaft vier Sprengbomben und ein Lufttorpedo geworfen, dazu un-gezählte Brandbomben. Die Verwüstung war groß. Alle Dächer abgedeckt, Fenster und Türen des Wohnhauses fast alle eingedrückt, dazu verschiedene Risse in den Wänden. Die Leute saßen in einem Erdbunker, etwa 20-30 m von der Luftmine ent-fernt. Ihnen ist, Gott Dank, nichts passiert.

29. Juni 1943

Am heutigen Fest der Apostel Petrus und Paulus haben wir keine Abendmesse gehalten. Es hieß, dass sei verboten. Doch wie man nachträglich hörte, sind in Münster in den Kirchen die hl. Messen gehalten worden.

29. August 1943

Heute wurde Vikar Köddewig von Davensberg als Pfarrer von Capelle eingeführt. Er freute sich sehr, dass er endlich Pfarrer geworden war. An seine Stelle tritt Vikar Jo-sef Teeke, bisher Kaplan in Werne.

Heute konnten wir in der Kirche eine erfreuliche Nachricht bekannt geben
12. September 1943

Es ist uns vom Landrat ein Schreiben zugegangen, wonach uns erlaubt ist, auch nach Fliegeralarm vor 10 Uhr stille hl. Messe, sowie Seelenmessen zu halten. Dabei müssen die Gläubigen durch die Seitentür hereingelassen werden! Wunderbar! In Münster bleibt es verboten, trotzdem dieses Schreiben der dortigen geheimen Staatspolizei vorgelegt wurde.

20. September 1943

Heute ist in Ascheberg ein grässlicher Mord passiert, wie er bisher wohl noch nicht vorgekommen ist. Der Bauer Theodor Beuckmann, der sich bei Dabbelt in der Wes-terbauerschaft eingeheiratet hatte, ging des Abends gegen 6 Uhr auf die Jagd, um noch ein Kaninchen zu schießen. Davon ist er nicht wieder gekommen. Man hat des Abends noch und am anderen Morgen nach ihm gesucht und ihn gegen Mittag gefunden. Er hatte Stich- und Schnittwunden und ist nach Kampf zu Tode gekom-men. Er war ein überaus braver Mann, so dass die Teilnahme groß war. Als Täter kommen mit ziemlicher Sicherheit wandernde Kriegsgefangene in Frage, die dort gelagert hatten. Weil er sein Gewehr bei sich hatte, werden sie ihn als ihren Feind betrachtet haben, der sie wieder einfangen wollte und haben ihn so überwältigt. Von den Tätern fehlt jede Spur.

Heute kam eine betrübende Nachricht
26. September 1943

Der große Saal unseres Vereinshauses (Pfarrheim) und ein Zimmer, in dem wir unseren Religionsunterricht geben, ist zu Gunsten der Reichsbahn beschlagnahmt. Diese will darin die Druckerei von der Direktion in Münster wegen Fliegergefahr verlegen. Es waren bereits zwei Beamte der Reichsbahn da, die sich die Räumlichkeiten angesehen haben. Nun kam die Beschlagnahme durch den Landrat. Ich habe mich dagegen gewandt, dass es eine Unmöglichkeit sei, neben dem Kindergarten eine Druckerei mit dem ständigen Geräusch der Maschinen anzulegen. Dazu sei der Raum ungeeignet, weil der Eingang nur durch den Kindergarten geht. Der Fußboden hält die Last der Maschinen nicht aus, es müssen neue Fundamente gelegt werden. Und man nimmt uns den Raum für unseren Religionsunterricht. Ich bin auch zur Bischöflichen Behörde gewesen. Damit sie bei der Regierung vorstellig werde. Hoffentlich gelingt es, den Saal wieder frei zu bekommen.

10. Oktober 1943

Heute Nachmittag, ich sang gerade nach der Christenlehre das Tantum ergo zum Segen, ging die Sirene. Wir haben unsere Andacht zu Ende gehalten. Als wir nach draußen kamen, sahen wir verschiedene Schwärme amerikanischer Bomber vorbei-ziehen. Sie zogen nach Münster und haben da große Verwüstung angerichtet. Der Dom, Martini, Lamberti, Clemens, Überwasser, Antonius sind zum Teil schwer be-schädigt. Wir ahnten nicht, dass es so schlimm geworden war. Erst des Abends, als Leute von Münster zurückkamen, erfuhren wir von der Größe des Angriffes.

Unser Einspruch gegen die Beschlagnahme des Saales hat doch Nutzen gehabt
19. Oktober 1943

Die Reichsbahn verzichtete auf den Saal und will in den Saal von Klaverkamp gehen. Doch wie man hört, wird auch das nichts werden. In Drensteinfurt werden Baracken für die Reichsbahn gebaut und dort wird die Druckerei auch ihr Unterkommen finden. Aber dafür ist nun jetzt der große Saal zu Gunsten der Partei und ihrer Gliederungen für ihre Veranstaltungen beschlagnahmt. Doch nehmen wir das nicht so traurig, da der Saal schlecht zu benutzen ist. Es fehlt an Stühlen, die Ofen sind nicht in Ordnung, ebenso die Lichtanlage, wir haben niemand, der die Sache in Ordnung hält. Dazu ist der halbe Saal mit Möbeln von ausgebombten Leuten besetzt. Darum wird man sich überlegen, dort einzuziehen.

20. Oktober 1943

Heute Abend habe ich einen Versehgang zur Dorfheide gemacht mitten während des Alarms, gegen 10 Uhr. Es war wunderbar. Am Himmel Flieger, dazu das Donnern der Kanonen, in der Luft das Aufleuchten der explodierenden Granaten. Gera-de bei der Kommunion des Kranken war der Lärm am größten.

Wieder eine neue Beschlagnahmung
Das Stift (St. Georg) ist zu Gunsten der Universität-Haut-Klinik beschlagnahmt.
21. Oktober 1943


Das St. Katharinenstift nach der Errichtung der Landwirtschaftsschule (1912)


Am 12. Oktober kam der Chefarzt der Klinik mit dem Kreisarzt und besahen sich die Räume, ohne natürlich was zu sagen. Am nächsten Tage kamen sie wieder und erklärten die beiden Häuser, das eigentliche Stift (St. Georg) und die landwirtschaftliche Schule würden in Anspruch genommen. Hier ist an Einspruch nicht zu denken. Nach einigen Verhandlungen wurde festgelegt, dass die Vorsehungsschwestern bleiben können. Sie sollen den Haushalt führen. Drei Schwestern, die Kindergartenschwester und die Handarbeitsschwester, werden nicht übernommen, können aber im Hause wohnen bleiben und bezahlen Kostgeld. Sie bleiben zu unserer Verfügung. Die Handarbeitsschule haben wir in den Borromäusverein verlegt. Die eigentliche Pflege üben 11 Klemensschwestern aus. So haben wir 20 Schwestern aus zwei Genossenschaften im Hause. Hoffentlich geht es gut.


Denkmal der gefallenen Landwirtschaftsschüler von Friedrich Press


26. Oktober 1943

Heute haben wir Anna Rump aus dem Holthof begraben (Holthof = Osterbauer, Holthofweg). Sie war am 10. Oktober bei dem Angriff auf Münster im Klemens-Hospital verunglückt. Nach einigen Tagen fand man die Leiche.

Die Klinik ist mit Macht am Einziehen
01. November 1943

Es geht noch drunter und drüber im Haus. Sie wollen ca. 75 Betten unterbringen, doch wird es wohl mit 60 aufhören. Viele Veränderungen werden gemacht. In allen Räumen kaltes und warmes Wasser. Eine Badeeinrichtung wird angelegt.

Die Kapelle bleibt erhalten. Doch können wir unseren Religionsunterricht und auch die hl. Messe für die Polen dort nicht mehr abhalten. Wie lange werden sie wohl bleiben?

07. November 1943

Am heutigen Sonntag war am Schluss des Hochamtes Fliegeralarm. Wir haben unsere hl. Messe fortgesetzt. Nur einige Leute gingen hinaus.

11. November 1943

Heute war 4xAlarm. Des Nachmittags um 2 Uhr war wieder ein Angriff auf Münster. Wir sahen die amerikanischen Flieger ruhig ihre Bahnen ziehen, geschützt von amerikanischen Jägern. Es entspann sich zwischen den Jägern ein Luftkampf, der deutlich verfolgt werden konnte. Der Himmel war voll von Kondensstreifen. Drei deutsche Jäger wurden abgeschossen, von denen einer hinter Davensberg herunter kam. Es hat ein ziemliches Loch gegeben. Das Flugzeug war in tausend Fetzen zerschellt. Der Flieger war vermisst. Man fand von ihm nach langen Suchen einige Fleischteile und seine Mütze und sein Portemonnaie. Daran hat man seine Persönlichkeit festgestellt.

08. Dezember 1943

Heute, am Fest der unbefleckten Empfängnis Mariä, haben wir des Abends um 7 Uhr eine stille hl. Messe gelesen. Gott Dank sind wir nicht durch Alarm gestört worden.

14. Dezember 1943

Heute hielten wir das Seelenamt für den gefallenen Krieger Karl Horn. Er ist zwar nicht von hier gebürtig, doch ist er von seiner frühesten Jugend an in der Familie Schütte-Weinzierl als Pflegekind gewesen.

15. Dezember 1943

Heute hielten wir das Seelenamt für den gefallenen Krieger Hermann Grove-Kampert aus der Nordbauerschaft. Am folgenden Tage erhielt der einzige Bruder, der noch auf dem Hof war, seinen Gestellungsbefehl.

16. Dezember 1943

Heute war das Seelenamt für den gefallenem Krieger Theodor Rellmann aus der Davert.

17. Dezember 1943

Heute hielten wir ein Seelenamt für den gefallenen Krieger Bernhard Bolg aus Essen / Ruhr. Die Familie war total bombengeschädigt und wohnte schon eine ganze Zeit hier bei Verwandten.

1944



Das neue Jahr beginnt in recht ernster Zeit
01. Januar 1944

Der Krieg dauert nun schon bald 4 1/2 Jahre. Die Leute werden wohl gedrückter, viele Opfer müssen zu Hause und an der Front gebracht werden. - doch man kann nicht sagen, dass sie frömmer werden und mehr zu Gott beten. Zwar konnte ich im heutigen Jahresbericht erfreulicherweise mitteilen, dass die Zahl der Kommunionen um 4.000 auf 81.000 gestiegen sei, wovon allerdings etwa 1.000 auf die neu hinzugekommenen Klemensschwestern kommen, doch die Zahl der Besucher der hl. Messen an den Werktagen und auch der Andachten an Sonntagen hat nicht zugenommen. Der Besuch der Schulmesse durch die Schulkinder hat sehr nachgelassen, trotzdem die Schulmesse erst um 8 1/2 Uhr beginnt. Gebe Gott, dass der Krieg bald ein Ende nimmt und wieder normale Verhältnisse eintreten! - An Taufen waren mit Davensberg 63 zu verzeichnen, von denen 8 hier nicht Ortsansässige waren. Es war auch im vergangenen Jahr die Nachricht von zwei Kirchenaustritten eingelaufen. Gestorben sind recht viele: 46. Dazu kommen 31 im Krieg Gefallene. Das Heiraten nimmt dagegen zu. Der Krieg dauert den jungen Leuten zu lange. 26 Paare wurden hier und in Davensberg getraut, acht Paare zogen es vor, nach auswärts zu gehen. Vier von diesen geschlossenen Ehen waren gemischt, in einem Fall war der Bräutigam sogar gottgläubig - auch ein Zeichen der Zeit!

03. Januar 1944

Heute hielten wir ein Seelenamt für den gefallenen Krieger Alfons Hohelüchter aus der Osterbauerschaft.

06. Januar 1944

Heute, am hohen Fest der Erscheinung des Herrn, hielten wir des Abends um 7 Uhr eine Abendmesse. Wir hatten Glück. Die Messe wurde nicht gestört. Aber schon ganz bald nachher kam Fliegeralarm. Dabei hätten wir die Kirche räumen müssen. Mit unserem Fliegeralarm ist es überhaupt wunderbar. Vielfach wird erst dann Alarm gegeben, wenn schon mächtig geschossen wird, oder gar schon Bomben in der weiteren Umgebung gefallen sind.

11. Januar 1944

Es geht das Gerede, dass eine Batterie Scheinwerfer - 16 Stück - nach Ascheberg und Umgebung kommen. Das trägt zu unserer Sicherheit bei. Am 13. kam wirklich ein Vorkommando, um Quartier zu machen. Wie gewöhnlich werden die Leute zu-nächst auf kirchliche Räume hingewiesen. Im großen Saal des Vereinshauses (Pfarrheim) sollen 50 Mann untergebracht werden, in unserem Religionsunterrichts-raum soll das Revier eingerichtet werden und gegenüber im Raum für den Borromä-usverein, in dem wir notdürftig die Nähschule, die aus dem Stift (St. Georg) vor der Klinik hat weichen müssen, untergebracht hatten, soll eine Schusterbude oder die Kleiderkammer eingerichtet werden. So ständen wir auf der Straße. Nach vielen Bemühungen ist es gelungen, die beiden Räume in der Rektoratschule wieder frei zu bekommen. Der Batterieschuster ist bei einem Schuhmacher untergekommen und das Revier bei Forsthoff (Schulte Strathaus).

13. Januar 1944

In der Nacht vom 13. zum 14. Januar war im St. Lambertus-Hospital (Altenheim; Abbruch 1992) Ewiges Gebet. Die Engländer haben ein Einsehen gehabt und haben uns nicht gestört. Es war kein Alarm.

25. Januar 1944

Heute hielten wir ein Seelenamt für den gefallenen Krieger Heinrich Büscher vom Altenfeld.

27. Januar 1944

Heute hielten wir ein Seelenamt für den gefallenen Krieger Franz Jelkmann aus der Westerbauerschaft.

31. Januar 1944

Im Januar hatten wir 16x Fliegeralarm.

13. Februar 1944

Heute war die kirchliche Entlassungsfeier für die Kinder, die nun die Schule verlas-sen. Wir konnten ihnen nicht vorher so die Vorbereitung geben wie sonst, da die Kapelle des Stiftes (St. Georg) uns nicht mehr zur Verfügung steht. Zum 15. Februar werden die Kinder aus der Schule entlassen, weshalb so früh, ist unerfindlich.

14. Februar 1944

Heute hielten wir ein Seelenamt für den gefallenen Krieger Karl Rinne aus der Osterbauerschaft. Er war bei seiner Heirat vor einigen Jahren katholisch geworden.

20. - 22. Februar 1944

In diesen Tagen hielten wir unser 40stündiges Gebet. Die Beteiligung war recht gut. Es gab zwar jeden Tag Alarm, doch wurde vor allem Morgens der Gottesdienst nicht gestört. Während der Betstunden blieb bei Alarm das Sakrament ausgesetzt. Es wa-ren auch immer Beter da. Am dritten Tag waren des nachmittags Luftgefechte. Ein deutscher Jäger musste vorm Ort an der Steinfurterstraße landen. Es war zufällig ein Bauernsohn aus Emsdetten. Er hatte ungeheuer Glück gehabt, dass er mit so wenig Verletzungen davon gekommen ist. Er schrieb es seinen eigenen Gebet zur Mutter Gottes in der größten Not und im Gebet seiner Mutter zu.

29. Februar 1944

Heute hielten wir ein Seelenamt für den gefallenen Krieger Hubert Schlüter vom Kirchplatz.

Im Februar hatten wir 10x Vollalarm, zum Teil aber recht lang andauernd, 3 bis 4 Stunden.

11. März 1944

Am heutigen Samstag hatten wir einen Toten begraben und hielten das Seelenamt, da gab es ein mächtiges Getöse. Ungefähr 30 Sprengbomben waren am Rande un-serer Gemeinde in der Oberbauerschaft von Ottmarsbocholt gefallen, Gott Dank, alles auf freies Feld. Danach kam Alarm, doch haben wir unser Seelenamt fortge-setzt. Wer wollte, konnte ja die Kirche verlassen, doch sind kaum einige herausge-gangen. - Des Nachmittags kam ein kurzes Gewitter, das in der Kirche eine Reihe von Sicherungen durchschlug und die elektrische Leitung beschädigte. Die Folge war, dass es des Abends und am anderen Morgen in der Kirche dunkel war und wir mit ein paar Kerzen uns behelfen mussten.

13. März 1944

Heute hielten wir ein Seelenamt für den gefallenen Krieger Joseph Munsch aus der Hanwert.

23. März 1944

Heute war ein schlimmer Tag. Um 1/2 11 Uhr gab es Alarm. Schon bald zogen große Schwärme von amerikanischen Flugzeugen über Ascheberg. So ging es über eine Stunde. Das Radio meldete Angriff auf Münster. Am Horizont konnte man beobachten, dass in Herbern, Hamm und Drensteinfurt Bomben gefallen waren. Drensteinfurt war sehr mitgenommen. Des Abends hatten wir sechs Verwundete von Drensteinfurt im Krankenhaus. Der Angriff auf Drensteinfurt hat über 60 Tote gekostet. Das Pastorat wurde auch schwer mitgenommen. In ihrer unmittelbaren Nähe waren fünf Sprengbomber gefallen. In Herbern hat es gut gegangen. Die Bomben sind zum allergrößten Teil auf freies Feld gefallen.


Nach dem Luftangriff auf Drensteinfurt wurde am Tag darauf
auf dem Hof Feldmann (Herberner Straße) eine Luftschutzübung abgehalten


30. März 1944

Heute begruben wir Elisabeth Lenz aus der Westerbauerschaft. Sie war bei einem Bombenangriff auf Münster ums Leben gekommen. Sie war schon seit langen Jah-ren im Klemens-Hospital tätig.

In diesem Monat hatten wir 34x Voralarm und Vollalarm. Die Zahl wächst immer mehr, so dass es sich nicht mehr lohnt, sie im einzelnen zu zählen.

Heute ist Ostern
09. April 1944

Am Karfreitag hatten wir 2x Voralarm, am Karsamstag hatten wir um 10 Uhr Voral-arm, dann des Nachmittags von 1/2 2 bis 1/2 6 Uhr Alarm und des Nachts von 1/2 11 bis 1/2 12 Uhr wieder Alarm. Am Ostertag war 2x Voralarm und 1x Alarm. War haben unseren Gottesdienst doch ausführen können, in allerdings am Ostermorgen erst um 6 Uhr angefangen.

22. April 1944

Heute hielten wir ein Seelenamt für den gefallenen Krieger Anton Pällman aus der Westerbauerschaft.

07. Mai 1944

Am heutigen Sonntag kam bei der Epistel (Lesung) des Hochamtes Alarm. Wir haben sofort bekannt gemacht, dass sich alle luftschutzmäßig verhalten müssten, die hl. Messe wurde still fortgesetzt. Viele liefen auf die Straße, kamen aber bald wieder in die Kirche zurück, da die Polizei sie von der Straße trieb. Einige Wellen von Flie-gern waren über unser Dorf weggeflogen und hatten auch in der Nähe der Bahn einige Brandkanister abgeworfen. Doch hat es weiter keinen Schaden gegeben. Der Polizeimeister glaubte jedoch, die Sache anzeigen zu müssen, der Bürgermeister unterbreitete sie dem Landrat. Dieser schrieb dem Bürgermeister wieder, dass bei Alarm der Gottesdienst sofort zu unterbrechen sei und dass ich im Wiederholungs-falle mit einer empfindlichen Ordnungsstrafe zu belegen sei. Danach müssen wir in Zukunft mit der Messe bei Alarm aufhören, wenn auch die Kirche, insbesondere der Turm für viele Luftschutzraum ist, in den sie sich bei Alarm flüchten!

12. Mai 1944

Heute Abend gab es gegen 10 Uhr einen mächtigen Knall. Es waren Flieger am Himmel und es wurde auch von der Flak geschossen. Was war geschehen? Ein Blindgänger der Flak war vom Hamm herübergeflogen und war in der Sandstraße im Garten von Sparding an der Ecke Sand und Appelhofstraße losgegangen. Die Splitter flogen überall herum und haben die Häuser durchschlagen. Nebenan bei Baake und gegenüber bei Raters haben sie sich im Kleiderschrank verfangen und dort viel Zeug zerrissen. Sonst ist nichts passiert.

17. Mai 1944

Heute hielten wir ein Seelenamt für den gefallenen Krieger Hubert Claves aus der Osterbauer.

19. Mai 1944

Heute hielten wir ein Seelenamt für den gefallenen Krieger Theodor Bolte-Henrichs aus der Osterbauerschaft.

21. Mai 1944

Heute war Bekenntnissonntag für die Pfarrjugend. Die Beteiligung war nicht sehr groß. Es fehlte auch an Texten für die gemeinsamen Gebete und Gesänge. Die gelieferten Texte waren nicht zu lesen.

Heute Abend wurde Hamm angegriffen
22. Mai 1944

Wir standen im Garten und sahen die Flieger, Welle für Welle, über uns herfliegen. Es entstand eine furchtbare Qualmwolke, den Feuerschein konnte ich während der ganzen Nacht ständig von meinem Bett aus sehen. Der Bahnhof, insbesondere der Güterbahnhof, wurde sehr zerstört.

01. Juni 1944

Heute hielten wir das Seelenamt für den gefallenen Krieger Joseph Baumhöver aus der Nordbauerschaft. Die Eltern erhielten die Todesnachricht am Abend des Tages, da sie mit den Nachbarn ihre Silberhochzeit feierten.

03. Juni 1944

Heute hielten wir das Seelenamt für den gefallenen Krieger Theodor Prinz aus der Osterbauer.

05. Juni 1944

Heute hielten wir das Seelenamt für den gefallenen Krieger Heinrich Mühlenbeck, Schreinermeister von der Biete. Er hat den Krieg von Anfang an mitgemacht und war 47 Jahre alt, als er in Russland an Fleckfieber starb.

07. Juni 1944

Heute hielten wir das Seelenamt für den gefallenen Krieger Hermann Strickmann von der Dorfheide (Uhlandweg).

08. Juni 1944

Das heutige Fronleichnamsfest haben wir wieder in aller Stille gefeiert. Des Abends haben wir vorm Sakrament eine stille hl. Messe gelesen.

In den beiden Räumen der früheren Rektoratschule will die Luftwaffe eine Krankenstube einrichten. Ich habe mich geweigert, sie abzugeben, denn den einen Raum benutzen wir als Unterrichtsraum und in dem anderen ist die Nähschule aus dem Stift (St. Georg) untergebracht. Ich habe dem Bürgermeister vorgeschlagen, uns ein Schullokal in den freien Stunden zur Verfügung zu stellen und die Nähschule anderswo unterzubringen. Er hat zugesagt, trotz Einspruch des Schulrektors und vor allem des Schulrates, der Landrat hat zugestimmt. So sind wir wieder wenigstens im Schulraum. Ob sie uns auf die Dauer darin lassen, ist eine andere Frage. In die beiden Räume der Rektoratschule ist dann die Luftwaffe eingezogen.

Heute hielten wir die Erstkommunion der Kinder
18. Juni 1944

Wir haben sie wieder vom Vereinshaus abgeholt und sie dann wieder nach der Feier zum Vereinshaus (Pfarrheim) gebracht, wo sie zusammen Kaffee getrunken haben. Das Stift (St. Georg) steht uns dafür nicht mehr zur Verfügung. Jedoch haben wir einige Tage darauf das nächtliche Ewige Gebet im Stift in der gewohnten Weise gehalten.

04. Juli 1944

Heute hielten wir das Seelenamt für den gefallenen Krieger Aloys Falke aus der Galghege.

05. Juli 1944

Heute hielten wir das Seelenamt für den gefallenen Krieger Alfons Schwienhorst aus der Nordbauerschaft. Er war bald 7 Jahre Soldat.

10. Juli 1944

Heute hielten wir unser Ewiges Gebet. Es ging ohne Störung durch Alarm vor sich. Gott Dank!

19. August 1944

Heute hielten wir das Seelenamt für den gefallenen Krieger Franz Tönies aus der Westerbauerschaft. Zwei Brüder sind schon gefallen.

22. August 1944

Heute hielten wir das Seelenamt für den gefallenen Krieger Ernst Reckel von der Dorfheide.

28. August 1944

Heute hielten wir das Seelenamt für den gefallenen Krieger Joseph Schmidt aus der Hanwert.

31. August 1944

Es wird immer schwieriger, regelmäßigen Religionsunterricht zu geben. Immer häufiger gibt es Voralarm oder Vollalarm. Dann hört der Unterricht in den Schulen auf, und die Kinder kommen zum Teil zum Religionsunterricht, der sonst an den Schulunterricht anschloss, nicht wieder. In unseren Unterrichtsräumen sind wir auch sehr beschränkt. Wir unterrichten in der Taufkapelle in der Kirche, (Taufkapelle = nördliche Turmkapelle) im Vereinshaus im kleinen Saal, soweit er vom Kindergarten nicht benutzt wird und in der Mädchenschule (Mädchenschule an der Himmelstraße: heute Volksbank) in der Mittagszeit.

03. September 1944

Am heutigen Sonntag wurde in der Mittagszeit von einem tief fliegenden amerikanischen Jäger ein fahrender Güterzug vor dem Bahnhof Ascheberg beschossen. Der Jäger sichtete im Vorbeifliegen den Zug, drehte über Ascheberg um und flog zurück und erledigte mit seinem Maschinengewehr die Lokomotive. Des Nachmittags habe ich 8 - 10 Durchschüsse durch den Kessel und Tender gezählt. Lokomotivführer und Heizer wurden beide, wenn auch nicht lebensgefährlich, verwundet.

Heute sind 560 Flüchtlinge aus Aachen in Ascheberg mit einem Sonderzug angekommen.
11. September 1944

Am Abend vorher sind sie abgefahren und des Nachmittags hier angekommen. Das Pastorat hat vier Personen davon mitbekommen. Es sind alles Angehörige von Ei-senbahnern und im allgemeinen ganz passable Leute. Gegen Abend war ich auf der Chaussee der Osterbauerschaft auf der Rückfahrt zum Dorf. Am Himmel waren Hunderte von Flugzeugen, Bomber und Jäger, die einen Angriff auf das Hydrierwerk von Bergkamen machten. Es war ein wunderbaren Anblick. Wenn die Sache nur nicht so ernst wäre.

13. September 1944

Heute hielten wir das Seelenamt für den gefallenen Krieger Johannes Entrup von der Dorfheide.

14. September 1944

Heute hielten wir das Seelenamt für den gefallenen Krieger Heinrich Falke-Schomaker aus der Westerbauerschaft.

15. September 1944

Heute hielten wir das Seelenamt für den gefallenen Krieger Hermann Markhoff von der Sandstraße.

17. September 1944

Heute war 13stündiges Gebet als Gebets- und Sühnetag. Der Bischof hatte in einem besonderen Hirtenschreiben dazu aufgefordert. Die Beteiligung war gut. Wir haben rund 1.500 Kommunionen ausgeteilt.

21. September 1944

Heute hielten wir das Seelenamt für den gefallenen Krieger Heinrich Richter von der Dieningstraße. Sein Vater Anton Richter ist schon vor einen Jahr gefallen. Damit stirbt die Familie in Ascheberg aus.

28. September 1944

Heute hielten wir das Seelenamt für den gefallenen Krieger Ludwig Schröer aus der Osterbauerschaft. Ein Bruder ist schon früher gefallen.

02. Oktober 1944

Heute begruben wir den ersten Flüchtling aus Aachen, der hier gestorben ist, Elisa-beth Hübers. Sie kam krank hier an, hatte Blinddarm- und Bauchfellentzündung und ist einige Tage nach der Operation gestorben. Vorher haben wir schon einen alten Mann begraben, der von Aachen nach hier gekommen war und in seinem Wahn wieder nach Aachen zurück wollte und weglief und in Ottmarsbocholt im Chausseegraben gefunden wurde und dort im Krankenhaus gestorben ist.

Des Nachmittags gegen 1/2 2 Uhr waren der Herr Kaplan und ich in der Osterbauerschaft bei Weber, um die kranke Frau zu besuchen und dann weiter zu fahren zum Konveniat nach Walstedde. Es gab Alarm, und schon ganz bald kamen die Schwär-me der Flieger im schönsten Sonnenschein am Himmel dahergezogen. Sie griffen Hamm und Münster an. Wir standen draußen vor der Tür. Plötzlich hörten wir das Rauschen von herabfallenden Bomben und haben uns schleunigst lang auf den Boden gelegt. Sofort darauf explodierten die Bomben, und wie wir aufstanden, sahen wir an verschiedenen Stellen in der Nähe die Staubwolken aufsteigen. Bei Fallenberg und Schäpers waren 20 Sprengbomben im Gewicht von je 10 Zt. herunter gekommen. Wir sind sofort hingefahren. Mitten im weg zum Hagen war ein großer Sprengtrichter. es ist viel Glück dabei gewesen. Die beiden Häuser sind etwas beschädigt, sonst ist niemand zu Schaden gekommen. Es war doch eine recht ungemütliche Angelegenheit, wenn in einer Entfernung von 150 Meter 200 Zn. Bomben herunterkommen.

03. Oktober 1944

Heute hielten wir das Seelenamt für den gefallenen Krieger Bernhard Weber-Stenkamp, der bei Kuhlenbäumer in der Davert verheiratet war (Kuhlenbäumer = Weber-Billermann am Daverthauptweg).

06. Oktober 1944

Am heutigen Herz-Jesu-Freitag war im Stift (St. Georg) wie gewöhnlich an diesem Tage Andacht. Doch mussten wir sie vorzeitig abbrechen, da ein schwerer Angriff auf Dortmund gemacht wurde. Es war ein großes Feuerwerk am Himmel und es dröhnte mächtig von dem Einschlagen der Bomben und dem Schießen der Flak. Die Leute verkrochen sich in die Luftschutzräume. Als ich zu Hause ankam, saßen alle im Keller und beteten.

07. Oktober 1944

Die Flieger kommen jetzt schon zeitig des Morgens. Heute hatten wir ein Begräbnis, auf dem Rückweg zur Kirche kam Alarm. Wir mussten das Seelenamt für den Ver-storbenen auf den Montag verschieben.

15. Oktober 1944

Am heutigen Sonntag musste die hl. Messe um 1/2 9 Uhr wegen Fliegeralarm ausfallen. Dafür wurde des Nachmittags um 5 Uhr statt der Rosenkranzandacht hl. Messe gelesen.

18. Oktober 1944

Heute hielten wir das Seelenamt für den Armierungsarbeiter Josef Borgmann von der Bultenstraße. Er ist hinter Paris auf der Fahrt vom Kühler eines Lastautos gefallen. Ob er heruntergefallen oder von Partisanen abgeschossen ist, ist nicht bekannt. Die Angehörigen haben auch nach langem Warten keine Nachricht darüber bekommen können, wo die Leiche geblieben ist.

19. Oktober 1944

Heute hielten wir das Seelenamt für den gefallenen Krieger August Duffues von der Sandstraße. Er ist bei Straßenkämpfen in Anheim gefallen.

23. Oktober 1944

Heute begruben wir Clemens Deiting (Deiting = heute Heitmann) von der Dieningstraße. Er war mit einem Lastauto nach Münster gefahren, um Kolonialwaren, die hier allmählich knapp werden, zu holen. Dabei ist er auf der Hammer Chaussee beim Aussteigen von einem Militärauto angefahren worden und war bald darauf tot. Auch ein Opfer des Krieges!

Es wird immer schwieriger, Unterricht zu halten, so oft kommt Alarm. Am vorigen Sonntag fiel auch die Christenlehre (Christenlehre = ca. 1/2 Stunde Religions-unterricht zu Beginn einer Nachmittagsandacht) und die Predigt für die Mütter wegen Alarm aus. Münster, Hamm und Dortmund sind immer wieder Ziele des Angriffs.

29. Oktober 1944

Heute am Christ-König-Fest hielt ich des Nachmittags für etwa 35 Italiener eine hl. Messe in der Küche bei Wickensack (Wickensack = heute Eberstation). Früher war schon mal ein italienischer Feldgeistlicher aus Münster gekommen. Doch kann der anscheinend nicht mehr kommen, da es gefährlich wird, mit der Bahn zu fahren, und da die Züge bis Münster nur bis Amelsbüren fahren, da weiterhin die Geleise an verschiedenen Stellen zerstört sind. Ein französischer Geistlicher, der als Kriegsgefangener im Lager bei Klaverkamp ist, hat schon mal für sie die hl. Messe gelesen, doch darf er anscheinend nicht mehr kommen. Es ist stimmungsvoll in der Küche. 25 haben kommuniziert. Eine Reihe von Aschebergern und einige Nachbarn waren auch zugegen.

30. Oktober 1944

Heute begruben wir Wilhelm David, Werkmeister an der Bahn. Er hat auf dem Bahnhof Capelle eine Stabbrandbombe, die an sich ziemlich ungefährlich ist, mit mehreren anderen zusammen in Brand gesetzt. Zum Unglück hatte sie aber auch einen Sprengsatz, und durch die Splitter wurde er sehr verwundet, so dass er am anderen Tag gestorben ist.

Die Angriffe auf Münster sind furchtbar, viermal in der Woche. Die Altstadt ist fast ganz zerstört. Was wegziehen kann, zieht aus. Das Generalvikariat ist nach Sen-denhorst gezogen. Der Bischof, der Generalvikar und die angestellten Geistlichen wohnen auch zumeist da. Bei uns baut man im Stift (St. Georg) eine große Baracke, um Lupuskranke aus dem Lupusheim Handorf, das sehr gefährdet ist, aufzunehmen. So wird Münster eine tote Stadt.

01. November 1944

Allerheiligen durfte auch in diesem Jahr nicht als Festtag begangen werden. Wir haben des Morgens 3 stille hl. Messen gehalten und des Abends um 7 Uhr gelesen. Gott Dank ging es ohne Alarm während der Messen. Die Allerseelenpredigt mit Prozession zum Friedhof musste natürlich ausfallen.

04. November 1944

Die Hostien werden knapp! Wir bezogen unsere Hostien in letzter Zeit von Bockum. Nun hat Bockum durch einen großen Fliegerangriff umfangreichen Schaden erlitten. Das Haus unseres Hostienbäckers steht zwar noch, doch gibt es dort keinen Strom und kein Wasser, so dass er nicht backen kann. Wir haben darum für den morgigen Sonntag unsere noch vorhandenen Hostien halbiert. Auch eine Kriegseinwirkung!

05. November 1944

Beim Hochamt kam wieder Fliegeralarm. Wir mussten bei der Epistel (Lesung) schon abbrechen und dafür des Nachmittags um 5 Uhr eine stille hl. Messe lesen.

Wir haben im Dorf unliebsamen Besuch bekommen
06. November 1944

Eine Kompanie SS ist heute eingezogen. Östlich von uns ist schon länger Einquartierung. Man hat auch unseren großen Vereinshaussaal (Pfarrheim) dafür vorgesehen. Ich habe mich dagegen gewandt, doch nicht viel Entgegenkommen bei der örtlichen Parteistelle gefunden. Aber anscheinend habe ich in der SS selbst die nötige Hilfe gefunden, da er zweidrittel voll mit Möbel von ausgebombten Leuten steht, und man dafür auch kaum Raum finden würde. Sie sind in die neue Schule (an der Albert-Koch-Straße) gezogen. Dort haben sie kurzer Hand die Sachen der Kinder ausgeräumt, vieles ist zerstört, vor allem auch die Bücher, die nun so rar sind, die Bänke sind ziemlich rücksichtslos losgemacht und in den Keller geschafft worden. Es bleibt für den Unterricht nur noch ein Klassenlokal in der Himmelstraße, so dass jede Klasse wöchentlich 6 Stunden Unterricht hat, vorausgesetzt, dass kein Alarm kommt, und der kommt jetzt sehr häufig. Die Kinder sollen in der freien Zeit an der Chaussee Schützenlöcher graben zum Schutz gegen Tiefflieger. Natürlich ist das für den kommenden Winter ein Unsinn, die Gräben stehen sofort voll Wasser!

08. November 1944

Heute Nachmittag sind etwa 20 Bomben in der Nähe des Bahnhofs Davensberg gefallen. An beiden Seiten standen Personenzüge, die wegen des Alarms in den Bahnhof nicht einfahren konnten. Die meisten Bomben fielen auf eine Weide und haben nur Bodenschaden angerichtet. Eine Kuh wurde getötet.

09. November 1944

Gestern bei Tage und auch in der Nacht ist Gelsenkirchen mächtig bombardiert worden. Hier wurden dafür Mädchen zusammengetrommelt, die Butterbrote für Gelsenkirchen machen mussten. Brot wurde von der Brotfabrik geholt, Butter von der Molkerei in Davensberg und die Wurst wurde beim Metzger beschlagnahmt. Es war alles in Fülle da. Doch hatte man nachher die Schwierigkeit, die schönen Sachen wegzubekommen, man hatte keinen Lastwagen, der die Sachen wegbrachte.


WEPU (Merten am Bahnhof)


11. November 1944

Heute Abend wurde gegen 7 Uhr Ascheberg in nicht geringen Schrecken versetzt. Es war gerade Alarm gegeben, da fielen schon etwa 8 Bomben. Niemand wusste natürlich wo. Darum liefen alle schnell in den Keller oder nach draußen, um Schutz zu suchen. Es zogen größere Verbände über Ascheberg und ein Bomber hat an-scheinend die Eisenbahn entdeckt und hat seine Eier abgeworfen, von der Bahnunterführung der Nordkirchener Chaussee bis Hegemann in der Hegemerbauerschaft. Dort fiel eine unmittelbar neben den Maschinenschuppen und hat ihn umgelegt. Natürlich wurden alle benachbarten Häuser in Mitleidenschaft gezogen. Fast alle Dächer wurden mehr oder weniger abgedeckt. Auch noch die Häuser jenseits der Bahn bis zum Schreiner Stattmann. Man spricht von 40.000 Dachziegeln, die ersetzt werden müssen. Sonst hat es noch ziemlich gnädig gegangen. Menschenleben sind nicht zu Tode gekommen.


Molkerei Davensberg


Die SS ist schon wieder ausgezogen
12. November 1944

Die Schulen werden wieder eingeräumt, und der Unterricht kann wieder in normaler Weise vor sich gehen, d.h. was man heute noch normal nennt, meistens fallen eine oder mehrere Stunden wegen Fliegeralarm aus.

Heute hielten wir das Seelenamt für den gefallenen Krieger Josef Heitkötter aus der Osterbauerschaft.

Heute ist Buß- und Bettag sonst ein streng zu haltender Feiertag
21. November 1944

Wir haben an diesem Tag, wie sonst, ein Seelenamt für alle gefallenen Krieger der Gemeinde aus dem Weltkrieg und aus diesem Krieg gehalten.

Ferner hielten wir ein Seelenamt für den gefallenen Krieger Anton Falke aus der Galghege. Er zählt zwar nicht zu den Gefallenen aus Ascheberg, da er schon lange bei seinem Onkel in Lüdinghausen wohnte und auch von diesem adoptiert war.

Den ganzen Tag hindurch war Alarm, nicht weniger als 8 Mal wurde Vollalarm gegeben. Von einer geregelten Tätigkeit kann bald nicht mehr die Rede sein. Ich musste nach dem Seelenamt mit dem Sakrament zur alten Mutter Lendermann in die Lütkebauerschaft.

Auf dem Hinweg flogen über uns schwere Bomberverbände, und auf dem Rückweg kamen 9 feindliche Jäger im Tiefflug - keine 100 m - von hinten unmittelbar an uns vorbei. Sie hätten uns glatt umlegen können. Doch ging es noch einmal gut. Des Abends erlebten wir ein wunderschönes Feuerwerk. Vor Greven zerstörten die Eng-länder den Kanalübergang über die Ems und entwickelten dabei eine Lichtfülle, wie man sie nicht für möglich halten möchte. Hunderte von Leuchtkugeln und sogenannte Christbäume standen am Himmel, so dass man hier in Ascheberg bequem lesen konnte. Ängstliche Seelen meinten schon, die Engländer versuchten dort eine Landung!

Schon gibt es wieder eine neue Schwierigkeit
23. November 1944

Die Organisation Todt will uns das ganze Vereinshaus (Pfarrheim) mitsamt dem Kindergarten beschlagnahmen und dort ein Lohnbüro einrichten. Sie taten so, als wenn alles schon fest wäre, hatten die Räume verteilt, wollten allerhand Durchbauten machen, doch - es hat noch mal gut gegangen.

24. November 1944

Heute begruben wir eine Frau aus Dortmund. Sie war am Eingang zum Bunker totgetreten worden. Wie mir ihr Mann erzählte, ist jemand dort auf der hinabführenden Treppe zu Fall gekommen und die nachfolgenden sind darüber hinweggestiegen, so dass sich, wie er sich ausdrückte, ein Berg von Menschen gebildet hatte, aus dem man nachher 17 Tote herausgeholt hat, daneben noch viele mehr oder minder Schwerverletzte.

27. November 1944

Heute hielten wir das Seelenamt für den gefallenen Krieger Alfons Borgmann von der Bultenstraße. Vorher war das Sechswochenamt für seinen Vater, der in Frankreich bei der Organisation Todt zu Tode gekommen war.

Als wir des Nachmittags zum Konveniat nach Walstedde fuhren, lag vor Drensteinfurt ein Militärauto, das von Tieffliegern kurz vorher beschossen war. Sechs Soldaten und zwei Flakhelferinnen waren getötet worden.

Heute war wieder den ganzen Tag Alarm
29. November 1944

Mit unseren Religionsunterricht sind wir bald am Ende. Wir halten zwar noch bei Vollalarm Unterricht in der Taufkapelle in der Kirche. Doch bei Voralarm gehen die Kinder von der Schule nach Hause, und kommen dann zu unserem Unterricht nicht wieder, und kommt so oft der Vollalarm dazwischen, so dass kaum noch was aufzu-stellen ist, zumal die Kinder auch nicht recht bei der Sache sind.

03. Dezember 1944

Am heutigen Sonntag war ein Maximum an hl. Messen, wie es Ascheberg abgese-hen von Weihnachten, wohl noch nicht erlebt hat. Wegen der vielen Fremden hatten wir von diesem Sonntag an eine neue hl. Messe eingelegt; um 6, 7, 7 3/4, 8 1/2 und 10 Uhr. Nun musste 1/2 9 Uhr wegen Alarm unterbrochen werden. Ein fremder Geistlicher hielt die hl. Messe, er hat sie nach 3/4 Stunde still für sich fortgesetzt. Ferner war eine hl. Messe im Vereinshaus (Pfarrheim) für die Polen, eine hl. Messe in der Hautklinik im Katharinenstift (St. Georg), und eine im St. Lambertus-Hospital (Altenheim). Dann hat noch ein französischer Geistlicher, der im Gefangenenlager ist, dort eine hl. Messe gelesen, so dass zusammen mit den zwei hl. Messen in Davensberg 12 hl. Messen in Ascheberg gefeiert wurden.

04. Dezember 1944

Es sind von Gelsenkirchen 4 Mann von der Partei gekommen, um hier noch Quartier zu machen für die Ausgebombten von Gelsenkirchen. Sie sind die Häuser rundgegangen und haben alle Häuser inspiziert, zuweilen waren sie auch sehr grob und aufdringlich. Nachdem sie das Dorf durchgearbeitet hatten, wurden sie wieder abgefahren und haben sich im Wagen nach Herbern bringen lassen, um dort ihre Tätigkeit wieder aufzunehmen. Dafür sind andere Quartiermacher aus Münster gekommen und haben von neuem alle Häuser inspiziert, um, wie sie, noch 500 Evakuierte unterzubringen. Bei mir war der erste Quartiermacher und redete davon, er wolle in Ascheberg für die alten Leute aus Münster ein Heim errichten. Dafür sei ihm vom Bürgermeister das Vereinshaus (Pfarrheim) angeboten worden! Ich habe ihm klargemacht, wenn er ein Altersheim errichten wolle, dann müsse er viele kleine Räume haben und nicht einen großen Raum, somit gebe es nach meiner Auffassung ständig den größten Krach. Zudem sei keine Kochgelegenheit da, und der Saal stände voll von Möbeln ausgebombter Leute. Er zog wieder ab. Von den 500 Menschen, die in Ascheberg noch untergebracht werden sollten, sind etwa 80 noch gekommen. So ist nun alles besetzt.

07. Dezember 1944

Heute hielten wir das Seelenamt für den gefallenen Krieger Clemens Röckener von der Weststraße (Weststraße = heute Lüdinghauser-Strasse).

16. Dezember 1944

Heute hielten wir das Seelenamt für den gefallenen Krieger Ludwig Schöpper von der Chaussee nach Lüdinghausen. Er ist der dritte Sohn, der aus dieser Familie gefallen ist.

18. Dezember 1944

Heute hielten wir das Seelenamt für den gefallenen Krieger Georg Hesener von der Lohstraße.

Wir haben Weihnachten in der gewohnten Weise begangen
25. Dezember 1944

Es gab in den letzten Tagen allerhand Alarm, viele Flieger kamen über Ascheberg geflogen, doch haben wir in Ruhe um fünf Uhr unsere Ucht (Ucht = früheste Messe an Ostern und Weihnachten) halten können. Allerdings, die Weihnachtsbäume neben dem Altar blieben dunkel, da immer noch einige feindliche Jäger am Abend vorher und in der Nacht in der Luft waren. 23 hl. Messen wurden von 8 Geistlichen gelesen. Die Ucht war brechend voll von Menschen. Auch die Fremden hatten sich zahlreich eingefunden. Es waren drei Feiertage, an diesen Tagen haben wir mehr als 4.000 Kommunionen ausgeteilt.

Wir haben hier eine Reihe von Flakhelferinnen, die zum Teil vom Bodensee und aus dem Schwarzwald kommen. Sie haben großes Heimweh. Einige Tage vorher hatten sie von ihrer Führerin die Erlaubnis bekommen, im Krankenhaus (Altenheim) für Weihnachten sich Kuchen zu backen. Sie fragen die Schwester Oberin, ob sie bei der Gelegenheit nicht auch beichten könnten, damit sie Weihnachten zur hl. Kommunion gehen könnten. Es wurde der Freitag Nachmittag um 1/2 5 Uhr festgesetzt, dann könnten sie mit Erlaubnis der Führerin zum Backen kommen. Am Morgen gaben sie Nachricht, dass die Führerin neuerdings für diese Zeit Singen angesetzt habe, sie kämen des abends um 8 Uhr. Dann haben sie auch gebeichtet. Doch am Weihnachtsmorgen gestattete die Führerin ihnen nicht, dass sie zur Kirche gingen. Am zweiten Tag sind sie dann einfach ausgerückt und zur Kirche gegangen.

Das Jahr ist glücklich zu Ende
31. Dezember 1944

Es gab in den letzten Tagen noch viel Alarm. Vieles ist hier im Westen verwüstet. Hier hat es, Gott Dank, noch verhältnismäßig gut gegangen. Was wird das neue Jahr bringen? Gebe Gott, dass unser liebes Ascheberg auch weiterhin verschont bleibt und dass das neue Jahr und den Frieden bringt.

1945



Das neue Jahr hat begonnen. Düster steht die Zukunft vor uns
01. Januar 1945

Die feindlichen Flieger in der Luft nehmen zu. Die Lebensmittel werden weniger. Vertrauen wir auf Gott, in dessen Hand unser Lebensschicksal und das Schicksal unseres Vaterlandes ruhen. Ich gab der Pfarrgemeinde den Jahresbericht vom vergangenen Jahr. Der Krieg spiegelt sich in ihm wieder. Es waren 78 Taufen zu verzeichnen, davon 56 aus Ascheberg, 11 aus Davensberg und 11 wurden auswärts getauft. Außer dem wurden noch 24 Kinder von ortsfremden Müttern getauft. Unter den Getauften waren 12 uneheliche Kinder! Kirchenaustritte waren nicht zu verzeichnen. Gestorben sind 31 Erwachsene und 16 Kinder, gefallen sind 39, so dass sich die Zahl der im Krieg gefallenen oder gestorbenen Soldaten bis Ende des Jahres 1944 auf 129 beläuft. Geheiratet haben nur 12 Paare aus Ascheberg, 1 Paar aus Davensberg, und 5 haben auswärts geheiratet. Die Zahl der Kommunionen ist erfreulicherweise um 8.000 auf 89.000 gestiegen. Doch haben die mit der Universitäts-Hautklinik zugezogenen Schwestern und auch die Aachener ihren Anteil daran.

03. Januar 1945

Heute hielten wir das Seelenamt für den gefallenen Krieger Alfons Becker aus der Nordbauerschaft (Becker = Becker-Rehr). Die Familie hat vor einigen Jahren Wentrups Hof gekauft. Der Gefallene war der einzige Sohn.

23. Januar 1945

Während es im Laufe des Monats ziemlich ruhig von den Fliegern blieb, hat sich ihre Tätigkeit allmählich wieder gesteigert. Wir hatten heute 1/4 vor 9 Uhr bis abends 1/4 vor 6 Uhr ständig Vollalarm. Die Tiefflieger machen sich recht unangenehm bemerkbar.

01. Februar 1945

Heute hielten wir das Seelenamt für den gefallenen Krieger Heinrich Falke von der Sandstraße.

06. Februar 1945

Tieffliegende Jäger warfen heute am Bahnhof verschiedene Bomben. Es gab große Löcher, aber sonst keinen Schaden.

9. - 11. Februar 1945

Gegen 1-2 wurde an diesen Tagen ein Spritlager in Dülmen bombardiert. Am letzten Tage auch in Lüdinghausen. Bisher haben wir noch nie die Erschütterungen so erlebt als an diesen Tagen. Die Häuser wackelten im vollsten Sinne des Wortes. Die Leute, die nach Ascheberg mit der Bahn fahren wollen, erzählten, hat man ihnen in Dortmund schon gesagt, sie brauchen nicht mehr hinzufahren, Ascheberg läge "platt". So stark war das Bombardement, dass sie es näher glaubten als es war. Gott Dank war hier nichts passiert.

11. - 13. Februar 1945

In diesen Tagen hielten wir unser 40stündiges Gebet, sonst Tage vielen ungestörten Gebetes, jetzt vielfach gestört durch Fliegeralarm bei Tag und Nacht und die großen Sorgen des Krieges. Und doch hat es, mit großen Dank gegen Gott dürfen wir sagen, recht gut gegangen. Wir haben das Gebet des Abends um eine Stunde verkürzt und von 5-6 Uhr die Schlussandacht gehalten, weil das die ruhigste Zeit des Tages ist. Der Pfarrer lag in den Tagen an Ischias krank im Krankenhaus (Altenheim). Aushilfe war von Kapuzinern in Werne nicht gekommen. Da hat der Pfarrer Franzen von Walheim bei Aachen, der hier als Evakuierter seit Oktober wohnt, tüchtig ausgeholfen. Er hat des Abends gepredigt und auch im Beichtstuhl und beim Kommunionausteilen fleißig mitgeholfen. Trotzdem am ersten Tag noch in den Mittagsstunden das Bombenwerfen in Dülmen war und an allen Tagen während des Tages ständig Jäger die Luft unsicher machten - am Dienstag Morgen um 9 Uhr schon beschossen sie einen Personenzug in der Nähe von Haus Romberg, sie ließen erst die Leute aussteigen und beschossen die Lokomotive vor allem, so dass es nur einige Leichtverletzte gab - trotzdem die Jäger auf der Bahn einige Bomben abwarfen, die allerdings keinen großen Schaden anrichteten, konnten wir die hl. Messen und die Schlussandacht am Abend ungestört durchführen. Über 4.000 Kommunionen wurden ausgeteilt. Die hier anwesenden Aachener hielten an diesen Tagen ihre eigene Betstunde mit ihren heimatlichen Kirchenliedern. In der letzten Schlussandacht am Dienstag war die Kirche so voll, wie sie sonst am Weihnachtsmorgen ist, die Leute standen bis an die Kommunionbank, so dass die Sakramentsprozession durch die Kirche mit den vielen Engelchen und Messdienern nur schwer durchkommen konnte. Möge Gott unser Gebet erhören, und unser liebes Ascheberg in den kommenden Tagen und Wochen schützen!

18. Februar 1945

Am heutigen 1. Fastensonntag fiel die Fastenpredigt aus! Der Pater von Werne, der die Predigt halten sollte, war nicht gekommen, denn am Morgen war kein Zug gefahren und der nächste fuhr erst des Abends um 6 Uhr. Wir haben Kriegsandacht gehalten und gebetet für unsere Soldaten.

22. Februar 1945

Heute Morgen wurde Eingang des Bahnhofes Capelle ein Personenzug beschossen, nach dem die Leute ausgestiegen waren. Die Lokomotive musste dran glauben. Eine Frau, die unglücklicherweise ihre Zuflucht im Stellwerkshäuschen genommen hatte, wurde schwer verletzt und ist am Abend im Krankenhaus gestorben. Es war eine Frau aus Aachen, wir haben sie einige Tage später begraben. Des Nachmittags waren schwere Luftkämpfe nördlich von Ascheberg. Es sollen im ganzen 4 Amerikaner und 4 deutsche Flieger, darunter ein Ritterkreuzträger, abgeschossen sein. Zwei Deutsche und zwei Amerikaner wurden ins Krankenhaus eingeliefert. Die Deutschen waren tot, von den Amerikanern lebte der eine noch und hatte schwere Brandwunden am Bein. Die Deutschen wurden bald abgeholt und auf dem Flugplatz Handorf begraben, der Amerikaner war anscheinend katholisch, er hatte eine Medaille der Gottesmutter und des hl. Christophorus bei sich. Wir haben uns angeboten, ihn kirchlich zu begraben.


Otto Ballhuff gefallen am 22.02.1945


Der Oberleutnant der hiesigen Scheinwerferstellung hatte für ihn ein ehrenvolles Begräbnis verlangt.


Hier starb den Fliegertod der amerik. Leutnant Alfred B. Ford am 22.02.1945


Doch die Partei und der Bürgermeister entschieden anders. Gefangene mussten das Grab schaufeln, und des Morgens um 1/4 nach 6 Uhr wurde die Leiche auf einen Handkarren von vier Gefangenen in Begleitung der Polizei zum Kirchhof (Friedhof) gebracht. Der Sarg war einfach, doch durfte er nicht gestrichen werden, das war ausdrücklich verboten. So hat man einen Soldaten, der ehrlich für sein Vaterland gekämpft hat, behandelt! Nach dem Luftkampf wurden von den Tieffliegern noch 10 kleine Bomben am Bahnhof abgeworfen, die jedoch keinen größeren Schaden angerichtet haben, nur ein Mädchen, das noch zum Bunker lau-fen wollte, wurde am Bein etwas durch Splitter verletzt.

23. Februar 1945

Heute war sehr gutes Wetter. Den ganzen Tag waren Tiefflieger da. Der Verkehr stockte immer mehr. Die Eisenbahnzüge können bei Tage kaum noch fahren. Die Post funktioniert darum auch nicht mehr. Briefe kommen in sehr großen Zeiträumen an; z.B. von Münster bis Ascheberg 8 bis 10 Tage. In der Nähe der Eisenbahn sich aufzuhalten ist sehr gefährlich.

25. Februar 1945

Am heutigen zweiten Fastensonntag kam der Fastenprediger von Werne fast ganz zu Fuß. Gegen Mittag kam er an, ein alter Mann von 78 Jahren. Der Morgenzug war nicht gefahren. Der Volkssturm muss jetzt Sonntagsmorgen um 9 Uhr auf dem Spielplatz (alter Sportplatz) bei Klaverkamp antreten. Alles was noch Beine hat, ge-hört dazu, natürlich nur nicht die Parteigrößen, die haben andere Aufgaben zu erfüllen. Sie sollen für den Krieg im eigenen Land geschult werden, doch haben sie keine Waffen, mit denen sie üben können. Dafür erhielten sie - man staune - einen Vortrag vom Propagandaleiter über die Gefährlichkeit des Judentums! Alle "ollen Kamellen" werden aufgewärmt.

01. März 1945

Heute hielten wir das Seelenamt für den gefallenen Krieger Anton Holtschulte aus der Osterbauerschaft.

Des Nachmittags gegen 3 Uhr fielen über 40 Sprengbomben und Luftminen auf die Höfe von Wortmann und Schulte auf dem Berg. Besonders bei Wortmann waren die Verwüstungen im Wohnhaus und in den Stallungen recht groß. Die Menschen haben alle nichts abbekommen, trotzdem sie mitten zwischen den Trümmern saßen. Auch bei Lendermann wurde einiger Schaden, besonders an der Scheune angerichtet.

02. März 1945

Auf dem Bahnhof Davensberg wurde wieder von Tieffliegern ein Zug beschossen. Die Lokomotive ging natürlich kaputt, doch hat auch das unter dem Bahnhof liegende Haus von Haverkamp allerhand Einschüsse bekommen. Viel Schreck bei den Leuten, aber sonst hat es wieder gut gegangen. Des Abends wurde bei Heiling ein Jäger abgeschossen.

04. März 1945

Da der Pater zur Fastenpredigt des Morgens nur sehr unbestimmt kommen kann, zog er es vor, schon am Abend vorher zu kommen, und zwar normalerweise gegen 7 Uhr. Er kam aber nachts um 1/2 12 Uhr! Seit 6 Uhr hatte er am Bahnhof in Werne auf den Zug gewartet, und als er endlich kam und abfuhr, hat er verschieden Male wegen Bombenangriff unterwegs gehalten. Die Predigt konnte erst eine Stunde später, als angesetzt war, nämlich erst um 1/2 5 Uhr wegen Fliegeralarm beginnen. Natürlich waren nicht mehr sehr viele Leute da.

08. März 1945

Heute hielten wir das Seelenamt für den gefallenen Krieger Hubert Trahe aus der Osterbauerschaft.

Die Schulen wollen ihren Unterricht wieder aufnehmen. Es soll jeden Morgen ein Drittel der Klasse antreten, um Hausaufgaben zu besprechen und nachzusehen. Dadurch wird fast jeder Religionsunterricht unmöglich gemacht, da ja immer ein Drittel fehlt. Dazu kommt de fast ständige Alarm, der ein Unterrichten unmöglich macht. Im Laufe des Nachmittags kam ein großer Russentreck durch Ascheberg - ein Bild des Jammers! Auf der Weide von Witthoff (Ecke Sandstraße - Davensbergerstrasse) am Krankenhaus (Altenheim) wurden sie zusammengetrieben, wie eine Herde Vieh. Sie kamen aus der Gegend von Duisburg, und mit der weiter vorgehenden Front mussten sie zurück. Viele konnten nicht mehr gehen, sie hatten die unmöglichsten Kleidungsstücke an und hatten schon lange nichts mehr zu essen bekommen. Der Zug ging weiter in die Osterbauerschaft. Dort konnten sie für die Nacht im Stroh schlafen. Die Bauern haben sich der armen Menschen sehr angenommen und ihnen fast überall eine kräftige Suppe gekocht. Am anderen Morgen ging der Zug weiter in Richtung Drensteinfurt-Sendenhorst.

09. März 1945

Heute setzte sich das Ziehen der Fremdarbeiter fort, Russen, Franzosen, Holländer, alles war vertreten. Dazu kamen Flüchtlinge vom Niederrhein und von Wesel mit Karren, kleinen Handwagen, Bollerwagen und was sie sonst noch auftreiben konnten, auf denen sie ihre Habseligkeiten untergebracht hatten. Die Mütter mit keinen Kindern wurden für die Nacht im Krankenhaus (Altenheim) untergebracht und verpflegt.

10. März 1945

Der Zug der Flüchtlinge von Wesel setzte sich heute fort. Immer neue Gruppen ka-men vorbeigezogen. Bedauernswerte Menschen, die zu Hause alles verloren haben und nun, ohne daran zu denken, weiter in den Krieg und in den Hunger hineinziehen. Sie haben zu den Leuten im Dorf viel von ihren Erlebnissen erzählt, machten vor allem keinen Hehl aus ihrer Wut über die Parteiführer, die sich zuerst in Sicherheit gebracht hatten und nichts für sie getan haben. So stieg auch im Dorf die Aufregung unter den Leuten ganz gewaltig, dass sie auch anfingen zu überlegen, wohin sie flüchten sollten.

11. März 1945

Heute hielten wir die kirchliche Entlassungsfeier der Kinder. Wir konnten sie ohne Alarm durchführen. Es war keine Feier wie sonst. Ich habe in der Predigt die Kinder bedauert, die mit so wenig Kenntnissen und so wenig auf das Leben vorbereitet, ins Leben treten müssen. Der Pfarrer Franzen von Wahlheim hatte sie in der Woche vorher durch Vorträge in der Kirche - ein anderer Raum steht uns nicht zur Verfügung - vorbereitet.

12. März 1945

Heute hielten wir das Seelenamt für dem im Lazarett verstorbenen Krieger Franz Schulte. Seine Leiche war nach hier gebracht. Wir haben ihn auf dem Kirchhof (Friedhof) begraben. Das Leid war in der Familie um so größer, weil vor einige Wochen der Hof durch Bomben schwer mitgenommen war.

15. März 1945

Seit einigen Tagen liegen Soldaten in der Davert und haben auch dort ein Spritlager aufgetan. Dieser Umstand und auch vielleicht der Bahnhof Davensberg war die Ursache, dass Tiefflieger fünf Bomben dort abgeworfen haben. Eine fiel mitten auf die Chaussee bei der Molkerei, eine andere zerstörte die Emmerbachbrücke im Rennenkamp auf dem Davertweg nach Amelsbüren.

16. März 1945

Heute kam der Polizeimeister zu mir mit einer Verfügung vom Gauleiter, dass nächstens, wenn die Gefahr größer wird, Sturm geläutet werden soll!! Was nach Sturmleuten geschehen soll, käme noch in einer weiteren Anweisung. Es ist bezeichnend, dass die Leitung oben noch solche nebensächlichen Maßnahmen trifft, als wenn sie damit die Lage noch retten könnte.

17. März 1945

Heute Morgen um 6 Uhr hielt ein Lastauto, das mit Ursalinenschwestern aus Dorsten kam. Sie wollten weiter nach Werl. Also wird es in Dorsten schon brenzlig.

18. März 1945

Das Hochamt fiel am heutigen Sonntag aus. Dafür war des Nachmittags nach der Fastenpredigt hl. Messe.


Das Wohnhaus von Prinz-Jakobs, Breil


Am Spätnachmittag warf ein Tiefflieger eine Bombe mitten in das Wohnhaus von Prinz-Jokobs an der Bahn. Das Haus fiel vollkommen ineinander. Menschen waren keine im Haus. Sie hatten sich im Nebengebäude in die Runkelkuhle, die abgestützt war, und als Bunker diente, geflüchtet.

19. März 1945

Heute Nachmittag wurde ein Güterzug, der an der Galghege hielt, von Fliegern beschossen. Unglücklicherweise oder auch vielleicht glücklicherweise trafen sie einen Waggon mit Zucker, während die Anderen mit Steckrüben beladen waren. Darauf ein großes Rennen, von dem Zucker etwas mitzubekommen.

Den ganzen Tag, von Morgens 9 Uhr bis Abends um 7 Uhr war Alarm, nicht weil andauernd Flieger in der Nähe waren, sondern weil die Nachrichtenübermittlung so schlecht ist.

20. März 1945

Heute hielten wir das Seelenamt für den gefallenen Krieger Franz Real aus der Siedlung. (an der Bispingheide)

Auf der Mersch hinter Pötter fielen fünf Bomben. Nur Flurschaden.

23. März 1945

Dem Ortsgruppenleiter und seinem Stellvertreter gehen allmählich die Augen auf. Nachdem der Ortsgruppenlei-ter am vorigen Sonntag noch in der Bauernversammlung mächtig geredet hat vom Standrecht, von seinen großen Vollmachten und von einer baldigen Wendung des Krieges, erzählte mit heute jemand, er habe ihn gebeten, die Standarte und die Parteikasse mit nach Lüdinghausen zu nehmen, er wolle sie los sein, ferner möge er das Schild "Ortsgruppenleiter" von seinem Haus abnehmen (Ortsgruppenleiter Meer wohnte im Amtshaus oben). Und sein Stellvertreter erklärte: Ich glaube, wir haben den Krieg verloren. Was vernünftige Leute schon seit Jahren wussten, dämmert ihnen heute. Oder dachten sie anders, als sie redeten?


Das Amtshaus um 1930


24. März 1945

Den ganzen Tag hindurch waren Flieger in der Luft. Vormittags habe ich schon ei-nen versehen, der des Morgens früh von hier nach Dortmund gefahren war, um gegen 9 Uhr wieder hierzu sein. Aber in Dortmund Brambauer wurde er schon von Fliegern schwer verwundet. Bei unserer Flakabteilung und auch bei der Polizei ist höchste Alarmstufe. Die Franzosen müssen im Lager bleiben (Lager = Saal von Klaverkamp). Die Leute, bei denen sie arbeiten, bringen ihnen das Essen und müssen ihnen für drei Tage Verpflegung mitbringen. Die Aufregung im Ort wächst.

25. März 1945

Am heutigen Sonntag - Palmsonntag - sind die hl. Messen um 1/2 9 Uhr und 10 Uhr ausgefallen. Unsere Palmweihe und die schöne Palmprozession um die Kirche konnten wir nicht halten wegen Fliegeralarm. Die Leute kommen schon viel mehr zu den ersten Messen, die sehr gut besucht sind. Des Nachmittags war wieder nach der Fastenpredigt hl. Messe. Den ganzen Tag kamen Züge von Flüchtlingen aus der Gegend von Dorsten. Die Leute im Dorf werden unruhig. Was sollten wir machen, wenn die Front näher kommt? Sollen wir oder müssen wir auch flüchten? Man erzählt, der Befehl zum Räumen wäre schon da. Wo lassen wir unsere Sa-chen? Ich habe immer wieder allen geraten, bleibt hier, wenn es eben möglich ist. Nur wenn wir hinter die Front kommen, und die Feinde bekommen Aufenthalt, geht in die Bauerschaften, denn dann ist mit einem Bombenteppich auf Ascheberg zu rechnen.

26. März 1945

Heute war schon um 7 Uhr Alarm, wie so oft, nachdem die Flieger schon vorbeigezogen waren. Tiefflieger haben den Bauer Bose-Böckmann in der Westerbauer-schaft auf dem Feld beim Kunstdüngerstreuen nicht unbedenklich angeschossen. Im Dorf fängt man überall an, einzupacken. Ich bin in die Bauerschaft gefahren, um für die Kelche und Monstranzen, sowie für die Messgewänder und die Kronleuchter Verstecke zu suchen (auf den Hof Schulze Pellengahr; Versteck auf dem Boden der Hofkapelle). Des Nachmittags haben die Schwestern, die die Küsterdienste tun, die besten Messgewänder und die Chormäntel in Kisten verpackt. Im Hause selbst ging das Packen auch los. Von den Nachbarn wurden Kisten und Reisekoffer gebracht, die größtenteils im Keller verstaut wurden. Der Keller wurde zu einem Raum eingerichtet, in dem man beim Übergang der Front bleiben konnte. Alles spricht nur von den kommenden Ereignissen. Es werden ernste Kartage und auch noch vielleicht schwere Ostertage geben.

27. März 1945

Den ganzen Tag über war natürlich wieder Alarm. Wir haben in aller Ruhe das Grab für die Kartage aufgebaut, unbekümmert um alles, was noch kommen wird. Zugleich haben wir die Kronleuchter abgenommen und zunächst in die Pastoratskeller geschafft, bis sie abgeholt werden.

Die Front kommt immer näher!
28. März 1945

Wenn wir es sonst nicht schon wüssten, wir können es aus den durchziehenden Trecks entnehmen. Vor allem ist es die Organisation Todt, die am Westwall gebaut hat. Aus allen Völkern zusammengesetzte Trupps kommen von Lüdinghausen her, ziehen am Krankenhaus (Altenheim) vorbei weiter nach Drensteinfurt. Dazwischen ziehen aber auch schon Soldaten, vor allem Nachschubkolonnen, die zuerst den Weg nach Osten nehmen. Ein Bild des Jammers. Kaputt gefahrene Autos, oft drei und vier aneinander gebunden, da ihnen das Benzin fehlt. Die Soldaten in abgerissener Uniform. Das Bild eines geschlagenen Heeres!

Gründonnerstag
29. März 1945

In der Nacht hörte man schon, dass in der Ferne Sprengungen vorgenommen wur-den. Es ist bekannt, dass Kanalbrücken gesprengt werden sollen und dort eine Ver-teidigungsstellung eingerichtet werden soll. Dann würden wir vielleicht unmittelbar hinter die Front kommen. Es gehen allerlei Gerüchte, vor allem über die Nähe des Feindes, dass geräumt werden müsse, die ersten Panzer wären schon in Seppenra-de usw. Wir haben noch unseren Gottesdienst in aller Ruhe gehalten, allerdings mit wesentlich geringerer Beteiligung der Leute als sonst. Überall ist man am Packen. Man trägt die Sachen zu Bekannten in die Bauerschaft. Bunker werden eingerichtet. Alles ist in Aufregung. Und doch muss man die Ruhe dabei bewahren und ruhig überlegen, was für die kommenden Tage zu tun ist. Des Nachmittags wurden noch Zettel vom Ortsgruppenleiter an die Jungen der Jahrgänge 1928 und 1929 verteilt, sie sollen sich um 7 Uhr bei Klaverkamp versammeln, um in die Senne abtransportiert zu werden. Nur 3 haben sich eingefunden! Und diese sind auch nicht mehr weggekommen.

Karfreitag
30. März 1945

Wir hielten unseren Gottesdienst zur gewohnten Stunde um 8 Uhr, doch wurde die Predigt abgekürzt. In der Ferne hörte man Sprengungen. Die Aufregung im Dorf steigt. Immer neue Trupps von Soldaten und auch einzelne kommen durch. Alles zieht am Krankenhaus (Altenheim) vorbei. Ich traf drei Soldaten, die aus Rahde ka-men. Sie erzählten, dass sie bei Haus Dülmen zwischen die englischen Panzer hergelaufen seien. Die Brücke ist vor ihnen gesprengt. Auf dem Amt ist ein großes Durcheinander. Akten werden verbrannt. Der Bürgermeister ist gekommen mit dem Bürgermeister von Olfen. Er verabschiedet sich unter Tränen von den Beamten und Angestellten. Er habe bisher zum Führer gehalten, er wolle auch weiterhin ihm fol-gen. Dann sind die beiden Bürgermeister mit dem Fahrrad weitergefahren. Vorher hatte die Frau des Bürgermeisters ihm noch nach hier mitgeteilt, die Amerikaner ständen vor Nordkirchen und schössen, allerdings über das Dorf hinweg. Es wird weiter bekannt, dass der Landrat und der Kreisleiter auch abgezogen sind. Es ist vor allem wichtig, dass der Kreisleiter weg ist. Er hätte vielleicht noch in Lüdinghausen einen Widerstand organisiert, dann hätten wir noch am Ende als unmittelbar hinter der Front liegend, einen Bombenteppich bekommen. Er war nämlich der jüngste Kreisleiter weit und breit und hatte noch vor einigen Tagen in einer Versammlung der Ortsgruppenleiter sehr scharfe Töne angeschlagen. Er kam noch bei Hugo Merten in Ascheberg vorbei. Der hat ihm den Standpunkt klar gemacht, wie hohl die ganze nationalsozisalische Bewegung geworden sei. Er hat es bei ihm durchgesetzt, dass der Volkssturm nicht mehr aufgerufen wurde und dass die Männer vom Jahrgang 1897 und aufwärts nicht mehr nach Osten abtransportiert würden. Der Kreisleiter ist ganz klein geworden, und unter Tränen hat er sich von Hugo Merten verabschiedet. Des Nachmittags ist alles am Vorbereiten für den Abend und die Nacht, denn der Feind wird bald erwartet. Am Spätnachmittag war ich bei Hugo Merten. Dort war der Kriegsrat von Ascheberg versammelt. Hugo Merten selbst war noch vor einigen Tagen zum Verteidigungskommissar für Ascheberg vom Kreisleiter ernannt; dazu Dr. Pistorius aus Aachen, der als Evakuierter schon länger hier weilt, als Führer des Volkssturms, Lehrer Ahle aus der Osterbauerschaft, der Batallionsführer beim Volkssturm ist, und Lehrer Schomberg, der Propagandaleiter bei der Partei war. Dazu kam noch Bauer Joseph Wintrup als Kompanieführer beim Volkssturm und der Ortsbauernführer Greive. Der Kanonendonner aus Richtung Lüdinghausen nimmt zu. Es war bekannt, dass in vorderster feindlicher Linie nur Infanterie mit Artillerie kurz diesseits Ermke (Ermke = bei Hohelucht) an der Wegekreuzung der Chaussee stand, und dass auf unserer Seite nur eine ganz dünne Linie von Truppen stand, die sich schon ziemlich verschossen hatte, und zwar ohne Artillerie. Es wird gemeldet, dass sich eine kleine Gruppe von Soldaten, diesseits des Bahndammes an der Lüdinghauser Chaussee nach Storkamp, festsetzen will, um den Feind aufzuhalten. In diesem Fall würde Ascheberg noch Artilleriebeschuss bekommen. Da entschloss sich Merten mit Wentrup nach vorn zu fahren und den Kommandeur zu veranlassen, sich hinter Ascheberg zurückzuziehen. Gott Dank, es gelang ihnen. Nachher sind dann Wintrup und Pistorius bis zu den Vorhuten der Amerikaner gekommen und haben ihnen erklärt, dass vor Ascheberg kein Widerstand mehr geleistet würde und dass keine Truppen mehr dort ständen. Pistorius konnte englisch mit ihnen verhandeln.

Ascheberg kann diesen Männern nicht genug danken: Wintrup, Merten und Dr. Pistorius.
(siehe auch unter Berichte)

    


Ascheberg kann diesen dreien nur danken, dass sie mit eigener Lebensgefahr es fertig gebracht haben, dass Ascheberg nicht mehr beschossen wurde.

Des Nachmittags haben die Ascheberger noch einen guten Fang gemacht. Eine Abteilung Metzger war ins Dorf gekommen, die noch etwa 20 Kühe mit sich führte. Diese haben sie zum Teil abgeschlachtet und unter die Leute verteilt. Manche haben sich sehr gesegnet. Auch das Krankenhaus hat einen Teil mitbekommen. Es gab auch noch andere schöne Sachen. In der Schule hatte sich vor etwa 14 Tagen eine Marketenderei aufgetan. Sie kam von Orsoy am Rhein. Dort hatten sie auch ihre Sachen aufgeben müssen und ihr Lager verkauft und schließlich den Rest preisgegeben. Hier hatten sie nun ein neues Lager errichtet. Nun verkauften sie von Donnerstag Abend an alles, was sie hatten und schließlich wurde es umsonst abgegeben, Rauchwaren aller Art, Fleisch, Mehl, Margarine und sonstige schöne Sachen. In hellen Scharen zogen die Leute zur Schule und holten zum Teil auf Wagen die Sachen ab. Wie ich nach Hause komme, ertönten Brandsignale.

Der Hof von Beutelmann, in der Hegemerbauerschaft, brennt. SS-Truppen hatten ihn in Brand geschossen, weil der Besitzer die weiße Fahne ausgesteckt hatte. Zu Hause wurden die letzten Vorbereitungen getroffen, um die Nacht im Keller zuzu-bringen. Liegestühle und die nötigen Decken, Kerzen, eine Kochstelle wurde heruntergeschaft, sogar ein Klosett ist vorgesehen. Der vordere Teil des Kellers gleicht einer Trödlerbude, da hängt es voll von Kleidungsstücken aller Art, die an gespannten Seilen aufgehängt sind, der letzte Teil des Kellers sieht aus wie ein Gepäckraum an der Eisenbahn, voll von Koffern und Kisten. In dem dazwischen liegenden Teil werden die Leute untergebracht. Wir essen im Zimmer noch am Abend. Dann kommen die Nachbarn, auch der Herr Kaplan mit seinen Angehörigen. Alle werden unten gut untergebracht, etwa 20 Personen. Es kommt die Meldung, die Panzer sind am Kanal aufgehalten. Die Brücke ist gesprengt, doch ist die Sprengung nicht ganz geglückt. Es wird daran gearbeitet, sie zu reparieren, darum kann es wohl


Stiens = heute Hillmann


Morgen werden, ehe die Panzerspitzen kommen. Im Keller ist alles guter Dinge. Man erzählt sich was. Dann wird der Rosenkranz gebetet, dass Gott uns in der Nacht beschützen möge. Das Telefonieren über Lüdinghausen geht noch immer. Ermke meldet, dass die Panzerspitzen bei ihnen vorbeiführen.


Das Haus Leidiger stand an der Ecke Sandstraße / Lüdinghauser Straße


Ein Teil sei nach Nordkirchen, ein anderer Teil nach Ottmarsbocholt abgebogen, der Hauptteil fährt geradeaus auf Ascheberg zu. Ich rufe das Krankenhaus (Altenheim) an. Dort ist alles ruhig und guten Mutes. Die Kranken sind alle nach unten gebracht, im Flur, im Luftschutzkeller und in der Küche gebettet. Hier und da gibt es einen kräftigen Kanonenschuss. Der Feind kommt näher. Wie ich gegen 2 Uhr morgens wieder das Krankenhaus anrufe heißt es, die Spitze steht bei Leidiger. Man hört wohl das Motorengeräusch, aber es kommt nicht näher. Wieder in den Keller, um denen dort mitzuteilen, wie die Lage ist. Wir beten wieder den Rosenkranz. Als ich nach einiger Zeit wieder hinaufgehe, um hinter der Haustür zu schauen, was los ist, sehe ich bei Stiens (heute Hillmann) einen Spähtrupp von 5 Soldaten hintereinander vorbeiziehen, bald darauf kommen auch welche an unserem Hause vorbei. Kurz danach kommen einige leichte Autos fast geräuschlos vorbeigeflitzt und kommen bald zurück. Nach dem Motorengeräusch zu rechnen, muss die Spitze jetzt bei Kortenbusch (Kortenbusch= Drogerie Worms 1970 abgebrochen, es stand an der Ecke Sandstraße / Kirchplatz St. Lambertus) stehen, doch sie kommen nicht weiter. Endlich sieht man sie im Morgenlicht an der linken Seite der Kirche vorbeifahren, dann über die Chaussee (Steinfurterstraße) und daneben her über die Äcker und durch die Gärten gefahren und haben viel verwüstet.


Kortenbusch = Drogerie Worms - Abbruch 1970


Ich bin wieder in den Keller gegangen, um denen dort mitzuteilen, dass die Gefahr vorbei sei, die Panzer fahren durchs Dorf, sie könnten nun ruhig ein wenig schlafen. Ich rief das Krankenhaus an, um zu hören, wie es dort gegangen ist. Doch das Telefon war bereits abgeschnitten. Dann habe ich mich aufs Sofa gelegt und geschlafen.

Karsamstag
31. März 1945

Ich war in der Nacht nüchtern geblieben, um vielleicht am anderen Morgen wenigstens die Messe zu lesen. Doch es war bald klar, dass das nicht möglich war. Wagen an Wagen rollte noch durchs Dorf. Kein Mensch konnte zur Kirche kommen. Es wa-ren bereits Anschläge gemacht, wonach nur von 9 - 12 Uhr Ausgehzeit ist und zwar nur einer aus jedem Haushalt, um Einkäufe zu machen und Wasser zu holen. Neben dem Pastorat, in der früheren Rektoratschule, war eine Krankenstube von der Flakabteilung. Wir haben sofort das Schild, das draußen hing abgenommen, und das eine Zimmer sofort ausgeräumt und die Instrumente und Flaschen und sonstiges Material zum Krankenhaus geschickt. Ich betrachte das nicht als Diebstahl, da wir überhaupt - seit Pfingsten vorigen Jahres - keine Miete für die beiden Räume bekommen haben. Ich bin dann zum Krankenhaus gegangen, um zu sehen, wie es dort gegangen war. Dort war alles gut verlaufen. Allmählich ging der Wagenverkehr am Krankenhaus vorbei und nicht mehr so viel durchs Dorf. Des Nachmittags habe ich versucht, einen Passierschein zu bekommen, doch vergebens. Es war keine Stelle da, die einen ausstellen konnte. Ich ging zum Amt. Dort saß der Amtsinspektor Neuhaus und der Angestellte Berni Stiens und erzählten sich was. Alles war leer. Es kam gerade eine Streife Soldaten, die nachdem Parteihaus fragten. Man wies sie nach oben, wo der Ortsgruppenleiter, Schulrektor Meer, wohnte. Zu Hause kam gegen 1/2 9 Uhr eine Streife Soldaten und suchte nach Soldaten und Waffen. Die Soldaten waren nicht unfreundlich, suchen etwas und zogen bald wieder ab. Des Abends gegen 1/2 10 Uhr kam wieder eine Streife und klopfte an die Tür. Die Schelle funktioniert nicht mehr, da wir seit heute morgen keinen Strom mehr haben. Diese Soldaten waren weniger freundlich. Der Anführer war, wie er selbst sagte, Jude und er hasse alle Deutschen, die Soldaten gingen auch in den Keller und auch nach oben, wo die meisten Mitbewohner schon in den Betten lagen. Sie schauten in die Zimmer hinein und zogen bald wieder ab.

Ein trauriges Ereignis

Ein trauriges Ereignis wurde mir auf dem Rückweg nach Hause am heutigen Abend mitgeteilt. Der Elektriker Bernhard Grundkötter war in der vergangenen Nacht beim Einzug der Panzer aus seinem Keller in der Sandstraße über die Weide von Schulze Frenking gegangen und hatte sich vor dem Schweinestall hingestellt, um den Einzug zu beobachten. Er glaubte vielleicht im Dunkel zu stehen, doch bei dem Mondschein muss man ihn entdeckt haben und hat ihn sofort erschossen. Von mehreren Kugeln getroffen, hat man ihn kurz vor der Dämmerung gefunden. So hat der Durchzug doch ein Menschenleben gekostet.

Ostersonntag
01. April 1945

So stille und ernste Ostern haben wir in Ascheberg wohl noch nie gefeiert. Keine Auferstehungsfeier, kein feierliches Hochamt. Wir haben des Morgens zwar die Ordnung der Messen an den Kirchentüren angeschlagen, doch konnten wir sie nicht vorher bekannt geben. Viele haben darum keine hl. Messe am Ostertag bekommen. Wir haben 4 hl. Messen gelesen, 9 1/4, 9 3/4, 10 1/4 und 11 Uhr. Die erste war gut besucht, die drei anderen schwach. Das war die ganze Osterfeier! Gegen 11 Uhr gab es eine große Aufregung. Verschiedene Häuser mussten ganz oder sofort in ganz kurzer Zeit räumen, darunter die Wirtschaften von Forsthoff (Burghof), Stiens (heute Metzgerei Hillmann) und Höhne (heute Hillmann). Auch die Kaplanei musste in einer Stunde geräumt sein. Forsthof (Schulte-Strathaus) sind mit Sack und Pack in den Kindergarten (Kindergarten war im Vereinshaus (Pfarrheim) eingezogen. Der Herr Kaplan mit seinen Angehörigen - 5 Personen - in das Pastorat und haben dort bis zum folgenden Abend gewohnt, obschon nach einigen Stunden das Haus wieder geräumt wurde. Sonst ist der Tag ruhig verlaufen.


Gastwirtschaft Forsthoff (Burghof) - Schulte-Strathaus


02. April 1945

Unseren Gottesdienst haben wir in der Kirche wie am Ostersonntag ungestört halten können.


Metzgerei Höhne, dann Metzgerei und Gastwirtschaft Kurt Hillmann


Doch kamen sonst betrübliche Nachrichten. In den Bauerschaften ziehen haupt-sächlich Russen und Italiener auf die Höfe und plündern und rauben, was sie bekommen können. Vor allem haben sie es auf Kleidung und Fahrräder abgesehen. Leider haben sie auch einige Haustöchter vergewaltigt und arg misshandelt. Die Bauern haben viel Schweres auszustehen gehabt. Teilweise hat man ihnen nicht nur die Lebensmittel genommen, sondern auch Pferde und Wagen entführt. Wer auf der Straße draußen Rad fuhr, verlor dies ganz bestimmt. Darum sieht man auch soviel Italiener auf einem Damenrad spazieren fahren. Dann wurde noch bekannt, dass der Ortsgruppenleiter, Schulrektor Meer, abgeführt sei. Ferner wurde auch Hubert Schulze Pellengahr am Sonntag Nachmittag weggebracht. Ein Russe hatte ihn angezeigt, als ob er Partisanen verborgen hätte, was natürlich nicht der Fall ist. Dann kam der Russe wieder zum Hof, - er war dort beschäftigt gewesen - und hat alle mit dem Tode bedroht und alles ausgeplündert. Die Angehörigen sind zum benachbarten Kötter Bäumker geflüchtet.


Haus des Kaufmanns M. Bultmann


Des Nachmittags wurde auch im Dorf von Italienern geplündert. Beim Kaufmann M. Bultmann (Textilgeschäft an der Nordseite der Kirche) schlugen sie alle Schaufenster ein und auch beim Küster Niemann. Doch haben sie an beiden Stellen nicht viel erreicht, weil die Hilfspolizei, die sich aus der früheren Landwacht zusammensetzt, dazwischen trat.

Viel fremdes Volk zieht durch das Dorf.
03. April 1945

Viele haben Fahrräder, vor allem Damenräder, die sie den Frauen und Mädchen abgenommen haben, neu eingekleidet mit Sachen, die sie geraubt haben, überall sind sie am spekulieren, ob etwas zu ergattern ist. Gegen 10 Uhr waren auf einmal Italiener im Hof und auch im Garten des Pastorats und schauten durch die Fenster, ob da etwas zu holen sei. Als aber die Nachbarn kamen, waren sie bald wieder ver-schwunden. Bei Heinrich Mühlenbeck auf der Sandstraße haben sie danach den Schuhladen ausgeplündert. Bald darauf sind sie bei seinem Bruder, (Franz Mühlenbeck, Haus abgebrochen, heute Blumen H. Wenge) neben Bose, gewesen. Hubert Jansen (Haus abgebrochen, heute Friseur Nientidt) hat, als sie kamen, draußen Joppen und Hosen an sie verteilt. Im allgemeinen halten sich die Amerikaner dagegen passiv, hier und da greifen sie ein.


Haus von Franz Mühlenbeck


Für das Dorf wird eine Hilfspolizei gebildet, aber nur aus Männern, die nicht zur Partei gehört haben. Bis 6 Uhr Abends geht sie durch die Straßen und sorgt für Ordnung. Von 6 Uhr (18 Uhr) an und die Nacht hindurch halten amerikanische Streifen Wache. Wer in der Dunkelheit auf der Straße sich aufhält, wird erschossen. Des Nachmittags hatte ich noch eine traurige Aufgabe zu erfüllen. Ich musste 2 deutsche Soldaten begraben. Der eine war ein Flieger und war vor etwa 5 Wochen in der Davert abgestürzt. Damals hatte man nur Teile von ihm gefunden und diese feierlich auf dem Flugplatz Handorf begraben. Vor gut 14 Tagen fand man seinen Leichnam. Die hiesigen Soldaten wurden davon benachrichtigt, dass die Leiche im Krankenhaus stehe, doch haben sie sich um ihn nicht mehr gekümmert. Der andere war ein junger Mann von 18 Jahren, ein Schmitz - Moormann, gehbürtig aus Münster. Er trug Panzeruniform. Die Amerikaner haben ihn anscheinend schwer verwundet gefunden, haben ihn noblerweise mitgenommen. Da er ihnen unterwegs wahrscheinlich gestorben ist, haben sie seine Leiche des Nachts bei Klaverkamp am Ausgang des Dorfes auf einer Bahre abgesetzt. In der Wolldecke, in die er eingehüllt war, haben wir ihn ohne Sarg beigesetzt. Nachträglich hat sich herausgestellt, dass es ein anderer war, trotzdem er das Soldbuch von Schmitz-Moormann bei sich hatte.

Wie es draußen steht, werden wir nicht gewahr. Kein Brief, keine Zeitung kommt, man kann auch kein Radio hören, da kein Strom da ist. So gehen denn die tollsten Gerüchte um, wie es in anderen Orten gegangen hat, wie weit die Front vorgerückt ist. Man hört das Donnern der Kanonen und sieht das Aufblitzen beim Schießen in der Ferne, das ist das einzige Sichere.

Der französische Geistliche, der hier 4 Jahre war, besuchte mich gegen Abend. Er war mit seinen Kameraden, die hier beschäftigt waren, und die am Donnerstag voriger Woche abtransportiert waren, wiedergekommen. Sie waren bis Oelde gekom-men, dann sind sie ihren Wachmannschaften einfach ausgerückt. Zwischen diesen Franzosen und der Bevölkerung bestand von jeher ein gutes Verhältnis, am nächsten Montag wollen sie weiter ziehen, nachdem sie sich hier bei ihren früheren Dienstherren etwas abgeholt haben. Den Altar, den sie sich im Lager (bei Klaverkamp) erbaut hatten, haben sie der Kirche geschenkt. 04. April 1945

Es ist heute etwas ruhiger geworden. Für die Russen und Italiener wird gekocht, so dass sie nicht zu rauben brauchen. Wie man hört, ist für Lüdinghausen ein großes Auffanglager errichtet.

05. April 1945

Heute kamen noch viele Panzer durch. Sonst ist es ruhig. Es wird von der Gemeinde Fleisch ausgegeben, pro Person 1 Pfd. Ebenso gab es Brot und Zucker, doch muss man es wissen, wo es die Sachen gibt und früh genug da sein. Beim Brotausgeben bei Lüningmeyer haben sich die Russen sehr dazwischen gedrängt.

06. April 1945

Heute ist Herz-Jesu-Freitag. Wir haben 2 hl. Messen und das Herz-Jesu-Hochamt gehalten. Die Beteiligung war naturgemäß nicht sehr groß.

Auf den Straßen war es ruhig. Auch das Durchfahren der Amerikaner ist geringer geworden.

07. April 1945

Von heute an gibt es schon eine Erleichterung. Wir können von morgens 7 Uhr bis abends 6 Uhr ausgehen!

Wir haben sofort die hl. Messen für den morgigen Sonntag auf 1/2 8, 1/2 9, 10 und 1/2 12 Uhr festgesetzt. An den Werktagen sind die hl. Messen um 7 1/4 und 8 Uhr.

08. April 1945

Die hl. Messen am heutigen Sonntag waren wieder gut besucht. Des Nachmittags haben wir eine Dankandacht gehalten, um Gott von ganzem Herzen zu danken, dass er uns in den Tagen des Übergangs der Front so gnädig beschützt hat. Auch diese Andacht war gut besucht.

Wie man hört, sollen die hiesigen Franzosen, die sonst morgen abziehen wollten, hier bleiben und Polizeidienste tun. Es wird immer schwerer, der Plünderer Herr zu werden.

10. April 1945

Die Fremdarbeiter sollen im Lager untergebracht werden. In der alten und neuen Schule sind Russen und Italiener. Es geht dort furchtbar daher. Hinter der Schule wird gekocht. Heizmaterial ist alles, was nur brennt. Aus der Schreinerei von Bern-hard Ernst (früher Herberner Straße) haben sie zuerst Kleidungsstücke und Wä-sche, die dort untergebracht waren weggeholt, dann die Möbel verheizt, dann kamen die Schulbänke dran. Ein Bild des Jammers. Allmählich beginnt wieder normales Leben. Das Bürgermeisteramt (Bürgermeister = Hugo Merten) versucht, sich wieder einzurichten. Die Molkerei beginnt wieder zu arbeiten. Bisher konnte kein Milchwagen die Milch von den Bauern holen. Lebensmittelkarten sind wieder gedruckt und werden in einigen Tagen ausgegeben.

11. April 1945

Heute war um 10 Uhr hl Messe, Generalabsolution und Osterkommunion für die hier anwesenden Amerikaner. Gestern war ein Feldgeistlicher in Begleitung eines Soldaten mit Gewehr hier, um die Sache mit mir zu besprechen. Er war ein großer Nazigegner und begriff nicht, dass wir Geistlichen nicht mehr gegen Hitler geredet hätten. Etwa 30 Amerikaner hatten sich zu der Messe, die ich selbst gelesen habe, eingefunden. Vorher war Generalabsolution. Ein Amerikaner diente bei der Messe, er machte es sehr würdig. Fast alle gingen zur hl. Kommunion. Nach dem Gesichtsausdruck konnten alle, bis auf etwa 2 oder 3 genau so gut aus unserer Gemeinde stammen, 2 oder 3 machten es so fromm bei der hl. Kommunion, als wenn sie gera-de aus dem Kloster kämen.

Heute gab es wieder neue Aufregung
13. April 1945

Gegen 11 Uhr wurde ich zum Kindergarten gerufen. Der Kindergarten sollte geräumt werden. Am Eingang kamen mir ein Leutnant und Dr. Pistorius entgegen. Pistorius sagte mir, sie würden ihn nicht benutzen, sie wollten zum Stift (St. Georg) fahren und die dort erbaute, aber noch nicht fertige Baracke der Hautklinik benutzen. Ich ging beruhigt wieder nach Hause. Des Nachmittags um 2 Uhr kam wieder die Nachricht, das ganze Vereinshaus (Pfarrheim) mit den Wohnungen müsste sofort geräumt werden. Ich ging zum Bürgermeister, um mich zu erkundigen. Dort saß der Leutnant beim Bürgermeister um über diese Frage zu verhandeln. Ich stellte ihnen die Schwierigkeit der Räume vor, da der Saal voll von Möbeln von ausgebombten Leuten sei. Bultmanns Saal wurde vorgeschlagen. Wir gingen hin. Doch der Leutnant entschied sich für das Vereinshaus (Pfarrheim), das Lager für die Polen werden solle. Bis 5 Uhr müsse alles geräumt sein. Forsthoff (Schulte-Strathaus) war mit seinen Sachen noch im kleinen Saal. Er durfte in sein Haus wieder einziehen. Dann ging der große Umzug vor sich. Alles packte an, Groß und Klein. Die Möbel wurden zum Teil auf den Saal von Bultmann, zum Teil in das Pastorat gebracht. Allerdings sind die Möbel und die Sonstigen Sachen sehr durcheinander gekommen, so dass es schwer hält, dass alle, die dort im Saal was untergebracht hatten, ihre Sachen wieder bekommen. Die Polen standen dabei und wartete darauf, dass sie einziehen konnten. Es waren zunächst nur 25 Personen, die einzogen. Natürlich zogen sie in die Wohnung von Bose und in den kleineren Raum hinter dem kleinen Saal. Der große Saal blieb leer! Dafür hatten wir uns gequält.

15. April 1945

Heute ist Sonntag. Alles geht ruhig von statten. Doch gegen 11 Uhr kamen Quartiermacher. Als die letzte Messe zu Ende war, da ging das Packen von neuem Los. Forsthoff (Schulte-Strathaus) musste wieder ausziehen, der halbe Burgwall und ein großer Teil der Sandstraße sowie der Steinfurterstraße mussten geräumt werden. Bis 2 Uhr war alles wieder umgepackt. Lobend ist hier festzustellen, wie sich die Nachbarschaft glänzend bewährt hat. Alle packten mit an und überall waren die Nachbarn bereit, die Ausgeräumten aufzunehmen. Die Sandstraße und der Anfang der Steinfurterstraße wurden für das Publikum gesperrt. Die Soldaten spielten dort Handball und Fußball. Die vielen schweren Wagen fuhren auf die Weide von Schulze Frenking und von Schlingermann.

17. April 1945

Gestern war wieder ein Feldgeistlicher hier namens Herold. Er war Missionar in Japan gewesen. Er wollte heute um 11 Uhr für seine Leute hl. Messe lesen und Osterkommunion halten. Um 1/2 11 Uhr war Beichte angesetzt. Doch kamen 4 von 30 Mann, die dann auch in der hl. Messe kommunizierten. Die anderen wohnten nur der Messe bei.

Heute kamen etwa 150 Mann Einquartierung
18. April 1945

Die Siedlung musste räumen. Die Franzosen, die in Davensberg in der Schule und bei Schulze Hobbeling einquartiert sind, werden allmählich abtransportiert. Sie ge-hen mit gemischten Gefühlen weg, da sie vermuten, dass sie bald wieder Soldat sein müssen. Im Krankenhaus (Altenheim) geht es ziemlich bunt her. Zwei verwundete Soldaten liegen noch von der letzten Verteidigung vom Karfreitag im Bett. Dann kommen immer wieder durchreisende Russen, Italiener, Franzosen und Holländer, die verpflegt werden. Der karitative Charakter unseres Hauses tritt nun klar zu Tage, da wir wohl für keinen irgend eine Bezahlung erhalten werden, ebenso wenig, wie wir sie auch für die vielen Kriegsgefangenen und Landjahrmädchen und Arbeitsdienstmädchen je erhalten werden.

22. April 1945

Heute war wieder hl. Messe für die Amerikaner in der Kirche um 4 Uhr. Es waren über 400 anwesend. Der Feldgeistliche war vorher nicht bei mir, weil er zu spät wi-der Erwarten kommen konnte. Er hatte am Morgen bereits in Bottrop und Gelsenkir-chen zelebriert. Er hat fleißig Beichte gehört, etwa 50 gingen zur hl. Kommunion.

Von Davensberg ist noch einiges nachzuholen, was ich erst heute erfahren habe. Der Vikar von Davensberg ist beim Einzug der Amerikaner von dem Major zum Bür-germeister ernannt worden. Er hat sein Amt einige Zeit ausgeübt aber dann es ver-trauensvoll in die Hände des Bürgermeisters von Ascheberg (Hugo Merten) überge-ben. Ferner berichtete der Vikar, dass am Spätabend des Karsamstags es bei ihm angeklopft habe. Amerikanische Truppen standen vor der Tür und begehrten Einlass in der Kirche, um dort zu übernachten. Wohl oder übel musste er zustimmen und die Kirche aufschließen. Er hatte nicht einmal Zeit, das Sakrament in die Sakristei zu tragen. Sobald er die Sakristei öffnete, waren die Soldaten auch schon darin, um ihre Feldbetten dort aufzuschlagen. Die Bänke wurden auf die Seite geräumt, und Kirche und Orgelbühne war voll von Feldbetten, auf denen die Soldaten übernachteten. Dem Kommandanten war vom Vikar gesagt, dass am anderen Morgen um 10 Uhr Gottesdienst angesetzt sei. Kurz nach 9 Uhr zogen die Soldaten wieder ab, reinigten die Kirche und setzten die Bänke wieder zurecht, so dass die Ostermesse um 10 Uhr pünktlich beginnen konnte.

23. April 1945

Ein amerikanischer Offizier kam mit zwei Protokollen, die von einem Mädchen und einer Frau, Mutter von 2 Kindern, aufgenommen waren, wonach 2 Soldaten ein Mädchen und 2 andere Soldaten die Frau und ein älteres Mädchen vergewaltigt hatten. Zu 12 Uhr waren die Überfallenen in das Pastorat bestellt, und wurden dort von dem Offizier mit zu Hilfenahme meiner Schwester (Josepha) über die Soldaten ausgefragt. Die Verhandlung dauerte etwa eine halbe Stunde.

24. April 1945

Die überfallene Frau und das Mädchen wurden heute zu 1 Uhr (13 Uhr) in das Pas-torat bestellt und wurden von hier von dem Offizier einzeln abgeholt, um die Solda-ten, die sie überfallen hatten, aus der ganzen Reihe der Soldaten auszumachen. Die Soldaten waren in der Himmelstraße aufgestellt, und sie mussten die Reihe entlang gehen. Sie haben drei von den Vieren ausfindig gemacht. Wie mir der Feldgeistliche , der zur selben Zeit bei mir war sagte, können diese, wenn es feststeht, dass sie die Täter sind, erschossen werden!

Um 1/2 5 (16.30 Uhr) war wieder hl. Messe für die Amerikaner.


Das Pastorat am Kirchplatz St. Lambertus


Heute Morgen zogen die Amerikaner ab
28. April 1945

Fast 14 Tage sind sie hier gewesen. Ein Polizeikommando von 50 Mann blieb hier. In diesen 14 Tagen waren die Ascheberger doch sehr beschränkt in ihrem Verkehr. Die Sandstraße und die Steinfurterstraße waren zum Teil gesperrt, ebenso die Biete vor Dortmann. Die schweren Autos haben auf den Weiden sehr viel kaputt gefahren. Als die Amerikaner auszogen, standen die Russen parat, um in die Wohnungen einzudringen und zu plündern. Doch ist ihnen nicht viel gelungen. Die Einwohner standen auch parat, und die Amerikaner haben mitgeholfen, dass sie wieder in ihre Häuser kamen. Heute Morgen waren der Bürgermeister und ich beim Kommandanten, um einen Pass zu erlangen, um Pellengahr aufzusuchen, von dem man vermutet, dass er in Buer sei. Wir sind nicht dazu gekommen, doch war der Kommandant bereit, Nachforschungen anzustellen. Des Nachmittags kam eine Kriminalkommission zum Bürgermeister mit einer Liste sämtlicher Parteimitglieder mit ihrer Eintrittsnummer! Dieser Kommission hat dann der Bürgermeister den Fall Pellengahr vorgetragen. Sie waren sehr dafür interessiert. Blumenhagen, als früherer Ortsgruppenleiter, haben sie mitgenommen.

Heute ist der 1. Mai
Wie haben die Nazis in den ersten Jahren ihn gefeiert!
01. Mai 1945

Heute feiern ihn die Russen! Auf ihren Lagern in der Mädchenschule (an der Himmelstraße) haben sie zwei rote Sowjetfahnen gehisst. Kleine Trupps ziehen durch die Straßen, nicht in einem regelrechten Umzug, sondern in kleinen Gruppen, die Hände in den Hosentaschen schlendern sie daher und grölen zuweilen dabei. Die Blumen haben sie sich geholt, wo sie solche nur bekommen konnten, die Gräber auf dem Friedhof haben sie geplündert, auch in den Pastorsgarten sind sie von hinten eingebrochen, um sich Blumen auszureißen.

Die Plünderungen nehmen von Tag zu Tag zu
02. Mai 1945

Jede Nacht werden zwei oder drei Bauernhöfe vorgenommen und alles wird durchsucht, zunächst nach Alkohol, dann nach Lebensmitteln, besonders nach Fleisch. Manche haben ihren ganzen Fleischvorrat, der bis zum Herbst reichen sollte, verlo-ren. Auch Schmucksachen und Radios müssen mitgehen. In einem Falle haben sie der Frau den Ehering vom Finger gezogen. Dabei sind sie bewaffnet und drohen mit dem Revolver oder mit langen Messern. In der Hauptsache sind es Russen, die diese Übeltaten vollführen, meistens angeführt von Russen, die in der Gegend früher gearbeitet haben und die Örtlichkeiten kennen. Die Amerikaner tun leider nichts dagegen. Es wird schon mal eine Razzia abgehalten, und es werden welche gefangen genommen, doch am folgenden Tage sind sie wieder frei!

03. Mai 1945

Heute Morgen hielten wir für die Polen, die im Lager im Vereinshaus (Pfarrheim) sind, auf ihren Wunsch hin eine hl. Messe mit Generalabsolution. Sie haben sich recht gut beteiligt. Man kann mit ihnen noch ziemlich gut fertig werden. Allerdings nehmen sie mit, was sie nur bekommen können. Wir werden in diesem Jahr aus dem Garten der Pastorat wohl nicht viel ernten, wenn die Polen und Russen noch lange im Vereinshaus (Pfarrheim) bleiben.

Heute Nachmittag wurde ich auf der Sandstraße sogar von einem wilden Russen angefallen! Es standen etwa ein Dutzend Russen an der Ecke Himmelstraße, als ich da vorbei kam. Einer stürzte sich auf mich und hielt mich am Arm fest und rief: Partei! Doch gelang es mir, ihn abzuschütteln. Zur selben Zeit wurde vor mir ein Radfahrer von einem Russen mit blankem, erhobenem Messer vom Rad geworfen. Das Rad wurde er los. Diese Russen waren betrunken, selbst Kinder haben sie bedroht. So wird es immer bedrohlicher, wenn nicht bald Abhilfe geschaffen wird.

04. Mai 1945

In der Nacht machten Russen, wie sie es jede Nacht zu tun pflegen, einen Überfall auf den Hof Bolte-Henrichs in der Davert. Sie schossen durch die Tür und trafen mit drei Schüssen den Bernhard Krüper aus der Nachbarschaft tödlich ins Herz. Dann drangen sie ein, ließen den Toten einfach liegen, sperrten die Bewohner in den Keller und ließen auch nicht zu dem Toten in die Küche und plünderten alles durch und zogen wieder ab. So geht das Nacht für Nacht. Der Bürgermeister ist empört, denn der Kommandant tut nichts dagegen. Begründung: Ihr habt in Ascheberg vom Krieg noch nichts gelitten, ihr müsst auch leiden!

06. Mai 1945

Heute Nachmittag wurde an der selben Stelle, wie ich vor einigen Tagen (03. Mai), Professor Schlüter von betrunkenen Russen angefallen. Sie lassen die Passanten nicht ruhig gehen. Sie ziehen sogar den Frauen die Eheringe von den Fingern, natürlich nehmen sie auch Uhren mit, was sie nur bekommen können.

Heute feiern die Russen ihr Osterfest, darum sind viele betrunken und fallen Leute an.

Heute und an den beiden folgenden Tagen von Christi-Himmelfahrt können wir unsere Bittprozession um die Kirche halten
07. Mai 1945

Heute war ich zum ersten mal nach einem halben Jahr wieder in Münster. Der Anblick der verwüsteten Stadt ist niederschmetternd. Des Mittags kurz nach 12 Uhr ging ich über die Salzstraße und - war allein! Kein Mensch zu sehen! Ich wollte zum Bischof, um ihm eine Denkschrift über die Plünderungen in Ascheberg zu überrei-chen und ihn bitten, für uns Fürsprache einzulegen. Leider habe ich ihn nicht persönlich angetroffen, doch hat er die Denkschrift bekommen und an die zuständigen Stellen weitergeleitet. Der Ortkommandant, wahrscheinlich ein Jude, zieht heute ab. Er war uns nicht wohlgesinnt und ließ die Russen ruhig plündern. "Ihr habt vom Krieg nichts gelitten, ihr müsst auch leiden", hat er mal zum Bürgermeister gesagt, als dieser ihm zum so und sovielten Mal Plünderungen der Russen anzeigte. Hoffentlich ist der neue Kommandant besser.

Professor Schlüter aus Rheine ist heute wieder abgezogen. Er war ungefähr ein halbes Jahr hier, um sich vor den Bomben zu schützen und hat uns mit der hl. Messe treu ausgeholfen.

10. Mai 1945

Heute haben wir Christi-Himmelfahrt wieder als Festtag in alter Weise gefeiert.

12. Mai 1945

Die Russen sollen heute auf Veranlassung des neuen amerikanischen Kommandanten hinter Stacheldraht gesetzt werden, damit die Plünderungen endlich weniger werden. Am Tage vorher hat man bei den Bauern Stacheldraht und Pfähle gesammelt. Als am Morgen die Sache losgehen sollte, fielen die Russen über die deutschen Arbeiter her. Sie nehmen eine recht drohende Haltung an, und die Amerikaner ließen die Arbeit einstellen. Darum gehen auch die Plünderungen bei Tag und Nacht immer weiter. Zum ersten Mal wird auch eine Vergewaltigung von den Russen gemeldet.

14. Mai 1945

Von heute an haben wir in allen Klassen Religionsunterricht, auch in den ersten beiden Jahrgängen. Diesen Unterricht erteilen die Schwestern vom Kindergarten. Unsere Lehrerinnen hätten sich auch sehr gern beteiligt, doch hat es der Ortskommandant verboten.

17. Mai 1945

Heute erhielten wir eine betrübliche Nachricht, dass unser Rektor Bernhard Fischer bereits am 28. März auf der Kleinbahn Altena-Lüdenscheid von Tieffliegern schwer verwundet ist. Ein Geistlicher aus der Nähe hat ihn noch versehen, und er ist dann am selben Abend gestorben. Er war in einem Lazarett in Altena wegen seiner Ver-wundung an den Augen seit einem halben Jahr. Er hatte viel Freiheit und war noch am Palmsonntag hier in Ascheberg. Sein Vater, der hier wohnt, fuhr mit einem Rad hin, weil er nichts von ihm seit dem Einrücken der Amerikaner gehört hatte und be-kam dort die traurige Nachricht, dass er längst tot sei. Der Stabsarzt und auch der Pfarrer hatten sofort geschrieben, doch sind die Briefe nicht mehr angekommen. Am nächsten Donnerstag wollen wir ihm das Seelenamt halten.

Heute ist Hubert Schulze Pellengahr wiedergekommen
18. Mai 1945

Ostern hatten die Amerikaner auf die Anschuldigung eines Russen hin ihn mitgenommen. Nach vielen Bemühungen ist er nun endlich freigekommen. Er war bei Krefeld, später war er bei Recklinghausen und hat dort tüchtig arbeiten müssen. Von da wurde er nach Münster gebracht, und da wurde er frei gelassen.

19. Mai 1945

Wir haben für zwei Tage wieder 200 Amerikaner in Einquartierung gehabt, darunter den Divisionskommandeur der 35. Division. Auf seinen Befehl hin mussten 10 Parteileute heute, am Tag vor Pfingsten, die Straße fegen.

24. Mai 1945

Heute war das Seelenamt für den gefallenen Rektor Fischer. Die Pfarrangehörigen hatten sich recht gut eingefunden. Auch waren etwa 10 Geistliche aus der Nähe gekommen, um dem Seelenamt beizuwohnen. Das war viel bei den schwierigen Verhältnissen, - man kann nur mit dem Rad fahren und läuft Gefahr, dass einem das Rad von räubernden Russen weggenommen wird.

25. Mai 1945

Heute hielten wir das Seelenamt und das Begräbnis von Franz Bultmann, vom Kirchplatz. er war am 18. Mai nach Nordkirchen gefahren zu seiner Frau. Merkwürdigerweise ist er den Bahndamm nach Capelle entlang gefahren und ist dort in der Nähe der Försterei von Russen erschlagen und ausgeplündert worden. Kinder haben seine Leiche erst drei Tage später unter Laub versteckt aufgefunden.

28. Mai 1945

Heute kam wieder Einquartierung, ca. 200 Belgier im Verband der Amerikaner. Im allgemeinen sind unsere Leute ganz gut mit ihnen fertig geworden. Viele sprachen Deutsch.

Der Pfarrer Franzen, von Walheim bei Aachen, ist heute wieder in seine Heimat zu-rückgekehrt. Er hat uns während der acht Monate gut ausgeholfen. Die Aachener Evakuierten ziehen immer mehr ab. Allerdings ziemlich armselig. Heute morgen um 6 Uhr ein Trecker mit zwei Anhängern - etwa 40 Personen mit ihrem Gepäck - fuhren nach Aachen. wenn alles gut geht, werden sie in zwei Tagen überkommen.

30. Mai 1945

Überall werden die Vorbereitungen für die morgige Prozession getroffen. Fahnen und Maibäume werden aufgestellt, Girlanden gezogen. Da kommt heute Abend um 1/4 nach 8 Uhr von Lüdinghausen die Nachricht, dass die Prozession auf Sonntag verschoben werden muss! Große Enttäuschung! Es war die Nachricht schon des Nachmittags bekannt geworden, doch war noch nichts Bestimmtes angekommen. Am Abend noch musste alles wieder abgebrochen werden.

31. Mai 1945

Am heutigen Fronleichnamstag haben wir ein feierliches Hochamt gehalten und des Abends unsere Fronleichnamsandacht. Der Tag sollte nach dem Willen der Amerikaner als Arbeitstag gelten, doch ist nicht gearbeitet worden. Wie ich erfahre, ist anderswo, wie z.B. in Ahlen und Greven, die Prozession gehalten worden.

01. Juni 1945

Ein Teil der Belgier ist heute wieder abgezogen, dafür sind aber wieder neue gekommen in ziemlicher Anzahl. Sie sind sehr anspruchsvoll. Während die Amerikaner stehst sich selbst verpflegten, verlangen diese, d.h. vor allen die Offiziere alle möglichen Lebensmittel vom Bürgermeister: Eier, Hühner, Enten und Milch. Dazu Porzellan, Wein- und Likörgläser, Essbestecke, Polstermöbel, Kronleuchter und Teppiche für das Offizierskasino, dass sie bei Westhoff (Hueck) aufgeschlagen haben.


Das Haus Westhoff an der Sandstraße


03. Juni 1945

Am heutigen Tag haben wir zum ersten Mal wieder unsere Fronleichnamsprozession gehalten. Es ging alles in der hergebrachten Form. Die Straßen waren sehr schön geschmückt, Fahnen und kleine Fähnchen waren wieder da, die Maibäume waren schon etwas vertrocknet, da sie ja für den vorigen Donnerstag schon bestimmt waren, nur eins fehlte - unser schönes Geläut! Die Prozession wurde auch nicht gestört, eine Reihe von Ausländern gingen auch mit, vor allem Italiener. Die Russen standen, vor allem in der Nähe ihrer Lager, am Weg, natürlich ihre Mütze auf und die Hände in der Hosentasche und unterhielten sich sehr angeregt über unsere Prozession. Das Wetter war gut und auch der Weg war gut passierbar. Bald nach der Prozession haben die Polen schon eine Fahne mit Fahnenstange von dem Pastorat gestohlen und sie im Vereinshaus (Pfarrheim) als ihre Nationalfahne ausgehängt.

04. Juni 1945

Heute Nachmittag drangen Belgier in das Krankenhaus (Altenheim) ein und gingen, ohne etwas zu sagen, in den Keller und auf den Hausboden. Als die Schwestern ihnen nachgingen, erklärten sie, sie müssten alles nach Waffen untersuchen. Auf dem Boden stand eine Anzahl Kisten von Bauern, die sie hier untergestellt hatten, da sie bei den täglichen Plünderungen der Russen auf dem Hof nicht mehr sicher sind. Die Belgier machten die Kisten nicht offen, sondern die Bauern sollten am nächsten Tag kommen und die Kisten in ihrer Gegenwart offenen. Die Bauern sind am nächsten Tag gekommen, aber nicht die Belgier. Schließlich ließen sie sich noch einen Schein unterschreiben, dass sie nichts mitgenommen hätten. Doch dieses alles war anscheinend nur Täuschung. Denn inzwischen waren belgische Soldaten im Garten dabei, unter dem Holzschuppen Wein auszugraben. Dort waren bald 70 Flaschen Mess- und Krankenwein vergraben. Keiner wusste davon mit Ausnahme der Oberin und des Verwalters. Es lag offenbar Verrat vor. Neun Flaschen Messwein und auf Bitten der Küchenschwester vier Flaschen Küchenwein haben sie dagelassen, alles übrige haben sie mitgenommen. Auch hinterher hat alles Verhandeln mit dem Kom-mandanten nichts geholfen. Man behauptete schlankweg, der Wein sei in Frankreich gestohlen!

06. Juni 1945

Gestern erschien mit dem Kommandanten ein belgischer Feldgeistlicher im Krankenhaus und erklärte, er müsse alles, was zur Messe erforderlich sei, haben. Er schaute sich die Messgewänder an und ein gotisches aus Goldbrokat (Anschaf-fungswert = 900,--Mark) gefiel ihm ausgezeichnet. Das wolle er haben oder drei bis vier andere in den verschiedenen Farben. Man möge alles bis zum heutigen Abend 6 Uhr verpacken, dann würde die Schachtel abgeholt. Er erging sich in vielen Schmähungen auf die Deutschen, die in Belgien so furchtbar gehaust hätten, er selbst habe 2 Jahre im Gefangenenlager gesessen, man habe ihm alles wegge-nommen, darum müsse er das wieder haben. Heute Morgen war er auch bei mir. Er legte wieder mächtig los, insbesondere, dass die deutschen Geistlichen zu Hitler gehalten hätten. Dann sagte er, er suche Altardecken und Kreuze und Kerzenleuchter. Vom Messgewand sagte er nichts. Ich erwiderte ihm, diese Sachen sollte er von uns haben, doch das Messgewand würden wir nicht herausgeben. Ich hatte das Corpus Juris Canonici bereits auf dem Tisch gelegt. Für den Fall, dass er doch das Messgewand verlangt hätte, würde ich ihm erklärt haben, dass er dann exkommuniziert sei und ich die Sache dem Bischof melden würde. Er sagte er nichts darauf und ging bald weg. Ich habe übrigens den Diebstahl des Messweines und auch die Sache mit dem Feldgeistlichen dem Bischof gemeldet.

07. Juni 1945

Heute verlangt der Kommandant für den Feldgeistlichen zwei Reitpferde zur Pastorierung seiner Landsleute. In Wirklichkeit müssen an drei Tagen der Woche zwei Pferde gestellt werden, damit der Geistliche mit einem anderen Offizier ausreiten kann!

Die Russen rauben und plündern weiter. Sogar vom Milchwagen werden des Morgens die vollen Milchkannen heruntergenommen und zum Lager gebracht. Bei Tage gehen sie die Höfe rund und fordern Speck und Eier. Die Italiener helfen getreulich dabei, und oft genug stehen draußen deutsche Frauen und Mädchen, die die Sachen in Empfang nehmen.

11. Juni 1945

Heute hielten wir das Seelenamt für den gefallenen Krieger Heinrich Thrahe aus der Osterbauerschaft. Er ist schon am 28. März im Limburgischen (Hessen-Nassau) gefallen. Der Pfarrer hat durch Boten hierhin die Nachricht geschickt. Die Post geht ja immer noch nicht.

17. Juni 1945

Am heutigen Sonntagnachmittag fährt der Landwirt Anton Jaspers mit seinem Gig durch die Davert nach Rinkerode und wird von Russen angehalten. Sie verlangen sein Pferd und den Wagen. Da er dies nicht sofort freiwillig übergibt, wird er kurzer Hand erschossen!

Große Freude!
Die Russen kommen weg!
18. Juni 1945

Es war seit zwei Tagen bekannt, dass die Russen am heutigen Montag abtransportiert werden sollen. Doch am Sonntagnachmittag kommt vom Kommandanten die Nachricht, dass der Abtransport auf unbestimmte Zeit verschoben ist.

20. Juni 1945

Gestern sind mehrere Männer von hier nach Lünen gefahren, um von der dortigen Kupferhütte die beiden dort noch stehenden Glocken, nämlich die Katharinenglocke (die Totenglocke) und die kleine Glocke vom Krankenhaus zu holen. Doch haben sie nur die kleine mitbekommen, da der Kran zum Heben nicht in Ordnung war. Dafür hat Peter Jansen verhandelt und hat 5 Tonnen Glockenmaterial versprochen bekommen, die am 22. abgeholt werden können. Doch müssen wir dafür, wie es heute so üblich ist, nach dort Lebensmittel liefern. Peter Jansen hat sich viele Mühe gegeben, und ist heute durch die Gemeinde bei den Bauern rund gefahren und hat sie gebeten, bis zum morgigen Abend entsprechende Lebensmittel zu ihm zu bringen, damit sie am folgenden Morgen nach Lünen gebracht werden könnten. Ich bin heute sofort mit Hugo Merten nach Gescher gefahren, um die Glocken zu bestellen. Als wir dort ankamen, war dort großer Betrieb. Aus drei Gemeinden waren schon Vertreter vor uns, darunter auch zu unserem großen Erstaunen von Herbern. Doch wurde allen bedeutet, es müsse erst Material beschafft werden. Wir konnten mit fünf Tonnen aufwarten und bekamen darauf ein großes Plus.

22. Juni 1945

Heute fuhr ein Trecker mit Anhänger nach Lünen, gut beladen mit allerhand schönen Sachen, - die Bauern haben trotz allen Plünderungen von Seiten der Russen recht gut gespendet - und haben die Katharinenglocke abgeholt. Dazu brachten sie mit 7 Tonnen Kanonenbronze und noch eine Glocke für Davensberg und eine für Greivens Capelle. 6 1/2 Tonnen haben wir für unsere Glocken nötig. Man war uns wegen der ihnen mitgebrachten Sachen sehr entgegenkommend.

24. Juni 1945

Heute hielten wir die Feier der Erstkommunion der Kinder. Sie verlief sehr schön. Die Kinder haben sich in dem Pastorat versammelt, weil wir kein anderes Lokal mehr zur Verfügung haben. Leider musste der übliche Kaffee nach der Kommunion ausfallen, da dafür der Platz fehlte.

26. Juni 1945

Heute sind wir nach Gescher gefahren, um das Material abzuliefern und die Glockenlieferung weiterzubringen. Es müssen noch etwa 600 kg Zinn beschafft werden, da das Kanonenmaterial nicht zinnhaltig genug ist. Hoffentlich wird auch diese Schwierigkeit bald gelöst. Jedenfalls rangieren wir mit in der Reihe derer, die das Material beschafft haben, so dass wir vielleicht zu Weihnachten oder doch kurz darauf die Glocken erwarten dürfen - wenn nicht noch alles beschlagnahmt wird, oder die Arbeit eingestellt werden muss, weil kein dringendes Bedürfnis für Glocken vorliegt.

27. Juni 1945

In der vergangenen Nacht drangen belgische Soldaten - auch Offiziere waren beteiligt - bei Theo Dortmann (Eisenwaren) auf der Biete in das Haus ein. Sie waren betrunken und haben alles kurz und klein geschlagen. Am anderen Morgen, als die Sache gemeldet war und sie einsahen, was sie gemacht hatten, mussten Russen kommen und aufräumen. Ja, sie brachten sogar Porzellan, das sie natürlich anders-woher geholt hatten, als Ersatz zurück.

Das Haus von Theo Dortmann (Eisenwaren)


29. Juni 1945

Seit einiger Zeit fährt unsere Eisenbahn wieder. Das Stationsgebäude war von den Soldaten und dann von den Russen jämmerlich zugerichtet, Signalanlagen, Telegraph, Bücher und Fahrkarten zerstört oder vernichtet. Nun ist die Bahn wieder so weit, dass Züge fahren können von Lünen bis Amelsbüren, täglich zwei Züge in jeder Richtung. Die Kanalbrücke in Amelsbüren und die Lippebrücke in Lünen sind noch nicht wieder hergestellt, darum können die Züge noch nicht durchfahren bis Dortmund und Münster. Doch die Freude war nicht von langer Dauer. Heute wurde der Betrieb wieder eingestellt, denn die Fahrgäste bestanden zum überwiegenden Teil aus Russen und Hamsterern. Die Russen fingen sogar in den Zügen mit Räubereien an.

01. Juli 1945

Von heute an geht die Post in beschränktem Maße für Rheinland und Westfalen. Man kann Postkarten schreiben und Geld auf Zahlkarten einzahlen, ferner Renten abheben, das ist alles.

Die allgemeine Lage ist etwas ruhiger geworden
06. Juli 1945

Die nächtlichen Plünderungen haben so ziemlich aufgehört. Die Russen rüsten sich zum Abzug und lassen sich bei den Schreinern Kisten und Koffer machen, um all ihr Raubgut mitzunehmen. Jedoch wird bei Tage noch viel von den Bauern geholt. Die Italiener sind gelehrige Schüler der Russen geworden und können auch schon fordern und - wenn ihre Forderung nicht erfüllt wird - mit Überfall drohen. Vielleicht plündern sie - für deutsche Frauen und Mädchen! Fast alle kommen von Dortmund und gehen in die Läger der Italiener. An einem Abend hat man nicht weniger als 28 aus dem Lager herausgeholt und eingesperrt! Am Tag darauf hat man einigen von ihnen die Haare abgeschnitten, darauf gab es Krawall mit den Italienern, so dass die Belgier es verboten. Doch am Abend waren von denselben Mädchen wieder welche im Lager! Die Polen sind ruhiger und zurückhaltender, wenngleich sie auch stehlen, wo sie nur können. Die Belgier requirieren einfach, was sie haben wollen, Betten, Radios, elektrische Kochherde und Bügeleisen, natürlich auch Spirituosen, Butter wird in rauen Mengen verlangt, pro Kopf mehr als ein halbes Pfund, die Russen müssen die Fahrräder abgeben, sie nehmen diese den Russen ab, geben einige zurück und die besten schicken sie nach Belgien. Sie fahren oft in Urlaub, und dann geht ein ganzes Lastauto voll Sachen mit. Eier und Hühner werden in großen Mengen angefordert, so dass die Bauern überhaupt keine Eier mehr abliefern können. Der Bestand ihrer Hühner ist auf die Hälfte bis ein Drittel herabgesunken. Ein Zustand, der auf die Dauer nicht tragbar ist.

Heute hielten wir ein Seelenamt für den gefallenen Krieger Bernhard Krampe vom Burgwall. Er war schwer verwundet und hat mehr als zwei Jahre im Lazarett gelegen, wurde dann Landesschütze, konnte aber nicht längere Zeit stehen, und ist dann als solcher bei Bad Sassendorf in der Nähe von Soest gefallen.

10. Juli 1945

Es ist sichere Aussicht da, dass die Russen abtransportiert werden. Sie müssen im Lager bleiben, von beiden Seiten sind Panzerwagen aufgefahren, so dass keiner ihnen entweichen kann. Doch unsere Freude war bald zu Ende. Es kamen keine Wagen, welche die Russen abholten. Am nächsten Tag laufen sie wieder frei herum.

Den heutigen Tag kann man rot anschreiben
13. Juli 1945

Die Russen werden tatsächlich abtransportiert. Allerdings ist die Freude nicht ganz groß, da nur die Hälfte weggebracht wird. Davensberg, die Schulen und Wohnungen werden von den Russen geräumt. Die Flakstellung bleibt noch von den Russen belegt. Die Lastwagen waren voll bepackt mit ihren Sachen, oben drauf vielfach die rote Fahne, so fuhren sie unter Singen und Schreien ab. Keiner durfte in die Nähe der Wagen kommen, denn es konnte noch vielleicht von den Russen geschossen werden. Der Rest scheint noch länger hier zu bleiben, man will die herumstreifenden Russen hier zusammenziehen.

15. Juli 1945

Heute begruben wir ein 15jähriges Mädchen, Anna Rolf von Davensberg. Sie hat beim Förster Kimmel, bei dem sie in Stellung war, im Sofa eine Handgranate gefunden, die die Amerikaner hatten liegen lassen. Sie kannte das Ding nicht, versuchte es zu öffnen und dabei ist es explodiert und hat sie zu Tode getroffen.

27. Juli 1945

In der vergangenen Nacht war ein sehr schweres Gewitter. Ein Blitz schlug in das Haus des Bauern Fritz Feldmann auf dem Alten Feld und zündete. In ganz kurzer Zeit stand der ganze Balken in Flammen. Er war vollgepackt mit Heu, und es reg-nete in Strömen, so dass der Brand verhältnismäßig langsam nach unten dringen konnte. Darum konnte das ganze Inventar gerettet werden.

02. August 1945

Heute hielten wir das Seelenamt für den gefallenen Krieger Karl Mangels vom Burgwall. Er war bereits im März an der Oder gefallen, doch kam jetzt erst die Nachricht von einem Kameraden.

Heute Nachmittag kam eine russische Truppe von etwa 70 Personen an, die im Ver-einshaus (Pfarrheim) Variete boten! Die Schreiner mussten die Bühne instand set-zen. Ich freute mich schon, dass wieder etwas repariert würde. Doch es haben die Schreiner nachher das Holz wieder weggeholt.

Während der Aufführung war im Pastorsgarten großer Betrieb. Auf dem Rasen lagen verschiedene, andere gingen im Garten spazieren, wieder andere plünderten die Pflaumen- und Birnenbäume, alles war vertreten. Und alles muss man ruhig anschauen und geduldig geschehen lassen.

Der heutige Tag kann wirklich rot angeschrieben werden
Die Russen sind abtransportiert
03. August 1945

In 15 Lastwagen wurden sie weggefahren. Sie hatten sich schon vorher Fahnen genäht und Bilder von Stalin gemalt. Die Autos waren vollgepackt von der Beute, die sie im Laufe der Zeit hier gemacht hatten. Einige versuchten abzuspringen und hier zu bleiben, doch gelang es ihnen nicht. Nun ist die Freude unter der Bevölkerung groß, dass wenigstens schon diese schlimmsten Ausländer weg sind. Am folgenden Tag mussten die Mädchen und Frauen verschiedener Straßen das Lager in der Flakstellung reinigen. Es sah grausig aus. Mit Stürzkarren wurde verschimmeltes Brot, Fleisch, Zeug, zerschlagene Ofen und viele andere Sachen weggefahren. Man hat die Feuerwehrmotorspritze angefahren und damit die Baracken abgespritzt, um sie wieder rein zu bekommen. Es sollen die Italiener jetzt dort untergebracht werden. Doch wollen diese ihr Quartier in der neuen Schule nicht verlassen. Darum haben sie am folgenden Tage in den Baracken fast alle Fensterscheiben eingeschlagen!

04. August 1945

Heute hielten wir ein Seelenamt für den gefallenen Soldaten Fritz Reher vom Burg-wall. Er war Anfang April bei Bödefeld im Sauerland gefallen und ist dort in einem Wald mit drei anderen Kameraden begraben. Der dortige Pfarrer schickte mir jetzt die Nachricht, die ich den Eltern übermittelte.

Heute war große Aufregung bei den Polen und Italienern
06. August 1945

Die Lebensmittelrationen sind ihnen von oben her verkürzt. Die Polen haben sich geweigert, die gekürzten Portionen zu nehmen. Das Vereinshaus (Pfarrheim) und die Wirtschaft Forsthoff (Schulte-Strathaus), wo sie untergebracht sind, wurde von Belgiern umstellt, weiter haben sie nichts getan. Dafür hängten die Polen schwarze Fahnen aus. Auf eine hatten sie "Dachau" mit zwei gekreuzten Menschenknochen gemalt. Des Abends wurden die Soldaten zurückgezogen. Ein polnischer Offizier war von Seppenrade gekommen und hatte verhandelt. Dabei scheint man sich geeinigt zu haben.

Die Italiener ziehen ab
19. August 1945

Wir bereiten uns gerade vor zum feierlichen Levitenamt für Mariä-Himmelfahrt, da kommt die Nachricht, dass bei Klaverkamp die Autos fertig stehen, um die Italiener abzuholen. Der italienische Geistliche, der sonst zwischen der 1/2 9 Uhr und 10 Uhr Messe las für seine Landsleute, ist auch nicht gekommen. Ein Teil ist doch nicht mit weggekommen, er haust in der neuen Schule. Wie es heißt, sollen sie am nächsten Tag fortgebracht werden.

20. August 1945

Heute sind alle Italiener verschwunden. Gott Dank! Sie haben genug gestohlen und haben die Schule und Klaverkamp genug verdreckt. Ich war in der Schule: Ein Bild des Jammers! Die Heizkessel sind kaputt. Was an Holz greifbar war, ist verheizt. Von den Schulbänken, die stehen geblieben sind, ist nur noch das eiserne Gerippe geblieben. Zum Teil ist der Fußboden aufgerissen und verfeuert. Fensterscheiben sind zerschlagen, dafür schaut eine Ofenpfeife zum Fenster hinaus. Alle Lehrnmittel sind verschwunden. Und überall Dreck und wieder Dreck! Es wird lange dauern, bis dass alles einigermaßen wieder in Ordnung gebracht ist.

06. September 1945

Heute hielten wir das Seelenamt für den gefallenen Krieger Paul Bouma aus der Nordbauer. Er ist schon am 09. April in Königsberg gefallen. Durch einen Kamera-den kam die Nachricht von seinem Tode nach hier.

Heute ist feierliche Eröffnung der Schule
09. September 1945

Nachdem am vergangenen Sonntag in Lüdinghausen für den ganzen Kreis eine Eröffnungsfeier stattgefunden hatte, an der der neue Rektor Theo Jansen und der Bürgermeister und der Pfarrer von hier teilgenommen haben, beginnt nun in den einzelnen Orten die Schule, und zwar die katholische Volksschule! Wir haben wie-der eine konfessionelle Schule! Dafür ist die Freude der Eltern groß. Wir haben am Morgen ein feierliches Hochamt zum hl. Geist gehalten, an dem die Kinder mit ihren Lehrpersonen teilnahmen. Viele Eltern waren auch gekommen. Dann zogen wir in feierlicher Prozession zur neuen Schule, wo auf dem Schulplatz die weitere Feier von sich ging. Nachdem die Schule von neuem eingeweiht war, wurden Ansprachen vom Bürgermeister, Pfarrer und dem neuen Rektor Theodor Jansen gehalten. Die Eltern haben eifrig sich beteiligt, ganz anders, als damals bei der missglückten Einweihung durch die Nazis. Jedoch darf man nicht glauben, dass die Schule wieder vollkommen betriebsfähig ist. Es sind vorerst nur zwei Klassen in der neuen und zwei Klassen in der Mädchenschule (an der Himmelstraße) eingerichtet und zwar auch nur mit der Hälfte der notwendigen Bänke. Mehr sind nicht mehr da. Es kommen auch nur die ersten vier Jahrgänge zum Unterricht. Es fehlt an allem. Keine Bücher, keine Hefte, kein Schreibmaterial, keine Anschauungsbilder alles ist vernichtet oder nicht mehr zu kaufen. Selbst um ein Stück Kreide müssen die Lehrpersonen bei den Leuten betteln. Aber doch ist man froh, dass endlich nach langer Zeit wieder ein Anfang gemacht ist. Gott gebe, dass uns die katholische Schule erhalten bleibt!

12. September 1945

Heute haben wir Wilhelm Beuckmann aus der Osterbauerschaft begraben. Er war vor einigen Nächten bei einem Raubüberfall auf dem Hof von Polen ohne weiteres erschossen. Die Polen kamen wahrscheinlich von Greven her, es waren auch welche aus dem hiesigen Polenlager dabei, die nach Greven übergesiedelt sind. Die Polizei und das Gericht haben nicht viel von der Sache gemacht und die Verfolgung bald aufgegeben.

24. September 1945

Heute beginnt für alle Klassen der Schulunterricht, jedoch nur sehr beschränkt, da es an Bänken fehlt. An zwei Tagen in der Woche haben sie frei und an den anderen Tagen nur Halbtagsunterricht. Religionsunterricht von Geistlichen bekommen sie noch weiter in der Kirche, damit die Kinder zwei Stunden wöchentlich mehr Unterricht haben. Es gibt jetzt fünf Stunden wöchentlich Religionsunterricht.

26. September 1945

Heute hielten wir ein Seelenamt für den gefallenen Krieger Hubert Jelkmann aus der Westerbauerschaft. Er war am Niederhein verwundet und ist dann über Dorsten nach Unna ins Lazarett und dort schon am 07. März gestorben. Die Verwandten, die von hier aus hätten ihn gut besuchen können, wussten nichts davon, dass er in Unna war. Die Post in Unna schickte das Soldbuch, das sie wie sie schrieb, bei "Aufräumungsarbeiten" gefunden hatte, dem hiesigen Postamt zu. Darin stand sein Tod eingetragen. So kam die Nachricht nach hier hin.

07. Oktober 1945

Heute hielten wir auf bischöfliche Anordnung eine Kirchenkollekte für die zerstörten Kirchen der Diözese. Sie ergab die schöne Summe von 3.500 Mark. So viel das auch ist, in Nachbargemeinden ist noch mehr eingenommen. Davensberg hat z.B. 1.000 Mark aufgebracht.

19. Oktober 1945

Heute hielten wir ein Seelenamt für den gefallenen Krieger Wilhelm Högemann von der Sandstraße. Er war bereits am 27. März in Küstrin gefallen. Ein Kamerad brachte die Nachricht nach hierhin. Amtliche Nachrichten werden wohl von den Gefallenen überhaupt nicht mehr kommen.

01. November 1945

Wieder ein Tag, der rot angeschrieben werden muss. Die Polen, die bei Forsthoff (Schulte-Strathaus) einquartiert waren, sind abgezogen. Gerade vor dem Hochamt sind sie mit viel Lärm abgezogen. Die nicht mitkommen konnten mussten ins Ver-einshaus (Pfarrheim). Auch hier das selbe Bild wie anderswo, alles verdreckt und vieles zerstört. So fehlen z.B. elektrische Birnen, sowie alle Türgriffe. Alle Wände mit Fettflecken total verschmiert. Am schlimmsten sah es in dem Zimmer des Lagerfüh-rers aus, der übrigens sich hier gut angemästet hat. Ein halbes Jahr hat die Familie Forsthoff im Stall wohnen müssen.

Des Nachmittags haben wir nach der Armenseelenandacht wieder unsere Prozession zum Friedhof gehalten. Die Beteiligung war sehr groß.

13. November 1945

In der vergangenen Woche fand eine Sammlung für die durch den Krieg, besonders durch Bomben Geschädigten in der Gemeinde statt. Man hofft 60 bis 70.000 Mark damit zu bekommen. So müssen wir in diesen ernsten Zeiten einander helfen.

Heute ist die Freude groß. Die letzten Polen, die im Vereinshaus (Pfarrheim) untergebracht sind, ziehen ab. In drei Lastautos zogen sie mit viel Gepäck ab. Nun sind alle Ausländer fort. Sie haben seit Ostern doch recht viel zu schaffen gemacht. Die Mehrzahl der Bauernhöfe ist zu mindestens einmal nachts ausgeplündert worden. Die Bauern haben jede Nacht bis in die Morgenstunden wachen müssen, sie lebten ständig in der Unruhe, überfallen zu werden. Man schätzt den Schaden auf eine Viertelmillion. Im Vereinshaus (Pfarrheim) sah es heiter aus. Die Bühne war voll-kommen abgebrochen, nur die Balken lagen noch. Die Ofen sind zerstört. Der Bo-denbelag auf den Balken des Vereinshauses ist ganz verheizt. Alle Abflüsse sind verstopft. Keine Lampe mehr im Haus zu finden. Die Wohnung ist ziemlich erhalten aber total verdreckt. Die Tapeten abgerissen oder vollständig durch Fett beschmutzt. Es wird geraume Zeit dauern, bis alles wieder in Stand gesetzt ist. Im Pastoratsgar-ten hatten die Polen einen Abort angelegt. Der Weg dahin wurde des Nachts ständig elektrisch beleuchtet. So waren sie ständig im Garten und nahmen mit, was ihnen passte. Sogar eine der mehrere hundert Jahre alten Eiben haben sie abgesägt und verheizt. So sind wir in dem Pastorat herzlich froh, dass alles vorbei ist. Russen, Italiener, Polen und selbst Belgier haben wir im Garten gehabt, so dass wir aus dem Garten kaum etwas ernten konnten.

18. November 1945

Um die große Not zu steuern, ist eine Sammlung für das "Winternothilfswerk" ange-ordnet. Die Haussammlung verbleibt der katholischen Caritas, während die Straßensammlung an das Rote Kreuz geht. Da die sozialistische Arbeiterwohlfahrt hier nicht vertreten ist, bekommt sie nichts mit. Es soll einmal im November und noch einmal im Dezember gesammelt werden. Die Not ist groß. Da veröffentlicht der Landrat ein unglückliches Flugblatt über Kartoffelablieferung seitens der Bauern. Wenn sie nicht restlos abliefern, dann würde die hungernde Industriebevölkerung kommen, und weder die Engländer noch die deutsche Polizei würde sie daran hindern! Dieses Blatt hat viel böses Blut gemacht. Mit demselben Recht könnte die hiesige Bevölkerung sagen, wir frierenden Menschen gehen in die Industrie und plündern die großen Kohlenhalden. Hier gibt es nämlich keine Kohlen für den Winter. Es sollen nächstens für den Monat zwei Zentner Feinkohle für die Familie ausgeben werden. Dazu einmalig zwei Raummeter Holz. Wenn der Winter hart wird, werden die Menschen, die nicht mehr das nötige Fett bekommen, bestimmt frieren müssen.

06. Dezember 1945

Heute hielten wir ein Seelenamt für den gefallenen Krieger Karl Reher auf Schoma-ker in der Westerbauerschaft. Er war der letzte Theologe, den wir noch in der Gemeinde hatten und war, trotzdem er Theologe war, doch Leutnant in einem Artillerieregiment. Er kam 1944 in russische Gefangenschaft und ist dort 1945 in einem Lazarett an Lungenentzündung gestorben.

13. Dezember 1945

Heute hielten wir ein Seelenamt für den gefallenen Krieger Bernhard Büscher vom Alten Feld. Er musste mit 57 Jahren noch Soldat werden, trotzdem er ständig magenkrank war. Er hat darum auch meist im Lazarett gelegen, ist in Gefangenschaft geraten und bei Magdeburg in einem Lazarett gestorben.

20. Dezember 1945

Heute hielten wir ein Seelenamt für den gefallenen Krieger Fritz Drees von der Dieningstraße.

1946



Das neue Jahr hat begonnen!
Was wird es bringen? - Besserung der Lage?
01. Januar 1946

Wird eine Hungersnot kommen, wie manche einsichtige Leute es vorhersagen? Die Kartoffeln werden bestimmt nicht ausreichen, beim Brotgetreide ist es nicht anders. Hoffen wir, dass die anderen Mächte ein Einsehen haben und zu Hilfe kommen.

In der Predigt am heutigen Tage gab ich eine Übersicht über die Ereignisse des verflossenen Jahres, und betonte, wie wir Gott nicht genug danken könnten, dass alles so gnädig für uns abgegangen sei. Für die Statistik des vergangenen Jahres konnte ich angeben; 53 Taufen - das sind 13 auf Tausend - so tief sind wir gesunken. Kir-chenaustritte keine, gestorben sind 64, dazu kommen 28 als gefallen gemeldete Soldaten - bis zum Ende des Jahres zähle ich 158 Gefallene. Geheiratet haben noch 17, dabei war eine gemischte Ehe. Die Zahl der Kommunionen betrug erfreulicherweise 102.000. Damit haben wir zum ersten Mal die 100.000 überschritten und haben gegen das Vorjahr einen Zuwachs von 13.000 Kommunionen. Möge der Heiland im Sakrament in den Seelen der Menschen wirken und ihnen helfen, die Pflichten und Lasten der Zeit zu tragen!

31. Januar 1946

Heute hielten wir ein Seelenamt für den gefallenen Krieger Theodor Wismann aus der Nordbauerschaft. Er ist in der Gefangenschaft an Entkräftung und Tuberkulose gestorben.

08. Februar 1946


Die Wasserflut auf der Sandstraße, Richtung Krankenhaus!


Heute erlebten wir eine Wasserflut, wie sich die ältesten Menschen nicht erinnern können. Es hat in den letzten Tagen viel geregnet, ganz besonders in der Nacht zum 08. Februar, so dass am Morgen dieses Tages überall das Wasser bedrohlich stieg. Wir waren bald von der Welt abgeschnitten, denn die Chausseen nach Herbern, Nordkirchen und Lüdinghausen waren durch Wasser unterbrochen, ebenso die Chaussee nach Davensberg. Auf der Sandstraße stand das Wasser von Schulze Frenking bis zum Krankenhaus (Altenheim). Die Post lag vollkommen im Wasser. Im Krankenhaus lief uns der Heizungskeller voll Wasser, die Küche stand 5-10cm unter Wasser, das Wasser drang in den Fuchs der Kochmaschine, so dass das Feuer erlosch. Der elektrische Strom war unterbrochen, so dass man auch damit nicht mehr kochen konnte und es war kein Licht mehr da! Die Not war groß. Im Stift (St. Georg) lief das Wasser aus dem Graben in die Kellerräume und setzte alles unter Wasser. Weite Flächen standen unter Wasser. Ein Bauer schätzte, dass 3.000 Morgen Land allein in der Osterbauerschaft unter Wasser standen. Gott Dank floss am nächsten Tag das Wasser ziemlich schnell wieder ab, so dass der Schaden voraussichtlich nicht so groß ist. Anderswo hat das Wasser viel schlimmer gewütet.


Die Wasserflut: Nordkirchener Straße - Sandstraße!


10. Februar 1946

Heute war nach dem Hochamt Gründungsversammlung der Christlich Demokratischen Union. Die alte Zentrumspartei kann nicht wieder gegründet werden, da sie im Kreis noch nicht zugelassen ist. Anderswo ist sie wieder ins Leben getreten. Es ist bedauerlich, dass man sich in dieser Zeit der Not nicht einigen kann.

Heute haben wir den Borromäusverein wieder eröffnet, nachdem er seit Ostern 1945 vollständig still gelegen hat und mehrere Jahre vorher nur sehr beschränkt hat arbeiten können. Die Bücher, die wir vorsorglich früh genug ausgeschieden hatten und auch die Bücher, die uns die Polizei unter Siegel gelegt hatte, haben wir wieder eingestellt, so dass wir mit einem Bestand von etwa 1.300 Büchern die Arbeit wieder beginnen konnten. Die ehemalige Gemeindebibliothek, die an die Stelle des Borromäusvereins treten sollte, ist uns zur Verfügung gestellt worden. Wir haben etwa 100 Bücher davon gekauft. Es waren dabei - 2 - Bücher von einem katholischen Verfasser, nämlich "Der Löwe von Flandern" und ein Buch von Hansjakob. Sonst war alles nicht katholisch! Und das wagte man einer katholischen Gemeinde in der Nazizeit anzubieten, und das musste eine katholische Gemeinde mit ihrem Geld bezahlen!

Die Neubelebung der Vereine geht weiter
17. Februar 1946

Heute wurde der Gesellenverein (Kolping) wieder ins Leben gerufen. Nachdem er acht Jahre verboten war, hielten wir im Vereinshaus (Pfarrheim) im kleinen Saal wieder die Gründungsversammlung. Rund 55 Gesellen traten sofort dem Verein bei. Auch eine Anzahl Meister war erschienen. Präses wurde Herr Kaplan Westmattelmann. Zum vorläufigen Senior wurde ernannt Gottfried Hattrup.

24. Februar 1946

Heute tagte bei Forsthoff (Schulte-Strathaus) eine Versammlung zwecks Gründung eines Rektoratschulvereins. Sie war recht gut besucht. Leiter war der Rektor der Volksschule, Theodor Jansen. Die Schule soll bereits genehmigt sein, doch ist eine schriftliche Erlaubnis bisher hier noch nicht eingetroffen.

Des Nachmittags war in der Kirche eine Feierstunde für die Jungmänner, um die alte Junggesellensodalität wieder aufleben zu lassen. Über 200 wurden neu in die Sodalität aufgenommen, da in all den Jahren eine Aufnahme nicht stattfinden konnte. Herr Kaplan Brink wurde Präses der Sodalität. Ein Präfekt ist noch nicht ernannt.


Die Rektoratschule zu Ascheberg


03. - 05. März 1946

In diesen Tagen hielten wir wieder in gewohnter Weise unser 40stündiges Gebet. Leider konnten wir keinen Pater zur Aushilfe bekommen, daher mussten wir selbst die Abendpredigten halten. Dazu kam, dass Herr Kaplan Westmattelmann sich am Samstag auf dem Weg zur Schule in der Osterbauerschaft beim Fallen den linken Arm gebrochen hat, so dass er nicht Kommunion austeilen konnte. Doch ging alles gut. In der Schlussandacht war es so voll, wie ich es noch nicht gesehen habe. Es waren mehr als 1.500 Menschen in der Kirche, auch manche hier wohnende Protestanten nehmen daran teil. Eine Errungenschaft war es, dass in diesem Jahr die Schulen wieder frei hatten. Es waren wirklich Feiertage für die Gemeinde.

05. März 1946

Mit dem heutigen Tage beginnt eine neue Lebensmittelkarte, die bedeutende Ein-schränkungen der Lebensmittel bringt. Wenn das so bleiben soll, dann wird sich das zu einer Katastrophe auswirken. Wir bekommen jetzt noch pro Woche 112gr. Fleisch, 1.125gr. Brot, 100gr. Fett und Butter und 125gr. Zucker, einschließlich Mar-melade. Mit diesen Rationen können die Leute in der Stadt, die schon keine Kartof-feln mehr haben, unmöglich auskommen, zumal nicht, wenn sie dabei arbeiten sollen. Die Hamsterplage ist auf dem Lande bald unerträglich geworden. Die Eisen-bahnzüge von Dortmund sind so vollgestopft, wie man es sich nicht vorstellen kann. Weil die Leute, wie sie sagen, in Dortmund auf ihren Karten nichts mehr bekommen können, kommen sie hierher, um einzukaufen. Daneben gehen sie noch von Tür zu Tür, um wenigstens noch ein Butterbrot zu bekommen. Sie bieten die unmöglichsten Sachen zum Tausch gegen Lebensmittel an. In das Krankenhaus (Altenheim) kommen jeden Tag 15 - 20 Personen, die Mittagessen haben wollen. Fahrende Sänger ziehen rund und singen gegen Lebensmittel. Viele werden für sich selbst hamstern, aber es sind sicher auch viele unter den Hamsterern, die mit den erworbenen Sachen einen Handel treiben und sich an der Arbeit vorbeidrücken, mit der sie bei weitem nicht soviel verdienen können, als mit ihren Hamsterfahrten.

Die belgische Besatzung zieht ab
Es kommt keine Besatzung wieder
11. -12. März 1946

So erfreulich das für uns ist, es hat doch einen bitteren Beigeschmack. Die Soldaten nehmen auf höheren Befehl allerhand Möbel, zwischen 90 und 100 Betten, mit. Das hat manche hart getroffen, die nun so lange aus ihrer Wohnung waren und mit ansehen mussten, wie ihre Wohnung von den Soldaten zum Teil ausgeräumt wurde. Alles Bitten half nichts, die Soldaten sagten, sie handelten auf höheren Befehl. Am 15. März kamen die Soldaten noch einmal wieder, um ihre Lastautos noch einmal voll zu laden.

In diesen Tagen hält Kardinal von Galen seinen Einzug in seine Bischofstadt Münster
16. - 17. März 1946

Ein Lastauto mit Anhänger war vollgestopft von Menschen, aus Ascheberg, die an der Bischoffeier, am Samstag in Münster, teilnahmen.

27. März 1946

Heute wurden die Häuser, die von der belgischen Besatzung benutzt waren, endgültig freigegeben. So lange hielt die Kommandantur in Lüdinghausen sie fest, für den Fall, dass noch mal eine Besatzung kommen würde. Die Wohnungen sehen schlimm aus.

Heute war in Münster das Begräbnis des verstorbenen Kardinals
28. März 1946

Wieder sind viele von hier, auch die Vereine mit Fahnen, nach Münster gewesen, um an den Beisetzungsfeierlichkeiten teilzunehmen. Wir haben schon in der vorigen Woche ein Seelenamt für ihn gehalten, das recht gut besucht war.

01. April 1946

Die Eisenbahn wird teurer. Sie hat den Fahrpreis um 100% heraufgesetzt.

08. April 1946

Heute kamen die ersten Flüchtlinge aus Schlesien an. Sie kommen aus der Grafschaft Glatz. Es sollen in Ascheberg 2.000 Flüchtlinge untergebracht werden, wie man sich erzählt. Ob man das fertig bringen wird, ist doch eine sehr große Frage.

09. April 1946

Heute hielten wir ein Seelenamt für den gefallenen Soldaten Heinz Pape vom Burgwall. Er war schon 1944 in Holland gefallen.

10. April 1946

Heute Nachmittag verunglückten 4 Kinder, darunter eins tödlich, in Gegenwart der Eltern. Die Eltern waren hinter der neuen Siedlung am Krankenhaus (Bispingheide) am Kartoffeln pflanzen. Die Kinder spielten herum und fanden irgendwelche Sprengmunition, die die Belgier dort hatten liegen lassen. Die Kinder haben damit herumhantiert, und das Unglück war geschehen.

11. April 1946

Heute hielten wir ein Seelenamt für den längst gefallenen Edmund Beckendorf aus der Westerbauerschaft. Eine Stelle in Hamburg gibt jetzt Nachricht über so manchen Soldaten, von dem man nichts mehr gehört hatte.

Heute ging die Abstimmung über die konfessionelle Schule zu Ende
15. April 1946

Vier Wochen hatten die Eltern der Schulkinder Zeit, um einen großen Fragebogen auszufüllen. Es war ziemlich kompliziert gemacht. Wir haben es in Ascheberg so gemacht, dass die Schulen die Bögen den Eltern durch die Kinder zustellten und wieder einsammelten. Die Lehrpersonen konnten dann feststellen, ob etwas verkehrt gemacht war. Der Erfolg war gut. Von 388 Abstimmungsberechtigten haben 379 ihre Stimme abgegeben; davon 369 für die katholische und 10 für die evangelische Volksschule. 9 haben nicht abgestimmt, das bedeutet, dass sie Gegner der konfessionellen Schule sind; denn es war vorher vom Engländer klargelegt, dass, wer nicht abstimmt, nicht für die konfessionelle Schule ist.

19. - 20. April 1946

In diesen Tagen war der Hochwürdige Herr Weihbischof (Heinrich Roleff) hier, um zu firmen. Reiter und Radfahrer holten ihn an der Gemeindegrenze ab, ebenso begrüßten ihn dort der Bürgermeister und der Gemeindedirektor. Wir standen am Platz, um ihn in Empfang zu nehmen. Leider kam ein kräftiger Regenschauer, der die Einholung verzögerte. Doch konnten wir ohne Regen zur Kirche ziehen. Dort hielt der Bischof eine längere Ansprache an die zahlreich erschienenen Gläubigen. Am anderen Morgen war Firmung. Im Vereinshaus (Pfarrheim) war Empfang der kleinen, nicht gefirmten Schulkinder und der Lehrpersonen. Dann der Besuch im Krankenhaus (Altenheim) und im Stift (St. Georg). Im Stift nahm ihn der Direktor der Hautklinik mit seinen Ärzten in Empfang. Die Leute hatten die Straßen schön ge-schmückt - wieder friedensmäßig - und jubelten unterwegs dem Bischof zu. Des Nachmittags ging die Fahrt nach Davensberg zur Firmung. Natürlich gab die Jugend unter Hochrufen das Geleit. Von da wurde er des Abends nach Drensteinfurt abgeholt.

Heute, am Himmelfahrtstag, war zum ersten Mal im großen Saal des Vereinshauses (Pfarrheim) evangelischer Gottesdienst.
30. April 1946

Durch die Flüchtlinge ist die Zahl der Evangelischen auf 3-400 gewachsen. Sie hielten zunächst ihren Gottesdienst in der neuen Schule ab. Da wurde es ihnen zu klein, dann bei Klaverkamp, da war es ihnen zu unruhig, so sind sie bei uns gelandet. Alle 14 Tage des Nachmittags ist Gottesdienst.

06. Juni 1946

Heute trat unser Küster, Theodor Krämer, seinen Dienst an. Er ist zugleich Küster und Organist.

15. Juni 1946

Es gehen Gerüchte, als wenn Ascheberg zugunsten der Polen geräumt werden müsste, das Lager von Greven sollte nach hierhin verlegt werden. Doch scheint es nur ein Gerücht zu sein, wie es heute so viele gibt. Es scheint eine Verwechslung mit Aschendorf an der Ems zu sein.

Heute ist Fronleichnam
20. Juni 1946

Zum ersten Mal konnten wir wieder am Tage selbst unsere Prozession halten. Die Beteiligung war gut, auch haben besonders die Männer fleißig gebetet.

30. Juni 1946

Auch die heutige zweite Prozession ging in der gewohnten Weise vor sich. Hoffent-lich bleibt es auch so!

03. Juli 1946

Heute hielten wir ein Seelenamt für den gefallenen Krieger Hubert Schilling.

04. Juli 1946

Heute hielten wir ein Seelenamt für den gefallenen Krieger Joseph Dinkeller.

06. Juli 1946

Heute hielten wir ein Seelenamt für den gefallenen Krieger Ewald Brox.

Es kommen immer noch Nachrichten von Soldaten, die draußen gefallen sind oder auch in der Gefangenschaft gestorben sind. Oft bringen Kameraden, die aus der Gefangenschaft entlassen sind, die Nachricht mit.

14. Juli 1946

Heute haben wir in der Kirche folgende Bekanntmachung verlesen: Es sind bisher in Ascheberg, einschließlich der Ausgebombten, 1.450 Flüchtlinge untergebracht. Von der Militärregierung ist angeordnet, dass eine Zahl von 55% der Bevölkerung untergebracht wird, das sind etwas über 2.000 Fremde. Danach muss Ascheberg noch etwa 600 Flüchtlinge aufnehmen. Jeder weiß, wie schwer das ist, wie viel Unannehmlichkeiten damit verbunden sind. Doch kommen wir nicht daran vorbei. Darum richten wir an alle Pfarrangehörigen die Bitte, in christlicher Nächstenliebe so weit wie möglich Platz zu machen, und so das harte Los, das die Ausgewiesenen getroffen hat, und das uns auch hätte treffen können, zu lindern.

Heute hielten wir, und zwar an einem Sonntag, unsere Wallfahrt nach Telgte
04. August 1946

Die Beteiligung war nach der Unterbrechung seit dem Jahre 1939 sehr groß. Die Eisenbahn stellte des Sonntags Extrazüge. Doch mussten wir den vollen Fahrpreis zahlen.

07. August 1946

Heute hielten wir ein Seelenamt für den gefallenen Krieger Franz Ahlmann. Er war bereits am 21. Dezember 1944 gefallen.

Heute feierten wir das hundertjährige Bestehen der Jünglingssodalität
08. August 1946

Viele waren des Morgens bei der Kommunionmesse. An den drei Abenden vor dem Tag waren Vorbereitungsvorträge von Herrn Kaplan Stellermann aus Drensteinfurt. Wie die Sodalität in den vergangenen 100 Jahren viel Gutes gestiftet hat, so ist sie auch jetzt unter der Leitung von Herrn Kaplan Brink wieder zu großer Blüte gekommen.

28. August 1946

Heute hielten wir ein Seelenamt für den in russischer Kriegsgefangenschaft verstorbenen Heinrich Bergmann aus der Lütkebauerschaft.

Die Not der Zeit drängt uns zur Gründung eines Elisabethenvereins
03. September 1946

Heute ging sie vor sich. Als Vorsitzende wurde gewählt die Frau des Postmeisters Kohues. Aller Anfang ist schwer, vor allem, wenn bald nichts mehr da ist an Kleidung und Unterzeug, wenn sogar das Nähgarn fehlt. Doch haben wir schon allerhand zusammen bekommen, so dass wir zum kommenden Winter doch noch manchem helfen können.

19. September 1946

Heute hielten wir ein Seelenamt für den in russischer Kriegsgefangenschaft verstorbenen August Reher aus der Westerbauerschaft. Er war Abiturient und war Flieger geworden und war, ohne je an der Front gewesen zu sein, Fluglehrer geworden. In den letzten Tagen des Krieges wurde er noch bei Würzburg als Infanterist eingesetzt und gefangen genommen.

Die Zahl der Evangelischen hat in Ascheberg gewaltig zugenommen
Man schätzt sie auf ungefähr 900
10. Oktober 1946

Darum ist für sie in unserem Vereinshaus (Pfarrheim) jeden Sonntag Gottesdienst eingerichtet. Der Pfarrer von Lüdinghausen kommt einmal im Monat. Die anderen Gottesdienste hält ein Lehrer, der früher mal in der Westerbauerschaft als Lehrer angestellt war und nun Gemeindediakon ist und Theologie studieren will und ein evangelischer Schulrat aus Schlesien, der in Davensberg untergebracht ist. Die Zahl der evangelischen Kinder in den Schulen, vor allem in der Osterbauerschaft, wächst bedenklich. Darum möchten wir gern eine evangelische Schule im Dorf einrichten. Doch können wir keinen Lehrer dafür bekommen.

08. November 1946

Heute, am Fest der unbefleckten Empfängnis Mariens, hielten wir mit der ganzen Diözese einen Gebetstag für die großen Anliegen der Zeit. Das Sakrament war bis zum Schluss des Hochamtes ausgesetzt. Die Beteiligung war nicht so sehr groß.

19. November 1946

Heute hielten wir ein Seelenamt für den gefallenen Krieger Theodor Vienenkötter aus der Davert. Er war schon am 08. August 1944 in Frankreich gefallen.

Mit dem heutigen Tage beginnen die Weihnachtsferien
20. Dezember 1946

Mit dem Unterricht in den Schulen steht es schlecht. Die Bauerschaftsschulen sind überfüllt und sehr mit evangelischen Kindern durchsetzt und in der Dorfschule fehlt es an allem! Keine Kohlen, nicht ausreichende Schulbänke, nur eine männliche Lehrkraft, kein Schulrektor! So lernen die Kinder immer noch nicht viel, zumal es an Schulbüchern fehlt. Die Rektoratschule, die Ostern wieder ins Leben gerufen wurde, hat auch schon unter vielen Schwierigkeiten zu leiden. Der Leiter der Schule, Rektor Theodor Jansen, von hier gehbürtig, der auch zugleich die Dorfschule leitet, ist als Berufschuldirektor nach Coesfeld gegangen. Dafür hat der pensionierte Professor Falke, aus der Westerbauerschaft gehbürtig, vorläufig die Leitung übernommen. Den Lateinunterricht gibt Pastor i.R. Bücker und den evangelischen Unterricht eine ausgebombte Studienassessorin aus Dortmund, die zur Zeit hier wohnt. Auf allen Gebieten eine große Behelferei!

Weihnachten haben wir wieder recht feierlich begangen
25. Dezember 1946

Die Kirche war in der Ucht so voll, dass nicht alle Menschen hinein kommen konnten. Auch die kath. Flüchtlinge aus Schlesien haben sich gut beteiligt.

Die evangelische Gemeinde hielt am Vorabend ein Krippenspiel und am Weihnachtsmorgen um 7 Uhr eine Christmette.

1947



01. Januar 1947

In der Neujahrspredigt gab es außer dem Flüchtlingsproblem nichts Besonderes zu erwähnen. Die Taufen sind gestiegen auf 81, darunter 10 Uneheliche bzw. außer-eheliche Kinder. Allerdings waren nicht alle von hier. Gestorben sind 31 Erwachsene und 9 Kinder. Dazu kam die Meldung von 14 Soldaten, die gefallen oder in der Gefangenschaft gestorben waren. Damit steigt die Zahl der gemeldeten toten Soldaten auf 172. Geheiratet haben in Ascheberg 22 und in Davensberg 10 Paare, auswärts 4 Paare. Davon ein Paar gemischt. Die Zahl der Kommunionen ist trotz der Flüchtlinge auf 97.000 zurückgegangen. Man kann auch nicht sagen, dass das religiöse Leben gekräftigt ist. Bei der Sucht nach Vermögen, bei den vielen Fußballspielen, die die junge Welt ganz in Beschlag nimmt, bei den vielen unterhaltenden, belustigenden Vorstellungen nicht zu verwundern.

06. Januar 1947

In diesen Tagen ist eine Unterschriftensammlung für die Entlassung der Kriegsge-fangenen. Wir hatten 2.742 Unterschriften. Ob die Feindmächte auch noch etwas darum geben werden?

Heute begannen wir wieder mit dem Schulunterricht
27. Januar 1947

Bisher war es wegen der Kälte und dem Mangel an Heizmaterial unmöglich. Ob wir bei dem strengen Frost durchhalten können, ist auch noch sehr fraglich.

16. Februar 1947

In diesen Tagen hielten wir trotz der großen Kälte unser 40stündiges Gebet. Es hat gegangen, so gut wie möglich. Es gab keine Blumen und keine Bäume in der Kirche - wegen der Kälte. Es waren zum Schluss keine Engelchen da, die wären bei der Kälte erfroren. Wir hatten keine Kerzen, um den Altar damit zu illuminieren und nicht einmal in den Hochämtern und in der Schlussandacht mehrstimmigen Gesang. Der neue Organist wird mit dem Chor nicht recht fertig. So einfach ist es in Kriegszeiten nicht einmal gewesen.

Heute war die erste Fastenpredigt
23. Februar 1947

Wir haben den Pater, da des Sonntags kein Zug fährt und er wegen des Schnees und der Kälte nicht mit dem Rad kommen konnte, mit dem Auto - ohne Erlaubnis zur Sonntagsfahrt - von Werne geholt. Es hat gut gegangen.

26. Februar 1947

Heute hielten wir ein Seelenamt für den in der Gefangenschaft verstorbenen Krieger Paul Dissel aus der Siedlung (Bispingheide).

Die Kälte hält an
02. März 1947

Wir mussten den Pater wieder mit dem Auto von Herbern holen und haben ihn mit dem Schlitten wieder nach Herbern zurückgebracht.

06. März 1947

Heute hielten wir ein Seelenamt für den in russischer Kriegsgefangenschaft verstorbenen Paul Klaverkamp von der Lohstraße (heute Albert-Koch-Straße).

In den letzten Tagen ging ein Bote rund im Auftrag des Wirtes Klaverkamp, um Unterschriften zu sammeln für die Forderung, regelmäßig ein Kino spielen zu lassen.

Die Gemeindevertretung hatte eine solche Forderung abgelehnt. Nun wollte man auf diese Weise versuchen, doch ein Kino zu erreichen. Eine Beschwerde beim Landrat blieb ergebnislos, da er gegen einen Beschluss der Gemeindevertretung nicht an kann. Man sammelte 2.500 Unterschriften! Doch waren darunter viele, die selbst ihren Namen nicht geschrieben hatten, Namen die hier nicht polizeilich angemeldet waren, Namen von Jugendlichen, selbst von Schulkindern. Daher wurde die Liste von der Gemeindevertretung abgelehnt und dem Antragsteller aufgelegt, erst eine richtige Liste von Namen von stimmfähigen Mitbürgern einzureichen, dann wollte man weiter über die Kinofrage verhandeln. Der Standpunkt der Gemeindevertretung ist anzuerkennen, wenn man bedenkt, wie in anderen Gemeinden viel Kino gespielt wird zum Schaden der heranwachsenden Jugend.

09. März 1947

Heute mussten wir wegen des anhaltenden Frostes und des Schnees zum dritten Mal den Pater von Herbern holen und ihn wieder dorthin zurückbringen.

13. März 1947

Endlich ist Tauwetter eingetreten, so dass wir hoffen können, dass nunmehr die Kälte überwunden ist. Sie hat seit Mitte Dezember mit kurzen Unterbrechungen angehalten. In der Kirche war es manchmal mehr als ungemütlich. Viele haben des Sonntags nicht zur Kirche kommen können.

14. März 1947

Heute konnten wir uns drei Liebesgabenpakete - Carepakete - aus Amerika, ferner einen Sack voll Kleidungsstücke, von Werne für die Bedürftigen unserer Gemeinde abholen.

16. März 1947

Heute kam der Pater zum ersten Mal mit dem Rad aus Werne zur Fastenpredigt. - Zugleich war auch heute ein Gebetstag für einen gerechten Frieden. Die Beteiligung war nicht sehr stark. Das Volk ist mürbe und gleichgültig geworden.

Das Brot wird knapp. Lange Schlangen stehen oft vor den Bäckerläden, wie sie auch des Freitags vor dem einzigen Metzgerladen stehen. Es gibt Maisbrot.

02. April 1947

Heute begruben wir den Krieger Heinrich Trahe aus der Osterbauerschaft. Er war auf dem Rückzug im Limburgischen gefallen. Seine Leiche wurde nun herübergeholt, nicht ohne Schwierigkeiten, da die guten Leute in dem Dorf, wo er begraben lag, ihn gern bei sich behalten hätten. Sein Grab hatten sie bisher sehr schön gepflegt.

Heute ist Wahltag
20. April 1947

Die Beteiligung war nicht sehr groß, trotzdem es die erste größere Wahl war. Es wurden gewählt: 1.041 Christlichdemokratische Union, 745 Sozialdemokraten, 31 Kommunistische Partei und 102 Freie Demokratische Partei. Das Ergebnis ist betrübend wegen der leidigen Zersplitterung auf unserer Seite.

22. April 1947

Die Rektoratschule hat ihr neues Schuljahr begonnen unter der Leitung des Professors Falke. Die Sexta bleibt weiterhin in der Volksschule, während die Quinta und Quarta ihren besonderen Unterricht erhalten. Es wird Latein und Englisch und auch Französisch doziert.

11. Mai 1947

Die Uhr soll zum zweiten Mal um eine Stunde verrückt werden. Keiner ist damit zu-frieden. Darum haben wir die Kirchenuhr nach der alten Zeit weiterlaufen lassen, womit man allgemein sehr zufrieden ist.

15. Mai 1947

Für den statistischen Fragebogen musste ich den Bevölkerungsstand von Ascheberg haben.
Hier ist er: Es leben in Ascheberg
  3.992 Katholiken
  751 Evangelische
  41 Gottgläubige
in Davensberg
  711 Katholiken
  91 Evangelische
  8 Gottgläubige
zusammen 4.703 Katholiken, 842 Evangelische und 49 Gottgläubige. Wie hat sich das Bild der Gemeinde doch geändert!

30. Mai 1947

Heute sind wir mit dem Kirchenvorstand nach Gescher gefahren, um dem Guss unserer drei neuen Glocken beizuwohnen. Mit einem Lastauto, das auch als Autobus Fahrten macht, sind wir hingefahren. Der Guss hat sich programmgemäß vollzogen. Hoffentlich sind auch die Glocken so gut wie die alten.

05. Juni 1947

Heute hielten wir unsere Fronleichnamsprozession in der gewohnten Weise. Die Beteiligung war nicht so stark wie im vergangenen Jahr, auch wurde hier und da über mangelnde Andacht bei der Prozession geklagt.

Die Not, die in den Städten so groß ist, ist anscheinend hier noch nicht so groß.

08. Juni 1947

Heute feierten wir das 25jährige Priesterjubiläum unseres Kaplans Westmattelmann. Er hielt das feierliche Hochamt, wozu der Kirchenchor eine mehrstimmige Messe sang.

15. Juni 1947

Heute sollte die "kleine" Prozession sein. Doch ist sie verregnet. Wir haben sie in der Kirche gehalten, indem wir von einem Altar zum anderen gezogen sind.

29. Juni 1947

Heute wurde die alte Sommerzeit wieder eingeführt. Man hat eingesehen, wie ver-fehlt die neue Zeit war. Darum sind wir froh, dass wir die alte Zeit beibehalten haben.

30. Juni 1947

Heute konnten wir ca. 75 Pfund Fett aus einer Papstspende an die Bedürftigen verteilen.

Die Vorbereitungen für das Aufziehen der neuen Glocken wurde heute begonnen
10. Juli 1947

Die einzige Glocke, die uns noch verblieben war, musste auch noch ihren Platz ver-lassen, weil sie zur Abstimmung nach Gescher gebracht werden musste.

Leider geschah dabei ein Unglücksfall. Nachdem die Glocke unten war und die Arbeit getan war, drängten sich die Kinder an die Glocke, um einmal daranzuschlagen. Da fiel ein großes Stück Holz oben aus dem Turmfenster herab und traf den 9jährigen Hugo Beermann von der Himmelstraße auf den Kopf und zertrümmerte ihm den Schädel, so dass er nach einer halben Stunde verstarb. Ein anderer Junge kam mit einer leichten Gehirnerschütterung davon. Am folgenden Tag haben wir die alte Katharinenglocke hochgezogen. - die Totenglocke - so dass wir zum Begräbnis des Jungen diese zum ersten Mal nach 5 Jahren wieder läuten konnten.

Heute konnten wir unsere neuen Glocken von Gescher abholen
18. Juli 1947

Mit einem Lastauto mit Anhänger wurden sie bis Davensberg gebracht. Dort wurde an der Eisenbahnbrücke Halt gemacht. Es wurde ein Kettenzug an der Brücke auf-gehängt und die drei Glocken auf drei Flachwagen verladen und weitergefahren bis zur Scheune von Schnobbel am Krankenhaus (Altenheim) Dort wurden sie bekränzt, um am folgenden Sonntag feierlich eingeholt zu werden. Die kleine Glocke, die wir behalten hatten, wurde am folgenden Tag aufgezogen, damit wir doch zur Glockenweihe wieder läuten konnten.

Heute war Glockenweihe
20. Juli 1947

Des Nachmittags um 3 Uhr zog eine Prozession mit Engelchen und Messdienern und dem Kirchenvorstand und den Geistlichen aus der Kirche aus, um die Glocken vom Krankenhaus (Altenheim) abzuholen. Die Schulkinder und die Leute bildeten Spalier. Dann zogen wir in die Kirche und hielten eine Andacht mit Predigt und Se-gen. Während der Zeit fuhren die Glocken durchs Dorf und stellten sich vor dem Kreuz auf dem Kirchplatz auf. Nach der Andacht zog die Prozession vor die Kirche. Vor dem Kreuz war ein Podium errichtet, der Kirchenchor hatte im Hauptportal Auf-stellung genommen. Bei schönstem Sonnenschein wurde die Weihe vollzogen. Im Namen des Kirchenvorstandes sprach der stellvertretende Vorsitzende, Herr Hubert Schulze Pellengahr. Es war eine schöne Feier.

21. Juli 1947

Heute wurden 2 Glocken aufgezogen. Am nächsten Tag die dritte. Es ging alles glatt vonstatten.

Heute und morgen ist Kirmes im Dorf
27. Juli 1947

Es geht bald wieder so wie in Friedenszeiten. Das Geld sitzt locker, viel Geld wurde - leider auch von Kindern - ausgegeben. Man erzählt, dass ein Kind, um Karussell zu fahren, einen 50-Mark-Schein wechseln ließ. Wo sind die Eltern?

Heute machten wir unsere Wallfahrt nach Telgte
03. August 1947

Obschon des Sonntags keine Personenzüge fahren, ist es uns dank dem Entgegen-kommen der Reichsbahn doch gelungen, die Wallfahrt zustande zu bringen. Es fuhr des Sonntags ein Dienstzug nach Münster, der in Münster Anschluss an einen Dienstzug nach Warendorf hat. Ebenso fahren diese Züge gegen Abend zurück. Nun wurde unser Dienstzug auf zwei normale Personenzüge verstärkt, so dass wir über 1.000 Teilnehmer zusammen mit Davensberg, Ottmarsbocholt und Amelsbüren kamen.

24. August 1947

In Laufe der letzten Wochen wurde die Gräfte am Pastorsgarten ausgemurrt. Der Schlamm wurde mit einem Kippwagen auf Geleisen zur Pastoratsweide gefahren. Nun dient die Gräfte als Feuerlöschteich.

27. August 1947

Heute hielten wir ein Seelenamt für den auf den Südseeinsel verstorbenen Pater Schneider aus der Westerbauerschaft. Er hatte den Krieg dort trotz vieler Drangsale gut überstanden.

Die erste evangelische Schule!

Mit Beginn des zweiten Schulhalbjahres wurde in Ascheberg die erste evangeli-sche Schule errichtet, an der Himmelstraße, zunächst nur einklassig, doch soll die zweite Klasse bald hinzukommen. Wie haben sich die Zeiten geändert. Bis vor kurzem gab es kaum ein evangelisches Kind in unseren Schulen, und jetzt sind über 100 evangelische Kinder in der Schule zu betreuen!


Die evangelische Schule an der Himmelstraße!


Zum 1. Oktober scheidet Frl. Störkmann aus dem Schuldienst
20. September 1947

Sie war mehr als 35 Jahre in der Schule in Ascheberg tätig. Aus diesem Anlass hielten wir des Morgens ein feierliches Hochamt, daran schloss sich in der Schule eine Abschiedsfeier.

21. Oktober 1947

Heute fuhren wir mit dem Auto zum Glockenguss nach Gescher. Nach langem Ver-handeln und nach Gegenlieferung von Briketts, Holz, Steinen ist es endlich gelun-gen, dass die letzte und größte Glocke gegossen wurde.

Heute war Gebetstag für den Frieden
23. November 1947

Den Tag über wurde Anbetung gehalten. Die Beteiligung war nicht besonders groß. Die Leute sind zu mürbe geworden und haben zu wenig Hoffnung, dass noch ein gerechter Friede zustande kommt.

30. November 1947

In der vorigen Woche wurde eine Haussammlung von Tischen, Stühlen, Ofen, Betten usw. von der Gemeinde gehalten. Wir hatten sie von der Kanzel empfohlen. Das Ergebnis sollte den Flüchtlingen zugute kommen. Es ist allerhand eingenommen, aber meist alte Sachen, Textilwaren gab es sehr wenig. Im Verhältnis von 2:3 wurde es auf den Elisabetheverein und auf das evangelische Hilfswerk verteilt, diese haben es dann später weiterverteilt.

Heute waren Wahlen zum sogenannten Flüchtlingsausschuss.
14. Dezember 1947

Dieser besteht aus 3 Einheimischen und 3 Flüchtlingen. Die 3 Letzteren mussten gewählt werden. In einer Flüchtlingsversammlung, in der es ziemlich hoch her ging, verlangten die Evangelischen alle drei Kandidaten für sich, trotzdem der Amtsdirektor betonte, dass die kath. Flüchtlinge mit ihrer Zahl von über 500 gegenüber 700 evangelischen Flüchtlingen, doch auch wohl ein Recht hätten, vertreten zu sein. Bisher war auch ein Katholik neben zwei Evangelischen im Ausschuss. Besonders die Hauptvertreter der evangelischen Gemeinde, ein früherer Lehrer Lindken, der sich in der Nazizeit in die rein katholische Schule der Westerbauerschaft einge-drängt hatte, und nun, nachdem er als Nazi abgesägt war, sich Diakon der evangelischen Gemeinde nennt, sowie ein Schulrat Wolfgram aus dem Osten, der je nach Bedarf sehr sanfte aber auch sehr heftige Töne reden kann, diese beiden setzten sich sehr dafür ein, dass nur evangelische Vertreter gewählt würden. Der Herr Wolfgram hat sich einige Tage darauf entschuldigt, dass in der Versammlung so geredet worden sei. Das hat aber nichts gehindert, dass der Herr Lindken, doch durch Plakate und selbst im Gottesdienst eifrig für seine Kandidaten geworben hat. Der Erfolg war natürlich klar. Die drei evangelischen Kandidaten wurden gewählt. In einer späteren Flüchtlingsausschußsitzung haben wir, der Amtsdirektor, der Bürgermeister und ich den drei Flüchtlingen ernst unsere Meinung gesagt, dass ihr Verhalten bestimmt nicht zum Frieden beigetragen hätte.

Heute haben wir unsere letzte Glocke von Gescher holen können
17. Dezember 1947

Die Winde und anderes Werkzeug mussten wir von Everswinkel holen. Am 20. Dezember haben wir die 50 Zentner - Glocke ohne Unfall hochgezogen. Zwei Tage vergingen noch, bis sie oben an Ort und Stelle hing. So hatten wir die Freude, am Weihnachtsabend alle 5 Glocken läuten zu hören. Doch war die Freude sehr ge-mischt. Durch die Turmöffnung war allerhand Regen hineingekommen, so dass das Leutewerk bald bei dieser, bald bei einer anderen Glocke versagte. Das Kuriose war, dass wir zum Festhochamt mit allen Glocken an zu läuten fingen und schließlich zum Schluss nur noch mit der kleinsten läuten konnten. Mit der großen Glocke haben wir auch eine neue Glocke für das Krankenhaus (Altenheim) mitgebracht. Die alte Glocke, die von der Burg Ichterloh stammt, hat einen so jämmerlichen Ton, dass wir sie durch eine neue ersetzt haben.


Glocke St. Josef


1948



01. Januar 1948

Am ersten Tag des neuen Jahres gab der Pastor, wie üblich, einen Überblick über das vergangene Jahr. Die Zahl der Taufen betrug (mit Davensberg) 85. Damit blei-ben wir mit 18 auf Tausend eigentlich ziemlich tief stehen. Bedauerlich ist die Zahl der unehelichen (5) und der außerehelichen (6) Geburten. Eine von den vielen Fol-gen des Krieges! - Gestorben sind 48. Von 4 Gefallenen ist noch Nachricht gekom-men, so dass sich die Zahl der im Krieg Gefallenen auf 176 erhöht. In Gefangen-schaft sind noch 88 Einheimische und 39 Flüchtlinge. Vermisst, d.h. solche, von denen keine Nachricht mehr kommt, sind 102 Einheimische und 121 Flüchtlinge. - Trauungen waren insgesamt 43. Darunter 5 gemischte Ehen. Wo die Menschen so durcheinander gewürfelt sind, und bei der zunehmenden religiösen Gleichgültigkeit verständlich! - Die Zahl der Kommunionen betrug 84.000. Das sind weniger als im Jahr vorher! Die Not des Krieges und der Nachkriegszeit ist vorüber; nun ist das Beten für viele nicht mehr so nötig. Alles in allem - das religiöse Leben nimmt erschreckend ab.

08. Februar 1948

In diesen Tagen hielten wir unser 40stündiges Gebet. Es ging in diesem Jahr wieder besser wie im vorigen Jahr bei der abnormen Kälte. Die Beteiligung der Leute war recht gut.

03 März 1948

Heute hielten wir ein Seelenamt für den gefallenen Krieger Hugo Dabbelt aus der Westerbauerschaft. In den letzten Tagen des Krieges war er noch zu Hause. Seine Gewissenhaftigkeit trieb ihn an, mit der zurückweichenden Front ostwärts zu ziehen, trotzdem man ihm nahe legte, da doch alles vorbei sei, am Ort zu bleiben. Bei Gera musste er sein junges Leben hingeben.

Ostern
Es gibt kein Fleisch, kein Fett und keine Butter auf Marken!
28. März 1948

Geld ist in Fülle da, aber zu dem amtlich festgesetzten Preisen will kein Mensch ver-kaufen. Auf dem schwarzen Markt gibt es dagegen alles zu kaufen, allerdings manchmal zu sündhaft teuren Preisen. Hier und da hört man, dass auch die Bauern sich der Überforderung schuldig machen. Manche, Bauern und auch andere, die Schwarzhandeln konnten, haben sehr schön gebaut, umgebaut und sich herrlich eingerichtet, in der Erwartung, dass es nächstens nicht mehr geht, wenn das Geld einmal zusammengelegt wird. Andere, besonders die Flüchtlinge, schauen voll Neid auf das, was diese sich leisten können.

04. April 1948

Heute war Erstkommunion der Kinder. Es ging in der gewohnten Weise vor sich. Wir haben durch den Elisabethenverein den Familien der Kinder allerhand an Textilien, Schuhen und Lebensmittel zukommen lassen.

08. Mai 1948

Heute hielten wir ein Seelenamt für den gefallenen Krieger Anton Rüller vom Altenfeld.

14. Mai 1948

Heute hielten wir ein Seelenamt für den gefallenen Krieger Hubert Feldmann aus der Hegemerbauerschaft.

Am heutigen Pfingstfest beginnt die Volksmission
16. Mai 1948

die schon für das vorige Jahr geplant war. Es sind vier Kapuzinerpatres gekommen. Leiter ist Pater Franz Sales, ferner Pater Renatus, Pater Gaudentius und Pater Jordan geht in der Hauptsache nach Davensberg und wird auch hier und da in der Pfarrkirche im Predigen aushelfen. Gebe Gott einen guten und segensreichen Verlauf der Mission!

27. Mai 1948

Trotz der Mission haben wir unsere Fronleichnamsprozession nicht ausfallen lassen. Die Beteiligung war sehr groß. - Des Nachmittags hielten wir zweimal eine Sakramentsandacht, an der sich die ganze Gemeinde gut beteiligte.

Heute ist Schluss der Mission
30. Mai 1948

In zwei Schlussandachten haben wir dem lieben Gott gedankt für die Gedanken, die er uns in diesen Tagen geschenkt hat. Rückschauend auf die Mission bin ich doch nicht so recht zufrieden mit dem Erfolg. Einmal, die Missionare machten es den Leuten sehr bequem, da man mit einem Kirchenbesuch, bei dem man zwei Predigten nacheinander hören konnte, jeden Tag fertig war. Dann, so scheint mir, ging es nicht so sehr, wie man sagt, "an die Nieren". Es war mehr eine Unterweisung. Eine Intensivierung des Vereinslebens wurde auch nicht erzielt. Der Kommunionempfang in den Tagen der Mission war nicht so groß, wie man es sonst wohl erlebt hat. Möge Gott weiter helfen!

In diesen Tagen gab es den lang erwarteten aber auch gefürchteten Währungsschnitt
21. Juni 1948

Mit einmal war das Geld auf 55% des früheren Wertes "abgewertet". Alle Fonds und Kassen wurden fast leer. Jeder bekam 40 "D-Mark" in die Hand gedrückt, musste aber dafür den Gegenwert in altem Geld abliefern. So entstand in den ersten Tagen und Wochen bei vielen, nicht bei den kinderreichen, eine gewisse Geldknappheit. Viele Pläne fielen ins Wasser, da kein Geld mehr da war. In den Geschäften tauch-ten viele Waren, besonders Schuhe und Textilien auf, die viel und verhältnismäßig billig verkauft wurden. Doch hielt das Geschäft nicht lange an, da das Geld ausging und die Waren wieder im Preis heraufgesetzt wurden. Überall ist die große Frage: Wird sich die neue Mark halten?

19. Juli 1948

Heute hielten wir ein Seelenamt für den gefallenen Krieger Joseph Bergmann aus der Lütkebauerschaft.

25. Juli 1948

Heute hielten wir unsere Wallfahrt nach Telgte. Die Beteiligung war recht groß, etwa 480 Teilnehmer pilgerten mit zur Mutter Gottes.

27. Juli 1948

Heute hielten wir ein Seelenamt für den gefallenen Krieger Heinrich Kleykamp aus der Osterbauerschaft. Die Nachricht von seinem Tode war schon im September 1945 eingetroffen, doch die Angehörigen wollten es nicht glauben. Nun kam die Bestätigung.

13. August 1948

Heute erhielt ich ein Paket aus Amerika und zwar von den Franziskanerinnen von Münster, St. Mauritz, die in Amerika eine eigene Provinz haben. Eine Aschebergerin, eine geb. Osthues aus der Westerbauerschaft, die schon mehrere Pakete mit Liebesgaben nach hier zu ihren Verwandten geschickt hat, hat auch dieses Paket vermittelt. Es enthält 5 schöne, wenn auch leichte, Messgewänder, die wir mit Dank angenommen haben. Wir haben aber auch die Diaspora an unserer Freude teilnehmen lassen und haben dafür einige ältere Messgewänder an arme Missionsstationen abgegeben.

Heute am Fest "Mariä Himmelfahrt" war ein große Fest
Wir konnten Primizfeier halten
21. Juni 1948

Der Primiziant ist zwar kein Ascheberger, sondern stammt aus Dortmund, doch sind die Eltern schon mehrere Jahre hier ansässig, nachdem sie in Dortmund ausge-bombt sind. In feierlichem Zuge holten wir ihn vom Elternhaus auf der Sandstraße bei Drees ab. Beim feierlichem Hochamt predigte ein früherer Kaplan unserer Hei-matgemeinde. Nach dem "Großer Gott" brachten wir ihn zurück nach Hause. Des Nachmittags hielt er dann eine Dankandacht und gab allen feierlich den Primizsegen. Wann wird der nächste Priester aus Ascheberg kommen?


In feierlichem Einzug wurde der Primiziant Johannes Braun vom Elternhaus bei Drees (Sandstraße) abgeholt



Einzug des Primizianten Braun in die Pfarrkirche St. Lambertus


Der Primiziant Johannes Braun wurde später Bischof von Magdeburg.

Heute waren Wahlen zur Gemeindevertretung und zum Kreistag
17. Oktober 1948

Die Wahlen konnten einen traurig stimmen. Einmal, die Führer der Flüchtlinge und zugleich der evangelischen Gemeinde hatten ihren Leuten eingehämmert, sie müssten sozialdemokratisch wählen. Dann hatte man versucht, die elende Kluft zwischen CDU und Zentrum zu schließen. Hugo Merten hatte sich größte Mühe gegeben. Es war eine Zusammenkunft zustande gekommen und in später Stunde eine Einigung herbeigeführt worden. Doch wurde sie vom Zentrum, anscheinend auf höhere Weisung hin, nicht gehalten. Es war abgemacht, in den einzelnen Wahlbezirken nur einen Kandidaten vom Zentrum oder der CDU aufzustellen und die anderen zurückzuziehen. Das wurde vom Zentrum nicht gehalten, so dass die CDU dadurch sehr im Nachteil war. Darum wurden 5 Zentrum, 4 CDU, 4 SPD und ein Unparteiischer gewählt. Für den Kreistag wurde mit großer Mehrheit Herr Schulz-Pellengahr gewählt.

Kaplan Jansen, von hier gehbürtig und in Hamborn angestellt, hielt hier in der Kirche eine Kollekte ab für seine zerstörte Kirche. Sie brachte 2.009 DM ein. Eine große Summe für diese Zeit, in der das Geld zu knapp ist.

Mit Beginn des neuen Kirchenjahres haben wir wieder das Kirchenblatt
05. Dezember 1948

Wir haben uns lange geweigert, das Blatt von Recklinghausen zu beziehen, da wir viel bessere Verbindungen nach Münster haben. Aber trotz aller Einwendungen sind wir einfach mit dem Dekanat Werne nach Recklinghausen verkauft und können nur von da das Kirchenblatt beziehen.... Auch alle Bemühungen seitens des Dechanten waren nutzlos. Wir sind mit 450 Exemplaren angefangen.

06. Dezember 1948

Heute hielten wir ein Seelenamt für den gefallenen Krieger Bernhard Schilling aus der Siedlung (Bispingheide).

1949



02. Januar 1949

Heute hielt Münster, Herz-Jesu, hier eine Kirchenkollekte für ihre teilweise zerstörte Kirche. Sie brachte die ansehnliche Summe von 1.507,--DM.

06. Januar 1949

Heute war Weihnachtsfeier für die Flüchtlinge. Es wurde gesungen, Theater gespielt und Verlosung gehalten. Allmählich haben sich die Flüchtlinge doch so eingelebt, dass eine eigene Weihnachtsfeier wohl nicht mehr nötig ist.

23. Januar 1949

Heute hielten wir eine Elternversammlung, um die Eltern auf die Bedeutung des Elternrechtes hinzuweisen und ihnen die Wichtigkeit des kommenden Schulgesetzes und darum auch die Wichtigkeit der kommenden Wahl zum Landtag klar zu machen. Es wurde ein Elternausschuss gebildet.

10. Februar 1949

Heute hielten wir ein Seelenamt für den gefallenen Krieger Joseph Büscher.

14. Februar 1949

Frl. von und zu Mühlen von der Zentrale in Münster hielt des Nachmittags und am anderen Morgen nach einer Gemeinschaftsmesse Vorträge für die Mütter der Kommunionkinder. Sie fanden rechten Anklang.

27. Februar 1949

In diesen Tagen hielten wir nach altem Brauch unser 40stündiges Gebet. Die Schu-len hatten frei.

03. April 1949

Aus Anlass des goldenen Priesterjubiläums unseres hl. Vaters durften die Priester heute zwei hl. Messen lesen, davon die eine nach der Meinung des hl. Vaters und zur Sühne für die Beleidigungen, die Gott zugefügt werden. Auch die Gläubigen haben sich rege durch den Empfang der hl. Sakramente beteiligt.

Heute war Erstkommunion
24. April 1949

Wir haben noch daran festgehalten, die Kinder am Ende des 3. Jahrganges resp. zu Beginn des 4. Jahrganges zur Kommunion anzunehmen, trotzdem manche Gemeinden schon ein Jahr früher die Kinder annehmen.

In dieser Woche verließ Vikar Joseph Theke Davensberg, um Pastor in Lembeck zu werden. An seiner Stelle tritt Pfarrer i.R. Wilhelm Stellermann aus Münster.

01. Mai 1949

Heute hielt Duisburg, Elisabeth, bei uns eine Kollekte zum Wiederaufbau der Kirche. Sie bekamen 1.120,--DM.

In diesen Tagen des Monates kam es zu einem Krawall
Juni 1949

Der Wirt Klaverkamp hatte Unterschriften gesammelt, die ein Kino verlangten. Er wollte es bei sich einrichten. Es waren mehr als 1.500 Namen, darunter sogar Na-men von Schulkindern! Die Liste wurde von der Behörde nicht anerkannt. Inzwi-schen hatte sich ein anderer Kinobesitzer mit dem Wirt Bultmann in Verbindung gesetzt, um dort ein Kino einzurichten. Das Amt Ascheberg hatte er nicht in Kenntnis gesetzt. Der Tag der Vorführung war schon bekannt gemacht. Da hat die Amtsverwaltung eingegriffen und wegen mangelnder Einrichtung die Vorführung verboten. Darum gab es Demonstration auf der Straße. Beim Amtshaus wurden Scheiben eingeworfen. Das Ganze war hauptsächlich von Jugendlichen inszeniert.

12. Juni 1949

Heute war Bekenntnissonntag für die gesamte Jugend. Ferner war Wahl zum Kirchenvorstand, er wurde auf acht Mitglieder verkleinert. Nur Wenige kamen zur Wahl.

Des Abends war Siedlerversammlung.

Herr Domkapitular Vorwerk hielt den Vortrag. Es ist nicht viel dabei herausgekommen. Es haben sich zwar etliche gemeldet, doch fehlte das Geld und auch die Lust zur Arbeit an ihrem Bau.

20. Juli 1949

Kaplan Brink, der seit längerer Zeit krank ist, fuhr heute nach St. Blasien zur Erho-lung. Zur Vertretung bekamen wir Paul Wesemann, der in Rom in der Anima studiert und in den Ferien in der Heimat ist.

Heute und morgen ist Kirmes
31. Juli 1949

Diesmal ganz groß. Die Buden, vor allem die Schaubuden, waren nicht unterzubringen. Es musste der Schulplatz in der Himmelstraße mit in Anspruch genommen werden.


Die Raupe stand an der Realschule



Die große Schiffschaukel auf dem Kirchplatz



Das Kinderkarussel von Otto Gehner


Heute waren die ersten Wahlen zum Bundestag
August 1949

Es war eine Wahlbeteiligung von 84,8%. es erhielten CDU 1.408, Zentrum 884, SPD 340, FDP 54 und KPD 18 Stimmen. Es ist bedauerlich, dass CDU und Zentrum sich nicht finden können. Zusammenkommen werden sie doch mal.

06. / 07. September 1949

In dieser Nacht hatten wir von Abends um ca. 9 Uhr bis zum anderen Morgen um 7 Uhr ständig schwere Gewitter. Der Blitz schlug 3-4 mal in den Turm und hat allerhand Schaden angerichtet, hat aber Gott sei Dank nicht gezündet. Wohl sind aller-hand Schieferplatten entzwei gegangen, auch der Hahn hat etwas abbekommen. Es wird eine größere Reparatur geben.

10. September 1949

Heute hielten wir ein Seelenamt für den gefallenen Krieger Hubert Schröer.

23. September 1949

Heute kam Ernst Reckel von der Dorfheide aus der Gefangenschaft zurück. Er war vor Jahren (1944) schon aus dem Feld in Russland als tot gemeldet und wir hatten schon für ihn ein feierliches Seelenamt gehalten. Nun kann er seinen eigenen Totenzettel lesen.

27. September 1949

Infolge des Gewitters vom 06. September musste der Hahn auf dem Turm seinen Platz verlassen. Sein Kamm war vom Blitz angeschmort. Sein Schwanz war von den Amerikanern bei der Besatzungszeit zweimal angeschossen, aber nicht durchgeschossen worden. Die Kugel unter dem Kreuz hatte ein Loch, verursacht von ei-nem Flaksplitter. Eine Flakgranate war mal im Krieg auf dem Grundstück Ecke Sand- und Appelhofstraße explodiert. Und in der Kugel war ein Hornissennest. Der Dachdecker zog sich schleunigst zurück, als er das erste Mal da hinaufstieg. Der Gesamtschaden betrug über 3.000,--DM.

Oktober 1949

Die Sammlungen in und außerhalb der Kirche nehmen überhand. Alle 14 Tage ist eine vom Bischof angeordnete Kollekte, dazu kommen viele Anfragen von Pfarrern, deren Kirchen ausgebombt sind und viele männliche und weibliche Ordensgenossenschaften, die nicht nur Lebensmittel, sondern vor allem Geld haben wollen.

01. November 1949

Der Andrang zum Sakramentempfang war diesmal zu Allerheiligen und Allerseelen sehr groß. Wir hatten einen Pater zur Aushilfe und haben noch 10 Stunden Beichte gehört.

16. November 1949

Heute kam Kaplan Brink aus der Erholung zurück, so dass wir wieder vollzählig sind.

1950



04. Februar 1950

Heute kam Alfons Mersmann aus der Osterbauerschaft nach langer russischer Gefangenschaft wieder nach Hause zurück.

11. April 1950

Wegen der Wahlen zum Landtag haben wir unsere kleine Prozession auf den nächsten Sonntag verschoben. Bei der Wahl erhielten: CDU 1.320, Zentrum 757, SPD 517, FDP 155, Deutsche Partei 23 und KPD 14 Stimmen.

15. August 1950

Heute hatten wir mit den Müttern eine Wallfahrt nach Kevelaer. Es war Mariä-Himmelfahrtstag. Weihbischof Gleumes hielt zum ersten Mal nach seiner Krankheit ein Pontifikalamt. Das hatten die Mütter noch nie gesehen. Auf der Rückfahrt - wir waren in zwei großen Autobussen gefahren - haben wir noch bei der Mutter Anna, auf dem Annaberg, bei Haltern Rast gemacht.

24. August 1950

Die Sakramentskapelle bei Frenking (Gisa-Frenking) war schon lange im Unstand und wurde sogar von Liebespärchen missbraucht. Andererseits wünschen Frenking einen Austausch von Gelände, um ihr Besitztum nach dem Brande - kurz vorher waren die Scheunen abgebrannt - abzurunden. Es handelte sich um 1/2 Morgen, den die Kirche gegen 3/4 Morgen in der Nähe abgeben soll. Dem Tausch wurde von der Behörde zugestimmt. Die Kapelle wurde abgebrochen.

10. September 1950

Heute hielten wir eine Abschiedsversammlung für den scheidenden Kaplan Westmattelmann, der zum Pfarrer von Laggenbeck ernannt ist. Sein Nachfolger wird Kaplan Heinrich Holtkamp, gehbürtig aus Billerbeck.

19. September 1950

In dieser Nacht brannte die Scheune von Schulze Frenking an der Sandstraße ab. Fast regelmäßig im Abstand von 3 Wochen brannten in der Nacht die Scheunen von Schnobbel, neben dem Krankenhaus (Altenheim), Gisa-Frenking, auf dem Bahnhofsweg, und Schlingermann auf der Sandstraße. Es liegt offenbar Brandstiftung vor. Doch hat man trotz mancher Vermutungen den Täter nicht finden können.

20. September 1950

Allmählich nähern sich die Abfindungsverhandlungen mit der Universität beim Aus-zug der Universitäts - Haut - Klinik dem Ende. Es hat viel Mühe und Standfestigkeit gekostet, um das zu bekommen, was nötig war, um das Haus wieder für unsere Zwecke gebrauchsfähig zu machen. Seit Oktober 1943 war das Katharinenstift (St. Georg) und die Landwirtschaftsschule für die Klinik beschlagnahmt. Dass die Klinik 7 Jahre hier bleiben würde, hatte wohl keiner geahnt. Die Klinik hat im Laufe dieser Jahre ungeheuer viel angelegt, so die Küchenvergrößerung, ein neues Stallgebäu-de, damit der Herr Direktor eine Garage bekam, den tiefen Heizungskeller, der nach meiner Schätzung allein 20.000 DM gekostet hat, und eine großzügig angelegte, von innen ausgemauerte Baracke. Dazu wurde in den meisten Zimmern fließendes Wasser installiert und die Heizung vergrößert. Geld spielte bei allen Anlagen keine Rolle.


Die zum Katharinen Stift (heute: St. Georg) gehörende Baracke


Im Vertrag, den wir mit der Universität abgeschlossen hatten, war als Endtermin der Belegung der 01. Juli 1948 ausgemacht. Ferner war bestimmt, dass wir die gemach-ten Anlagen im alten Haus für 10.000 Mark und die Baracke für 25.000 Mark über-nehmen konnten. Dieses haben wir getan und aus den eingenommenen Mieten mit Reichsmark, die ja nicht mehr viel Wert hatten, bestritten. Es war aber auch ausgemacht, dass die Klinik nach dem festgesetzten Endtermin der Belegung, falls sie die Baracke noch ferner benutzte, jedes Jahr 2.000 Mark für den Verschleiß zurückzuzahlen hätte. Das ist uns sehr zugute gekommen. Nämlich Ende Juni 1948 kam die neue Währung, und im Laufe des Juli ist die Klinik ausgezogen. Somit hat sie uns noch 2.000 DM für die Benutzung auszahlen müssen. Mit dem Geld konnten wir das Haus und besonders die Baracke für uns wohnlich gestalten. Alles in allem hat die Klinik viel Geld nach Ascheberg gebracht. Es waren über hundert Krankenbetten untergebracht. Die Lebensmittel wurden zum größten Teil von hier bezogen. Es kam auch viel Besuch für die Kranken nach Ascheberg. Finanziell gesehen, war die Klinik ein Gewinn für Ascheberg, aber sonst sind wir froh, dass wir sie wieder los sind.

Inzwischen entstand die Frage, was wir nach dem Abzug der Klinik mit dem Haus wieder machen sollten. Die Landwirtschaftsschule sollte selbstverständlich wieder eingerichtet werden. Aber mit dem alten Haus, wir wollten es wieder so einrichten, wie es vorher gewesen war: ein Haus für Altpensionäre und daneben die Nähschule. Da meldete sich die bischöfliche Behörde mit dem Plan, im Haus eine Landvolkshochschule einzurichten. Eines Tages kam sogar der Generalvikar, um sich das Haus anzusehen. Bisher war die Schule auf dem Annaberg bei Haltern untergebracht. Doch dort sollte die Schule möglichst bald abziehen, um Arbeiterkursen - denn der Arbeiterbewegung gehört ja das Haus - Platz zu machen. Bald darauf wurde hier in Ascheberg ein Verein für die Landvolkhochschule "Schorlemer Alst" gegründet. Nach Abzug der Klinik sollte die Schule im alten Haus eingerichtet werden. Da kam plötzlich - die Klinik war schon am ausziehen - die Nachricht: wir kommen nicht! Die Miete von 4.000 DM - Bisher hatte die Klinik 8.000 DM bezahlt - ist uns zu hoch. Wir bleiben vorläufig auf dem Annaberg und bauen selbst uns ein Heim. So zog die Klinik aus und das Haus stand leer, da wir nichts für eine fernere Benutzung vorbereitet hatten. So hat uns die Landvolkhochschule elendig im Stich gelassen. Wir haben dann alles wieder instand gesetzt und haben in der Baracke ein Altersheim eingerichtet. Vorher machten uns die Ostvertriebenen Schwierigkeiten. Sie wollten die Baracke partout für Familien einrichten und haben sich diesbezüglich an die Kreisverwaltung, an die Regierung in Münster und auch an den Bischof gewandt. Doch wurden sie überall abschlägig beschieden.

23. September 1950

Heute am Sonntag nach Lambertus, unseres Kirchenpatrons, hielten wir des Abends eine schöne Lambertusfeier auf dem Kirchplatz. Die Häuser rundum waren mit kleinen Wachslichtern illuminiert, die Schulen hatten Lambertuslieder eingeübt. Viele Kinder waren mit Lampions gekommen und machten mit Musik einen Umzug durchs Dorf. Zum Schluss sangen sie alle unter dem Geläute aller Glocken "Großer Gott wir loben Dich" auf Plattdeutsch.

08. Dezember 1950

Heute hielten wir aus Anlass der Dogmatisierung der Aufnahme Mariens mit Leib und Seele in den Himmel eine große Marienfeier mit Weihe der Gemeinde an die Mutter Gottes. Des Morgens war Generalkommunion der ganzen Gemeinde und des Nachmittags um 3 Uhr Festandacht. Die Teilnahme der Gläubigen war wohl befriedigend.

Heute war die Einweihung der evangelischen Kirche in Ascheberg
17. Dezember 1950

Durch die Flüchtlinge sind 800-900 evangelische Christen nach Ascheberg und Davensberg gekommen. Seit 1945 haben sie ihren Gottesdienst in unserem
Vereinshaus gehalten. Vergütung haben wir dafür nicht bekommen, auch nicht für den Verschleiß an Stühlen usw. und für den Verbrauch von Licht. Im allgemeinen sind wir ganz gut ausgekommen, schliedlich - friedlich. Der Pfarrer war auch zur Einweihungsfeierlichkeit eingeladen, sein Name ist sogar in der Urkunde, die in den Grundstein eingemauert ist, erwähnt, doch hat er es vorgezogen, nicht an der Feier teilzunehmen, um allen Schwierigkeiten aus dem Wege zu gehen. Die Kirche ist aus Holz erbaut, von Amerika geschenkt und in Schweden hergestellt. Als Diasporakirche ist sie sehr praktisch eingerichtet, dass sie als Versammlungsraum benutzt werden kann.


Die Gnadenkapelle am Hoveloh


(siehe dazu auch unter Berichte)

29. Dezember 1950

Heute trat Vikar Heinrich Holtkotte, SVD, bisher Exercitienmeister in Rhede, in Da-vensberg seinen Dienst an. Nachdem Vikar Stellermann wegen nervöser Überreizung schon bald seinen Dienst aufgeben musste, kam Vikar Wolbeck, SVD, bisher Kaplan in Wüllen. Er blieb aber nicht ganz ein Jahr und wurde an das St. Matthias - Hospital in Rheine versetzt.

1951



02. Januar 1951

Es kam die Nachricht, dass Felix Stattmann als Soldat im Krieg gefallen sei. Wir hielten heute ein Seelenamt für ihn.

10. März 1951

Heute wurde Kaplan Brink nach Gladbeck Herz-Jesu versetzt. Wir erhalten für ihn keinen Ersatz. Da wird es nun schwer halten, vor allem des Sonntags, die Arbeit zu leisten. Alle Vorstellungen in Münster bei der Behörde haben nichts geholfen.

23. Mai 1951

Heute, am Tag vor Fronleichnam, mussten wir unser Ewiges Gebet halten. Es ist äußert ungünstig, dass wir mit unserem Gebet immer hin und her geschoben werden.

23. September 1951

Heute, am Sonntag nach Lambertus, unseres Kirchenpatrons, hielten wir des Abends eine schöne Lambertusfeier auf dem Kirchplatz. Die Häuser waren mit kleinen Lichtern schön geschmückt. Nach dem Umzug durch unser Dorf sangen wir zum Schluss auf dem Kirchplatz "Großer Gott wir loben Dich" auf Plattdeutsch.

1952



01. Januar 1952

Am heutigen Neujahrstag hielt der Pfarrer die übliche Neujahrspredigt mit der Über-sicht über das vergangene Jahr. Bemerkenswert ist, dass die Zahl der Kommunio-nen zum ersten Mal wieder nach dem Krieg auf 100.000, nämlich 106.000 stieg. Hoffentlich bleibt es so. Die Zahl der Trauungen hat auch sehr zugenommen, näm-lich auf 49. An beurkundeten Kriegsgefallenen zählen wir jetzt 186.

Im Laufe des Monats erhielten wir in der Kirche eine Lautsprecheranlage
Februar 1952

Auf der Kanzel, am Altar und in den Bänken für die Vorbeter ist ein Mikrophon angebracht. Wir sind mit der Anlage gut zufrieden. Die Teilnahme am gemeinsamen Gebet, besonders nach der Messe, hat sich bedeutend gebessert.

28. Februar 1952

An zwei Tagen hielten wir einen Einkehrtag im Stift (St. Georg) für die Frauen. und Mütter.

April 1952

In der Gemeinde Davensberg besteht schon lange der Wunsch nach einem eigenen Friedhof. Nachdem in der Gemeinde schon lange dafür gesammelt ist, und nachdem die politische Gemeinde 2.000,--DM Zuschuss bewilligt und die bischöfliche Behörde ebenfalls 2.000,--DM Zuschuss in Aussicht gestellt hat, wurde ein 5 Morgen großes Grundstück hinter dem Kuhkamp erworben und auch schon bald in Benutzung genommen.

Im Laufe dieses Monats wurde der Umbau der Orgel beendet
Juli 1952

Der Chor hatte bisher kaum Platz auf der Orgelbühne, so dass man nur unter gro-ßen Schwierigkeiten mit der Orgel zusammen singen konnte. Jetzt kann auch ein großer Chor, und zwar in Stufen aufgebaut, unmittelbar neben der Orgel stehen.

Heute feiert die Kolpingfamilie das Fest ihres 25jährigen Bestehens
13. Juli 1952

In der Nazizeit wurde der Verein aufgelöst, ist aber nun wieder zu neuer Blüte aufgewachsen. Des Morgens war Generalkommunion und des Nachmittags Festumzug mit vielen auswärtigen Vereinen und anschließend Festversammlung.

22. August 1952

Wir erhielten die freudige Nachricht, dass der Neupriester Heinrich Terodde aus Bocholt zur einstweiligen Aushilfe für Ascheberg ernannt ist. So lässt sich die Arbeit besser verteilen. Hoffentlich bleibt dieser Zustand nicht nur einstweilig.

Heute waren Wahlen zum Kirchenvorstand
12. Oktober 1952

Die Hälfte schied aus. Die Wahl verlief in aller Ruhe. Drei der alten Mitglieder wurden wiedergewählt. Der vierte schied freiwillig aus, um einem Vertreter von Davensberg Platz zu machen, im letzten Jahr war Davensberg nicht mehr im Kirchenvorstand vertreten.

23. Dezember 1952

Wir erhielten die Nachricht vom Tode des Kriegers Franz Schulik. Wir hielten für ihn ein Seelenamt.

1953



01. Januar 1953

Am Neujahrstag hielt der Pfarrer seinen Jahresrückblick. Zu erwähnen ist, dass die Kommunionen gegenüber dem Vorjahr um 1.000 zugenommen und dass die Trauungen erheblich abgenommen haben. Es waren im vergangenen Jahr noch 34.

06. Januar 1953

Heute am Fest der Erscheinung des Herrn, hielten wir zum ersten Mal seit dem Krieg eine Abendmesse. Leider ist dieses Fest kein gesetzlichen Feiertag und in den Städten wird viel gearbeitet. Sogar vom Besuch der hl. Messe ist vom Bischof dispensiert. Für alle die, welche am Morgen einer Messe nicht beiwohnen könnten, halten wir die Abendmesse. Im Übrigen feiern wir den Tag genau wie früher als Festtag.

05. Februar 1953

Zum diesjährigen 40stündigen Gebet ist zu bemerken, dass die Schulen am Montag und Dienstag nicht mehr frei hatten. Diese alte Gewohnheit, dass zum 40stündigen Gebet schulfrei ist, ist in der Nazizeit für ein paar Jahre abgeschafft, nachher wieder eingeführt und nun wieder abgeschafft.

Ostern
05. April 1953

Auf Drängen des Bischofs und der Jugend haben wir in diesem Jahr zum ersten Mal die Ostervigilfeier gehalten. Sie begann um 1/2 11 Uhr und endete gegen 1 Uhr (Nachts). Die Kirche war nicht so besetzt wie sonst am Ostermorgen. Die jungen Leute waren erbaut, - es war ja auch mal was Neues, die älteren weniger; sie wünschten, dass die alte Osterfeier mit dem Umgang um die Kirche wieder eingeführt werde.

Heute waren Wahlen zum Gemeinderat
12. April 1953

An Stimmen erhielten: CDU 1.310, Zentrum 866, BHE (Vertriebene) 429, SPD 219, FDP 40 und KPD 10. Ergebnis: 8 CDU, 6 Zentrum, 3 BHE und 1 SPD-Abgeordnete.

10. Mai 1953

Am heutigen Christi-Himmelfahrtstag hielten wir zum zweiten Mal in diesem Jahr Erstkinderkommunion, und zwar kommunizierten die Kinder vom Anfang des dritten Schuljahres.

24. Juni 1953

Heute machte der Mütterverein eine Wallfahrt nach Werl. Anschließend fuhren wir durchs Sauerland.

Heute war Bundestagswahl
06.September 1953

Wie überall war auch in Ascheberg eine große Beteiligung. Es haben 83,7% gewählt. Es erhielten an Stimmen: CDU 2.151, Zentrum 353, BHE 307, SPD 250, FDP 57 KPD 4, DP 8, Gesamtdeutsche Volkspartei 4. Es war ein überwältigender Sieg für den Bundeskanzler (Konrad Adenauer). Viel hat zur regen Wahlbeteiligung beigetragen, besonders der Film von der Reise des Kanzlers (Konrad Adenauer) nach Amerika: "Ein Mann wirbt für sein Volk".



Hier endet die Aufzeichnung von Pfarrer Jodokus Fechtrup.


1954



Am gestrigen Dienstag (27.04.1954) durcheilte unsere Gemeinde die schmerzliche Kunde, dass der hochverehrte Pfarrer, Jodokus Fechtrup, nach kurzer Krankheit im St. Lambertus - Hospital (Altenheim) das Zeitliche gesegnet hat. Trotz seines schwe-ren Leidens war Pfarrer Fechtrup bis in die letzten Wochen noch unermüdlich tätig. Der von rastloser Liebe und von hohem Verantwortungsbewusstsein erfüllte Priester hat sich in den Herzen seiner Pfarrkinder ein bleibendes Denkmal gesetzt. Er wird am kommenden Samstag nach dem Seelenamt, das 9 Uhr beginnt, zu Grabe getragen.

Pfarrer Fechtrup stammt aus Münster, wo er als Spross einer alteingesessenen Bürgerfamilie am 11. Mai 1883 das Licht der Welt erblickte. Am 09. Juni 1906 wurde er im Hohen Dom zum Priester geweiht und war in den folgenden Jahren in Rheine, Münster und Ahlen tätig. Der Hochwürdige Herr Bischof ernannte ihn als Nachfolger des verewigten und unvergessenen Prälaten Degener am 22. Juni 1933 zum Pfarrer von Ascheberg.

Hier hat er als schollenverbundener Pastor des Münsterlandes in unmittelbarer Nä-he seiner heimatlichen Bischofstadt über zwei Jahrzehnte in voller und freudiger Hingabe seiner hohen Aufgabe, gedient bis der Allmächtige seinen treuen Diener in die ewige Heimat abberief. Er war ein wahrer und gütiger Vater der ihm anvertrauten Pfarrkinder, ein Priester, ausgestattet mit hohen Geistesgaben, der es besonders verstand, die Jugend an sich zu ziehen.

Sein frischer, lebensnaher Religionsunterricht begeisterte die Schulkinder, die sich stehst auf jede Stunde in der Woche freuten, die sie mit ihrem Pfarrer zusammen-brachte. "Heute kommt der Pastor!" Diesen freudigen Ausruf aus Kindermund hört man oft in der Schule, wenn der Religionsunterricht auf dem Stundenplan stand. Dem bewährten und aufgeschlossenen geistlichen Pädagogen lag die Förderung des Schulwesens am Herzen. Noch in einer der letzten Versammlungen des Rekto-ratschulvereins setzte er sich nachdrücklich für die Erhaltung der Realschule ein. Wissen und die Vermittlung wahrer Kultur seien jedes Opfer wert, so sagte Pfarrer Fechtrup, der die alten Sprachen liebte und die Jungen und Mädchen in Latein un-terrichtete. Das St. Lambertus - Hospital (Altenheim; Abbruch 1992), in dem Pfarrer Fechtrup jetzt die Augen für immer schloss, verdankt seiner Förderung den Umbau vor fast zwei Jahrzehnten und manche moderne Einrichtung, zuletzt noch des neuen Röntgengerätes. Die ehrwürdige Pfarrkirche erhielt ihre Lautsprecheranlage und in den letzten Monaten seines Lebens beschäftigte er sich mit dem Plan, einen Kindergarten zu gründen . So hat Pfarrer Fechtrup im Weinberge des Herrn mit seinem Pfunde gewuchert und das irdische Maß der Zeit genutzt zum Heil der Seelen. Seine Pfarrgemeinde wird ihn, der nunmehr den irdischen Wandel vollendet, nicht vergessen.

Lüdinghauser Zeitung vom 28.04.1954



O R D N U N G

bei der Beerdigung unseres hochwürdigen Herrn

Pfarrers Jodokus Fechtrup, am 01.05.1954

Der Kirchenvorstand bittet die Präfekten, Präfektinnen und Vorstände, die unten angegebene Ordnung bekannt zu geben und Sorge zu tragen, dass sie möglichst ein gehalten wird.

Um 9 Uhr wird die Leiche des hochw. Verstorbenen von der Pastorat zum Chor der Kirche geführt. Es folgt das feierliche Seelenamt, bei dem etwa 7 Bänke auf beiden Seiten für die Geistlichkeit, die Anverwandten und hohe Gäste reserviert werden.

Nach dem Seelenamt entfaltet sich langsam die Prozession zum Friedhof, und zwar in der Weise, dass hinter dem Vortragekreuz als erste sich die Mädchen und Jung-frauen einordnen. Es müssen also mehrere Jungfrauen darauf achten, dass auch wirklich alle Mädchen und Jungfrauen sich hinter dem Kreuz zusammenfinden. Es folgten die Frauen und Mütter, dann die Jungmänner, denen sich die Kolpingsöhne und die männliche Landjugend zugesellen mögen, ohne eigene Gruppen zu bilden. Auch hier müssen einige Jungmänner dafür Sorge tragen, dass alle Jungmänner sich einordnen.

Es ergibt sich folgende Ordnung:

  Das Kreuz,

  die Jungfrauen,

  die Frauen und Mütter,

  die Jungmänner,

  die Männer,

  die Abordnung (Fahnenträger der nicht kirchlichen Vereine,

  die Abordnung mit Kränzen,

  der Kirchenchor,

  die Messdiener

  die hochw. Geistlichkeit,

  der Leichenwagen,

  die Anverwandten,

  der Rat der Gemeinde Ascheberg

  die übrigen Beerdigungsteilnehmer.

Auf dem Friedhof wird der Schweizer die Prozession so weit führen, dass auch die Verwandten in die Nähe des Grabes kommen können. Jeder bekommt beim Verlassen des Friedhofs ein Gebetsandenken, das an allen drei Toren ausgeteilt wird.

Die Schulkinder bilden auf dem letzten Teil des Weges vor dem Friedhofstor Spalier. Sie gehen also nicht mit in der Prozession. Eine größere Anzahl von Jungen der Oberklasse mögen als Kranzträger nach dem Seelenamt an der Pastorat bereitstehen. Die kirchlichen Vereine bekommen keine eigene Einladung, da der Nachruf des Kirchenvorstandes in der Zeitung als solche gilt.

Trauergeläut vom hohen Ascheberg Turm

Die ganze Gemeinde gab Pfarrer Jodokus Fechtrup das letzte Geleit

Er war ein getreuer Knecht des Herrn

Ein Beispiel des ausgeprägten Gemeinschaftssinnes und Zusammengehörigkeitsgefühls von Geistlichkeit und Pfarrgemeinde war die herzliche und umfassende Anteilnahme an dem Hinscheiden unseres Pfarrers Fechtrup, der über zwei Jahrzehnte den Gläubigen ein vorbildlicher geistlicher Vater gewesen ist. Aus dem Munde seines Freundes, des Dechanten Konermann (Walstedde), vernahm Ascheberg ergriffen noch die letzten Grüße des Heimgegangenen.

Eine stille, ernste Ruhe lag an diesem schönen Frühlingstage des 01. Mai über dem Dorf, die nicht übereinstimmen wollte mit heiteren Sinn dieses lenzlichen Beginns. Zahlreiche Trauergäste waren von nah und fern herbeigeeilt. Kurz vor 9 Uhr wurde der tote Pfarrer noch einmal in das Gotteshaus gebracht. Im feierlichen Glanz des Kerzenschimmers stand der Sarg auf den Chor vor dem Hochaltar, umgeben von den Fahnenabordnungen der kirchlichen Vereine wie der Feuerwehr.

In der dichtgefüllten großen Kirche zelebrierte der geistliche Studienrat Dr. Möller aus Duisburg (früher Senden) das Leviten - Seelenamt. Es assistierten Pfarrer Westmattelmann aus Laggenbeck (früher Kaplan in Ascheberg) und der aus unserer Gemeinde gehbürtige Kaplan Jansen.

Dechant Konermann, ein Freund des Heimgegangenen, schilderte den Lebensweg und das Wirken von Pfarrer Fechtrup in einem Nachruf von schlichter Herzlichkeit. Es sei eine bedeutungsvolle Sitte, dass ein toter Priester, bevor er seinen Platz in dem Grabkämmerlein unter dem Friedhofskreuz finde, noch einmal in die Kirche gebracht werde. Vor 21 Jahren habe er als Dechant des Dekanates Werne den Ascheberger Pfarrer in sein Amt eingeführt und heute müsse er ihm die Abschiedsrede halten.

Der Dechant sprach aus den Erfahrungen einer jahrzehntelangen Freundschaft. Die Wirkungskreise beider Priester lagen immer eng beieinander in Rheine - Burgsteinfurt, zwei münsterschen Pfarren, in Ahlen - Walstedde und Ascheberg - Walstedde.

"Wohlan denn, guter getreuer Knecht! Da du über weniges getreu gewesen bist, will ich dich über vieles setzen!" Pfarrer Fechtrup habe sich ausgezeichnet durch Klugheit, Treue, Energie und Gewissenhaftigkeit. Diese Eigenschaften hätten ihn befä-higt, die unendlich schwere Verantwortung der Priesterwürde zu tragen und nun sei er eingegangen in Gottes Frieden, gestorben, um das irdische Leben im Jenseits zu vollenden.

Am heiligen Karfreitag dieses Jahres habe er den Schwerkranken besucht und den Auftrag erhalten, in seiner Gemeinde allen zu danken, die ihm Liebe und Gutes erwiesen: auch dem Bruder, der Schwester, der Haushälterin, Abbitte zu tun allen, denen er weh getan, alle Gläubigen zu grüßen, besonders die Kinder. Er bitte um Almosen des Gebetes. Dechant Konermann schloss mit den Worten der hl. Schrift, dass nun bald der ewige Hohepriester seinen getreuen Knecht heimholen werde in das himmlische Reich.

Hier erklang nach der Predigt der Choral "Wenn ich einmal soll scheiden.." Als der Sarg von den Mitgliedern des Kirchenvorstandes mit einer Fackeleskorte der Feuer-wehr aus dem Gotteshaus getragen wurde, hatte sich schon ein langer Trauerzug gebildet, dessen Spitze bis zum Friedhof reichte.

Dem Leichenwagen voran schritt der Klerus, die Dechanten aus Drensteinfurt und Werne. Pfarrer Brink (Münster), der mehrere Jahre Kaplan in Ascheberg war, trug dem Toten den Kelch voran. Unter den Geistlichen sah man den Prälaten Surmann aus Werne, der aus Ascheberg stammt, ferner Probst Theisselmann (Walsum), der Seppenrader ist. Die evgl. Gemeinde wurde vertreten durch Pastor Ohlenburg und den Presbyter Schulrat Wolfgram. Den Kreis Lüdinghausen vertrat Oberkreisdirektor Weskamp. Im Zuge schritten u. a. Bürgermeister Schwipp, sein Stellvertreter Hubert Steinhorst, Gemeindedirektor Rothers, die Mitglieder des Gemeinderates, Rektor Anton Otte vom Heimatverein und Hugo Merten vom Rektoratschulverein. Abord-nungen der Behörden, Vereine und Schulen trugen zahlreiche Kränze. Dechant Hörster vom Dekanat Drensteinfurt aus Bockum-Hövel nahm die kirchliche Beiset-zung vor. In die offene Gruft senkten sich die Fahnen. Der Kirchenchor und der MGV "Cäcilia" sangen dem toten Pfarrer ein Abschiedslied.

Lüdinghauser Zeitung vom 03.05.1954





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Quellennachweis: Münstersche Zeitung, Ruhr Nachrichten, Lüdinghauser Zeitung
und Vereine und Verbände der Gemeinde Ascheberg